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Vogelwild

Vogelwild

Titel: Vogelwild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Auer
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den offenen Kamin, auf dessen Sims eine
postkartengroße gelbliche Steinplatte lehnte, die von einem Holzrahmen
geschützt wurde. Erst bei näherem Hinsehen konnte Morgenstern eine dicke Gräte
ausmachen, die das versteinerte Tier als relativ mickrigen Fisch auswies. Aber
hier ging es nicht um messbare Werte, sondern um Nostalgie. So wie bei Dagobert
Ducks erstem selbst verdienten Taler.
    »Die Paläontologie hat mich mein ganzes Leben lang
nicht mehr losgelassen«, kam Friedrich Krawinkel jetzt ins Erzählen. »Auch in
den Anfangsjahren meines Unternehmens, als meine Arbeitstage grundsätzlich
nicht weniger als fünfzehn Stunden hatten, habe ich an den Wochenenden noch
Zeit für die Fossilien gefunden. Seit mein Sohn in die Firmenführung
eingebunden ist, habe ich zum Glück mehr Muße. Und natürlich auch das nötige
Kleingeld, ohne das kein Sammler mit einem gewissen exklusiven Anspruch
auskommt. Bei mir können Sie Stücke finden, um die mich viele Museen beneiden
würden. Und die haben auch ihren Preis.«
    »Natürlich«, murmelte Morgenstern. »Und darf man
fragen, wie und wo Sie diese wertvollen Stücke erwerben?«
    Krawinkel lächelte. »Fragen dürfen Sie, aber Sie
dürfen nicht erwarten, dass Sie eine Antwort bekommen. Wir Sammler sind eine
etwas sonderbare Spezies. Beispielsweise gehört die sorgfältige Pflege der
besten Quellen zu unseren wichtigsten Tugenden.«
    »Auch dann noch, wenn es um Hehlerei geht?«
Morgensterns Stimme hatte einen scharfen Klang angenommen. »Sie wissen doch so
gut wie ich, dass die wertvollen Stücke illegal aus den Steinbrüchen gebracht
werden, obwohl in den Verträgen aller Arbeiter festgehalten ist, dass gefundene
Fossilien dem Steinbruchbesitzer als rechtmäßigem Eigentümer zustehen.«
    Krawinkel fixierte den Kommissar, als wolle er die
Gefahr abschätzen, die von seinem Gast ausging. Dann schüttelte er energisch
den Kopf. »Nun, das geht mich alles nichts an. Wenn mir als Sammler ein
einmaliges Stück angeboten wird, dann müsste ich doch, entschuldigen Sie den
Ausdruck, aber dann müsste ich doch schön blöd sein, erst meinen Rechtsanwalt
zu befragen – oder vielleicht die Polizei. Nein, Herr Kommissar. Ich vertrete
in dieser Frage eine ganz klare Position. Wenn die Steinunternehmer ihre Fossilien
behalten wollen, dann müssen sie auf ihr Zeug eben besser aufpassen.«
    Morgenstern war über die Einstellung konsterniert, und
ein kurzer Blick hinüber zu Hecht reichte, um zu wissen, dass es dem Kollegen
nicht anders ging.
    »Dann können wir also davon ausgehen, dass Sie nur für
wenige dieser Sammlerstücke einen Herkunftsnachweis besitzen?«, fragte Hecht.
    »Jetzt machen Sie sich doch nicht lächerlich!
Natürlich nicht. Ich habe meine angestammten Lieferanten, die mich informieren,
wenn es einen attraktiven Fund gegeben hat. Leider verhält es sich so, dass
diese Leute nicht nur mich alleine anrufen – das wäre zu schön, um wahr zu
sein. In der Regel geben sie noch etlichen anderen Sammlerkollegen Bescheid.
Dann trifft man sich nacheinander, ganz diskret, sieht sich die Sachen an,
kauft, was einem gefällt, und alle sind zufrieden.« Der Unternehmer lächelte
stolz.
    Krawinkel fehlte jegliches Unrechtsbewusstsein,
stellte Morgenstern fassungslos fest. »Also keine Rechnungen, keine Papiere?«,
fragte er nochmals ungläubig.
    »Nur für die ausländischen Exponate gibt es amtliche
Papiere, sonst würden die nicht durch den Zoll kommen. Beruflich habe ich ja
viel in Südamerika und Asien zu tun. Toll, was es da alles an Fossilien gibt!
Und zu durchaus fairen Preisen. Aber am interessantesten bleiben trotzdem noch
unsere einheimischen Stücke. Ich sage immer: Schuster, bleib bei deinen
Leisten.«
    »Zum ganz großen Glück fehlt Ihnen aber noch ein
Archaeopteryx«, stellte Hecht aus heiterem Himmel fest. Morgenstern streifte
ihn mit einem irritierten Blick. Der zur Ungeduld neigende Hecht hatte nicht
mehr an sich halten können und die Katze unversehens aus dem Sack gelassen.
Auch Krawinkel runzelte kurz die Stirn.
    »Ein Archaeopteryx?«, wiederholte er. »Darum geht es
Ihnen also? Und warum reden Sie dann so lange um den heißen Brei herum?« Er
sinnierte kurz und schloss sogar einen Moment die Augen, bevor er versonnen
sagte: »Wissen Sie, jeder träumt von einem Urvogel, ich selbstverständlich
auch. Aber das ist der einzige Traum, den sich ein Privatsammler nicht erfüllen
sollte.«
    »Und warum nicht?«, bohrte Hecht nach. »Wenn Sie den
irgendwo bei sich im

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