Voellig durchgeknallt
seit einem Monat oder so an mich richtet, darum nicke ich und denke heimlich, dass es überhaupt nichts bringt, Devlin Juby zu provozieren, solange wir in diesem Ding eingesperrt sind.
Lexi fängt an, mich über Lenny auszufragen.
»Ich dachte, er ist sauer auf dich, wegen der Briefe und so, aber was hat er gegen Devil?« Sie zittert und ich würde sie gern in den Arm nehmen, aber wegen Devil trau ich mich nicht. Das letzte Mal, als er mitgekriegt hat, wie ich mit seiner Schwester geknutscht hab, wollte er mich umbringen.
»Was wird jetzt aus uns?«, fragt Lexi leise.
Der ängstliche Ton passt gar nicht zu ihr. Devil hin oder her, ich stemme mich auf einem Bein hoch und nehme sie in den Arm. Dabei werfe ich Devil einen Blick zu, der besagt:
Untersteh dich!
Aber er glotzt bloß aus dem Fenster.
»Was sagt er denn, wenn er dir was zu essen bringt?«, fragt Lexi, als ich sie losgelassen und mich wieder in meine Ecke gequetscht habe.
»Und wie kriegt er das Essen hier rein?«, frage ich dazwischen.
»Genau so, wie’s auch rausgeht. Er steckt’s durchs Dachfenster.«
»Was haben wir ihm bloß getan?«, fragt Lexi.
Ich beobachte sie, wie sie da sitzt und sich den Kopf zerbricht. Mir ist egal, wieso ausgerechnet wir hier eingesperrt sind, mich interessiert viel eher, wie wir wieder rauskommen. |312| Aber das ist typisch Lexi. Sie muss den Dingen immer auf den Grund gehen.
»Der Typ ist ein Irrer«, sage ich. »Er geilt sich an so was auf. Denk an die Botschaften in den Briefen.«
»Was für Botschaften?« Devil beugt sich vor. Er sieht gierig aus. »Bist du sicher, dass du nichts mehr zu essen hast?«
»Die Briefe, die er mir geschrieben hat.« Ich hole noch eine Handvoll Kekse aus meinem Rucksack. »Du hast sie gesehen, als wir in Bevanport waren. Er hat verschlüsselte Botschaften reingebastelt. Lexi ist draufgekommen.«
»Einen hab ich hier«, nuschelt Devil mit vollem Mund. Er dreht seine Taschen um und lauter Müll fällt raus: Kassenbons, Schokopapier, Streichhölzer, Zigarettenpapierchen, Kleingeld. Und der verschwundene Brief von Lenny.
Ich glaub, ich seh nicht recht.
»Wo hast du den denn her?«
»Aus Bevanport. Ich wollte wissen, was du da treibst, aber du bist grade wieder reingekommen, als ich am Lesen war. Da hab ich ihn eingesteckt. Weiß auch nicht, wieso ich ihn noch nicht weggeschmissen hab.«
»Gib her!« Lexi reißt ihm den Brief aus der Hand. »Hat jemand einen Stift?« Wir schütteln die Köpfe. Sie streicht die Blätter glatt und hält sie unter die Deckenfunzel.
»Was soll der Quatsch?«, fragt Devil.
»Verschlüsselte Botschaften«, antworte ich.
»Mit dem Ding hätt ich mir als Nächstes den Hintern abgewischt.«
|313| Lexi streckt die Hand aus und malt Buchstaben auf die beschlagene Scheibe.
Wir sehen stumm zu.
JAMESMUSSSTERBEN
»Meinetwegen«, sage ich. »Ich kenn keinen James.« Endlich mal was Erfreuliches. Von mir aus kann Lenny mit diesem James anstellen, was er will, Hauptsache, er lässt uns in Ruhe.
Lexi und Devil sagen nichts.
»Ich kapier das nicht«, flüstert Lexi schließlich. Es klingt, als ob sie gleich in Tränen ausbricht.
»Was hast du denn?«, frage ich.
»Dad heißt mit Vornamen James.«
Da kommt endlich die Idee, die ich schon länger im Hinterkopf hatte, an die Oberfläche. Vielleicht geht es Lenny ja gar nicht um uns. Darum hat er uns auch nicht umgebracht oder sonst was mit uns gemacht. Es ist eine gewaltige Denkleistung für meine Verhältnisse, aber ich glaub, ich hab was kapiert.
»Vielleicht meint er gar nicht uns«, sage ich gedehnt. »Vielleicht sind wir ja bloß der Köder.«
|314| Sechsundzwanzig
Wir sind schon mindestens eine Stunde hier drin eingesperrt. Aber der Sturm hat sich einigermaßen gelegt und wir werden nicht mehr durchgeschüttelt. Trotzdem kann man immer noch ganz schön Schiss kriegen, so wie die Kabine bei jedem Windstoß schaukelt. Ich muss mir dann jedes Mal vorstellen, wie der ganze Kran umkippt. Ganz oben ist ein Blinklicht angebracht. Wahrscheinlich, damit kein Flugzeug in uns reinrauscht. Lexi hockt auf dem Kranführersitz, stützt den Kopf auf die Knie und grübelt, Devil kauert daneben. Alle halbe Minute oder so stößt er einen Fluch aus und haut mit der Faust gegen die Scheibe. Ich hocke auf dem Glasboden ganz vorn, vor Lexis Beinen. Es ist so eng, dass ich den Arm über den Kopf legen muss. Ich überlege, ob es etwas bringt, wenn ich mich hinter den Sitz verziehe, vor die Tür, weiß aber nicht, wie
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