Voll auf Ex-Kurs Roman
nach der anderen die immer wieder gleiche Geschichte, mal ist das Beziehungsende erst ein paar Tage her, mal ein paar Wochen oder Monate, und alle wollen natürlich nur eins: den Ex zurück, eine zweite Chance für die Beziehung.
»Mein Mann hat sich nach sieben Jahre Ehe von mir getrennt«, erzählt gerade eine übergewichtige Blondine namens Gisela und schnäuzt anschließend geräuschvoll in ein Taschentuch. »Und das auch noch am Telefon! Er rief mich von einer Geschäftsreise an, erklärte mir, er habe sich in eine andere Frau verliebt. Er würde packen und ausziehen, sobald er wieder zu Hause ist. Am Telefon! Das muss man sich mal vorstellen!« Die anderen Teilnehmer bedenken sie mit mitleidigen Blicken.
»Mein Freund hat nur eine SMS geschickt«, erklärt sich eine junge Frau mit kurzen schwarzen Haaren solidarisch. »Und wir waren immerhin auch ein Jahr zusammen, vor einer Woche schrieb er dann plötzlich: ›Sorry, Süße, es ist Schluss‹!« Bei der Erinnerung daran steigen auch ihr Tränen in die Augen, und die dicke Gisela reicht ihr als tröstende Geste ein Taschentuch.
»Das ist ja noch gar nichts!«, trompetet nun eine Frau, die etwa in meinem Alter ist. »Ich hab’s auf Facebook erfahren!«
»Auf Facebook?«, frage ich erstaunt nach.
»Ja«, sie nickt und zittert dabei fast vor Empörung. »Irgendwann ist mir aufgefallen, dass mein Freund auf seinem Profil seinen Status von ›In einer Beziehung‹ in ›Single‹ umgeändert hat. Ich hab ihn angerufen und gefragt, was das soll. Da hat er nur gemeint, dass das ja wohl klar sei, und aufgelegt.« Fassungslos starren wir sie an, so was hat man ja wirklich noch nie gehört!
»Äh«, schaltet Lars sich nun ein, »und darf ich fragen, warum du so einen Idioten wiederhaben willst?«
»Weil ich«, nun bricht sie in haltloses Weinen aus, »ihn eben noch liebe, darum!« Gisela reicht ein weiteres Taschentuch, Clemens Schüttler geht auf die Teilnehmerin zu und tätschelt ihr beruhigend die Schulter.
»Schon gut«, meint er, »lass es ruhig alles raus, hier bist du in einem geschützten Raum.« Dann wendet er sich wieder an alle. »Heute geht es nicht darum, sich ein Urteil darüber zu erlauben, ob es sinnvoll ist, seinen Expartner zurückhaben zu wollen oder nicht. Ihr alle wünscht es euch, das Wieso und Warum soll dabei keine Rolle spielen.« Wichtige Pause. »Und deshalb fangen wir jetzt an. Mit meiner Ex-Back-Strategie, mit der es jeder von euch schaffen kann, den Partner wieder für sich zu gewinnen.« Wir horchen auf, endlich wird’s hier interessant, und Meister Schüttler kommt zur Sache!
Wieder nimmt er den Filzstift zur Hand, baut sich vor dem Flipchart auf und beginnt zu schreiben: Die wichtigste Grundregel des Voll-auf-Ex-Kurs-Programms:
Er unterstreicht den Satz dreimal und wendet sich dann wieder an sein Auditorium.
»Sollen wir das mitschreiben?«, will die Frau mit dem Idioten auf Facebook wissen.
»Nein«, meint Schüttler, »es gibt am Ende des Seminars für jeden ein Handout mit den wichtigsten Punkten.«
»Für 350 Schleifen kann man das wohl auch erwarten«, flüstert Lars mir wieder zu, ich bringe ihn mit einem »Schsch!« zum Schweigen, ehe mich wieder der strenge Blick des Seminarleiters trifft. Am Ende lande ich hier sonst noch in der Ecke, wenn wir uns nicht benehmen.
»Also, die wichtigste Regel«, erklärt Clemens Schüttler, »lautet …« Er zückt erneut den Filzstift.
Tu ab sofort nichts!
»Äh, nichts?«, fragt Gisela nach, ein irritiertes Murmeln geht durch die Reihen.
»Genau«, bestätigt Clemens Schüttler, »nichts.«
»Und das soll jetzt dein toller Rat sein?«, meint Lars und verschränkt beide Arme vor der Brust. Unser Seminarleiter nickt.
»Der beste und wichtigste, den ich euch geben kann.«
»Wie jetzt?«, traue ich mich, auch mal wieder was zu sagen. »Und das soll uns helfen?« Ein weiteres Nicken.
»Aber das ist natürlich noch nicht alles«, beruhigt Clemens Schüttler uns dann. »Damit fängt mein Programm nur an, nämlich damit, dass ihr erst einmal sämtliche Aktivitäten einstellt.«
»Was für Aktivitäten denn?«, hake ich nach.
»Ganz einfach«, fährt er fort. »Wer von euch hat in letzter Zeit seinen Expartner angerufen und darum gebettelt, dass er zurückkommt? Bitte Hände hoch!« Ich sehe mich um. Etwa die Hälfte aller Teilnehmer streckt langsam eine Hand nach
oben, widerstrebend folge ich ihrem Beispiel. »Gut«, Clemens Schüttler wirkt sichtlich zufrieden. »Wer von
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