Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vogelwild

Vogelwild

Titel: Vogelwild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Auer
Vom Netzwerk:
allem müssen wir
uns von ihm seine Fossilien zeigen lassen, dann werden wir schon sehen, welche
Verbindung es zu den Eichstätter Steinbrüchen gibt.«
    Mit dem alten Dienst-Audi drängelten sie sich durch
den dichten Ingolstädter Vormittagsverkehr hinaus zur Gerolfinger Straße. In
der Straße reihte sich wie erwartet Villa an Villa: Soweit es zu erkennen war,
waren die meisten von ihnen wohl in den sechziger Jahren erbaut worden. Fast
alle Häuser waren auf den großzügig geschnittenen Grundstücken weit nach hinten
versetzt, um keine neugierigen Blicke auf sich zu ziehen. Die großen Doppel-oder Dreifachgaragen lagen dagegen direkt an der Straße. In ihnen vermutete
Hecht die Nobellimousinen des Ingolstädter Geldadels.
    Krawinkels Anwesen war schwer zu finden, anscheinend
legte man in der ganzen Straße Wert auf Anonymität, und eine außen angebrachte
Hausnummerntafel schien hier schon als Indiskretion zu gelten. Die beiden
Kriminalbeamten hätten noch länger suchen müssen, wenn Morgenstern nicht beim
dritten langsamen Durchfahren der Straße den steinernen Ammoniten entdeckt
hätte, der in eine hohe Gartenmauer über einem großen kupfernen Briefkasten
einzementiert worden war. Ein riesiges Exemplar, groß wie die
Meisterschaftsschale der Deutschen Bundesliga, staunte Morgenstern und wunderte
sich, dass ihm die Versteinerung nicht gleich beim ersten Vorbeifahren ins Auge
gestochen war. Inzwischen sollte sein Blick für solche Dinge doch wirklich
geschärft sein.
    Hecht parkte direkt vor der linken Garage. Auf ihr
Klingeln hin – in winziger elegant geschwungener Schrift war auf dem
Messingschild der eingravierte Name »Krawinkel« zu entziffern gewesen – meldete
sich eine selbstbewusste, tiefe Stimme: »Kommen Sie herein, meine Herren.«
    Hecht wandte sich um und blickte dann nach oben, wo er
seine Vermutung bestätigt fand: An der Garagenecke, unterhalb der Dachrinne,
war eine kleine Videokamera montiert, die die Villenbewohner über die Vorgänge
an ihrer Pforte auf dem Laufenden hielt.
    Krawinkel erwartete die Gäste an der geöffneten Tür
seines Bungalows. Er trug einen dunkelblauen Kommodore-Anzug, wie ihn die
Kriminalbeamten schon von der Homepage der GmbH kannten.
    Mit einem schraubstockartigen Händedruck begrüßte er
die Besucher. Der Patriarch, folgerte Morgenstern aus der Geste, besaß immer
noch die Bärenkräfte, die er sich in der Gründungszeit seiner Firma am Amboss
erworben hatte.
    Nachdem sich die beiden Ermittler kurz vorgestellt
hatten, bat Krawinkel sie ins Wohnzimmer. Schon auf dem Weg durch den breiten
Flur war die Leidenschaft des Hausherrn nicht zu übersehen: Phantastische
Versteinerungen säumten die Wände. Morgenstern hielt kurz inne und besah sich
eine zu Stein gewordene Libelle genauer: Sie war ein Ungetüm mit einer
Flügelspannweite von knapp zwanzig Zentimetern.
    »Donnerwetter, Sie haben ja eine beeindruckende
Sammlung!«, rief er Krawinkel hinterher.
    »Ich kann mir schon denken, dass Sie sich dafür
interessieren«, parierte der Unternehmer ruhig. »Schließlich lese ich auch
Zeitung. Sie beide ermitteln in dem tödlichen Unfall von Wintershof, nicht
wahr?«
    »Stimmt genau«, bestätigte Morgenstern enttäuscht.
Viel lieber hätte er sich zuerst unverbindlich über Krawinkels Sammlerhobby
unterhalten.
    »Und in diesem Zusammenhang suchen Sie jetzt mich auf
und wollen wahrscheinlich wissen, ob ich, natürlich nur rein zufällig, am
Donnerstag in den Steinbrüchen unterwegs war?«
    »Nun, ganz so direkt wollten wir eigentlich nicht mit
der Tür ins Haus fallen.« Morgenstern mochte es nicht, wenn ihm so
offensichtlich jemand zuvorkam. »Aber wir haben einen Hinweis bekommen, dass
Sie am Erwerb von Fossilien interessiert sein sollen, sodass wir die Hoffnung
hatten, dass Sie uns vielleicht weiterhelfen könnten.« Morgenstern machte eine
kleine, theatralische Pause. »Wir sprechen hier von sehr, sehr seltenen
Fossilien.«
    »Schauen Sie sich doch um«, erwiderte Krawinkel
barsch. »In diesem Haus sind sie umgeben von solchen Versteinerungen: Das ist
das Ergebnis einer über fünfzigjährigen Leidenschaft, meiner großen Liebe.« Der
Unternehmer deutete im Wohnzimmer, das stark an einen Rauchersalon aus dem
längst vergangenen britischen Empire erinnerte, auf die Wände. »Ich sammle
Fossilien, seit ich zwölf Jahre alt war. Hier, sehen Sie, das war mein allererstes
Stück, das ich als Bub bei einer Radtour nach Eichstätt gefunden habe.«
Sichtlich gerührt trat er an

Weitere Kostenlose Bücher