Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Volk der Finsternis - Horrorgeschichten (H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens) (German Edition)

Volk der Finsternis - Horrorgeschichten (H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens) (German Edition)

Titel: Volk der Finsternis - Horrorgeschichten (H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert E. Howard
Vom Netzwerk:
langsam immer deutlicher, fast so, als seien sie aus dem Morgenhimmel erstanden. Die Stadt schien aus riesigen schwarzen Felsblöcken gebaut worden zu sein, doch wie hoch die Mauern wirklich waren, ließ sich nicht sagen, da der Sand sie meterhoch umschloss. An vielen Stellen waren sie eingestürzt, und der Sand hatte die Einzelteile vollständig begraben.
    Als die Sonne im Zenith stand, wurde Steves Durst trotz Eifer und Begeisterung wieder unerträglich, aber er blieb unbeirrt. Seine Lippen waren ausgetrocknet und geschwollen, doch er würde den letzten Schluck erst trinken, wenn er die Ruinen der Stadt erreicht hatte. Yar Ali befeuchtete seine Lippen an seiner Feldflasche und bot seinem Freund an, den Rest mit ihm zu teilen. Steve schüttelte den Kopf und trottete weiter.
    Sie erreichten die Ruinen in der grausamen Nachmittagshitze, und als sie durch ein großes Loch in der zerbröckelnden Stadtmauer traten, erblickten sie endlich die tote Stadt. Die uralten Straßen wurden vom Sand erstickt, was den riesigen, zerfallenen und halb versteckten Säulen ein fantastisches Aussehen verlieh. Alles war so stark zerfallen und so hoch mit Sand bedeckt, dass sich die beiden Entdecker nur schwer ein Bild von der ursprünglichen Stadt machen konnten – sie war nur noch ein Haufen verwehten Sandes und eingestürzter Felsbrocken, über denen eine Aura unfassbaren Alters schwebte wie eine unsichtbare Wolke.
    Direkt vor ihnen erstreckte sich jedoch eine breite Steinallee, der nicht einmal die Verwüstungen durch den Sand und die Winde der Zeit etwas hatten anhaben können. Zu beiden Seiten der weiten Straße standen mächtige Säulen, die zwar nicht übermäßig hoch waren, sodass der Sand ihre Sockel vollständig verdeckte, aber unglaublich massiv. Auf jeder Säule erhob sich eine aus schwerem Stein gehauene Figur – große, finstere Gestalten, halb Mensch, halb Bestie, die die gefühlskalte Atmosphäre unterstrichen, die überall in der Stadt herrschte.
    Steve stieß einen verblüfften Ruf aus: »Die geflügelten Stiere von Ninive! Die Stiere mit den Menschenköpfen! Bei allen Heiligen, Ali, die alten Geschichten sind wahr! Die Assyrer haben diese Stadt wirklich gebaut! Die ganze Geschichte ist wahr! Sie müssen hierhergekommen sein, als die Babylonier das Assyrische Reich zerstörten – das hier sieht genauso aus wie die Zeichnungen, die ich gesehen habe; Darstellungen, auf denen Szenen aus dem alten Ninive nachempfunden wurden. Und sieh nur!«
    Er zeigte auf ein großes Gebäude, das sich am anderen Ende der Allee erhob, ein finsterer Koloss aus massiven schwarzen Felsblöcken, dessen Säulen und Mauern den Winden und dem Sand über all die Jahre getrotzt hatten. Das wogende Meer aus Sand umspülte die Grundmauern und drang an den Türen ein, doch es würde Tausende Jahre dauern, bis das gesamte Gebäude überschwemmt war.
    »Hier wohnen Teufel!«, murmelte Yar Ali beunruhigt.
    »Der Tempel des Baal!«, rief Steve aus. »Komm weiter! Ich hatte schon befürchtet, alle Paläste und Tempel lägen unter dem Sand begraben und wir müssten nach dem Juwel graben.«
    »Es wird uns nicht viel nützen«, sagte Yar Ali. »Wir sterben hier.«
    »Vermutlich.« Steve schraubte den Deckel seiner Feldflasche ab. »Lass uns den letzten Schluck gemeinsam trinken. Immerhin sind wir vor den Arabern sicher. Sie würden niemals wagen, hierher zu kommen, sie sind zu abergläubisch! Lass uns trinken – dann werden wir vermutlich sterben, aber vorher finden wir das Juwel! Wenn ich gehe, will ich es in meiner Hand halten. Vielleicht wird das Glück in ein paar Hundert Jahren einem echten Teufelskerl hold sein, der unsere Skelette findet – und das Juwel. Auf ihn, wer er auch sei!«
    Mit diesem makaberen Scherz leerte Clarney seine Feldflasche, und Yar Ali tat es ihm gleich. Sie hatten ihr letztes Ass ausgespielt, der Rest lag in Allahs Händen.
    Sie schritten die breite Straße hinunter. Yar Ali, der angesichts menschlicher Feinde niemals Angst hatte, sah sich nervös um, als erwarte er, ein fantastisches, gehörntes Biest zu entdecken, das ihn aus dem Schatten einer Säule anblickte. Auch Steve nahm die finstere Atmosphäre dieses uralten Ortes wahr und erwartete beinahe, von bronzenen Streitwagen überrollt zu werden, die die vergessenen Straßen hinunterdonnerten, oder den bedrohlichen Klang bronzener Trompeten zu vernehmen. Die Stille in Geisterstädten ist viel intensiver als die in der offenen Wüste, dachte er.
    Sie erreichten das Portal

Weitere Kostenlose Bücher