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Vogelwild

Vogelwild

Titel: Vogelwild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Auer
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einer
plumpen Bäuerin enden sollte? Das wäre doch ein Motiv?«
    »Denkst du? Jedenfalls passt hier die Volksweisheit,
dass die dümmsten Bauern die dicksten Kartoffeln haben«, grinste Hecht.
    »Donnerwetter noch mal, jetzt reiß hier keine Witze«,
empörte sich Morgenstern. »Da drüben liegt eine ermordete Frau, die sich nichts
mehr aus Kartoffeln machen kann, weder aus dicken noch aus dünnen, die Leiche
aus Wintershof nicht zu vergessen. Beide haben eins gemeinsam: Sie waren im
Besitz eines Archaeopteryx, eines Dinges, dessen Namen ich erst seit ein paar
Tagen richtig aussprechen kann. Da vergeht mir wirklich die Lust auf deine
Späßchen.«
    »Jetzt reg dich doch nicht so auf, Mike. Wir sind halt
alle fürchterlich gestresst. Das ist heute ein bisschen viel auf einmal. Ich
würde vorschlagen, wir überlassen das Feld jetzt der Spurensicherung und machen
für heute Schluss«, sagte Hecht.
    »Da sagst du etwas Wahres. Den Akku aufzuladen, das
ist wirklich im Moment das Sinnvollste«, stimmte ihm Morgenstern zu.
    Allerdings dauerte es dann doch noch eine halbe
Ewigkeit, bis in Mörnsheim das Wichtigste erledigt war und die Kripobeamten
sich gemeinsam mit Inspektionsleiter Huber auf den Heimweg machen konnten.
Gegen achtzehn Uhr war Morgenstern endlich in Eichstätt und freute sich auf
einen ruhigen Abend mit Fiona, die ihren entkräfteten Gatten sicherlich
aufrichtig bedauern würde – und auf eine, vielleicht gar zwei Flaschen Rotwein.
    Als der Ermittler zu Fuß die Altmühlbrücke Richtung
Altstadt überquerte, entdeckte er Frau und Söhne Boote schleppend beim
Kanuverleih, über dem groß das Schild »Bernies Boote-Bunker« hing.
    »Super, dass du da bist!«, rief ihm Fiona schon von
Weitem zu. »Wir brauchen ganz dringend deine Hilfe.«
    Auch Bastian und Marius jubelten: »Prima, Papa! Hilf
uns mal!« Mit größter Mühe versuchten sie, ein fünf Meter langes grünes Kanu
über den Rasen am Altmühlufer zum Unterstellschuppen zu schieben
beziehungsweise zu ziehen.
    Wohl oder übel spurtete Morgenstern zu seinen Jungs
und übernahm das Kommando. »So, ihr zwei tragt gemeinsam hinten, und ich fass
an der Vorderseite an. Dann haben wir das gleich geschafft, und zwar ruck,
zuck!«
    »Das glaube ich aber nicht«, widersprach Marius. »Da
drüben am Ufer liegen nämlich noch die restlichen zwanzig Boote. Bei dem super
Wetter heute waren alle im Einsatz.«
    »Und unsere Familie muss sämtliche Kanus aufräumen?«,
fragte der Oberkommissar ungläubig.
    »Ja, die anderen sind mit den Bussen nach Kipfenberg
gefahren und stellen dort die Boote unter. Wir sind für Eichstätt zuständig.«
Marius schien vor Stolz und Eifer zu platzen.
    »Hoffentlich wird die Arbeit wenigstens gut bezahlt«,
knurrte Morgenstern.
    »Anpacken, nicht quatschen«, rief Fiona von der Seite
dazwischen, »sonst werden wir nie fertig.«
    »Du Sklaventreiberin!«, brüllte Morgenstern zurück,
fühlte aber gleichzeitig, wie sich seine gedrückte Stimmung wie ein
vertrocknetes Gänseblümchen nach einem Sommerregen hob. War das nicht die perfekte
Ablenkung von seinen beruflichen Problemen: Leibesertüchtigung im Kreise seiner
Lieben?
    Sie hatten schon die Hälfte der Boote verräumt, als
Fiona mitten in der Arbeit stutzte: »Wo hast du denn die riesige Schramme auf
der Stirn her? Das sieht ja böse aus.«
    »War nur ein kleiner Arbeitsunfall«, tat Morgenstern
die Sache ab. »Ich habe mir an einer niedrigen Tür zwei Mal nacheinander den
Kopf angeschlagen.«
    Fiona grinste. »So etwas passiert aber auch nur dir.
Irgendwann wirst du noch als Frührentner enden, weil du dauernd bei der
Räuberjagd auf die Nase fällst oder durch Weihrauch ohnmächtig wirst oder dir
das Hirn an Türen blutig schlägst.«
    Da hatte sie noch nicht einmal ganz unrecht. In den
vergangenen Tagen hatte Morgenstern tatsächlich eine kleine Pechsträhne gehabt.
Wenn das so weiterging, würde er bald bandagiert wie eine ägyptische Mumie
herumlaufen. An der Hand konnte man immer noch Abschürfungen von seinem Sturz
bei der Sprayerverfolgung erkennen. Was war eigentlich aus diesen
Graffiti-Burschen geworden? Schon aus dem niederen, aber allzu menschlichen
Motiv der Rache sollte und wollte er die nicht aus den Augen verlieren.
    »Papa, nicht träumen, arbeiten!«, riss Bastian den
Vater aus seinen Gedanken.
    »Aha, noch so ein Sklaventreiber. Liegt wohl in der Familie«,
seufzte Morgenstern und hob energisch ein Kanu an, das noch zu einem Drittel in
der Altmühl dümpelte.

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