Voll auf Ex-Kurs Roman
Wir nicken alle artig, ja, so weit haben wir das begriffen. »Das Gute an der Sache ist, dass es auch umgekehrt funktioniert. Dass also Distanz in den meisten Fällen den Wunsch nach Nähe hervorruft. Ihr selbst spürt gerade am eigenen Leib, dass das so ist. Euer Ex hat euch verlassen, sich also von euch distanziert – ihr sehnt euch ganz schrecklich nach ihm und wollt ihm nahe sein«, er wendet sich an Lars, »damit meine ich auch immer ›ihr‹, ich hoffe, es ist okay, wenn ich in der männlichen Form rede.«
»Kein Problem«, sagt mein Sitznachbar, »so weit kann ich schon noch abstrahieren.« Alle lachen, so langsam wird das hier vielleicht doch sogar eine ganz lustige Veranstaltung. Und erhellend. Bei mir jedenfalls sind schon nach den ersten Worten von Clemens Schüttler ganze Tonnen von Erkenntnis-Groschen gefallen.
»Jedenfalls, wo war ich? Ach ja, richtig, ihr merkt also gerade, wie sehr ihr euch nach Nähe sehnt, weil euer Partner sich euch entzieht. Tja, und dieses Prinzip müsst ihr einfach umwandeln. Nämlich, indem IHR euch nun eurem Ex entzieht und auf Tauchstation geht. Und zwar sechs Wochen lang.«
»Sechs Wochen?«, schreie ich entsetzt auf. »Wie sollen wir das denn schaffen?« Schüttler lächelt nachsichtig.
»Das werdet ihr schon hinkriegen. Mit meinem Programm werdet ihr auch viel zu beschäftigt sein, um euren Verflossenen weiter zu stalken.«
»Aber wenn meine Exfreundin sechs Wochen lang nichts von mir hört, wird sie mich doch bestimmt vergessen«, gibt Lars zu bedenken.
»Nein«, widerspricht Schüttler, »das Gegenteil wird der Fall sein. Sie wird sich fragen, was du machst und sich wieder mehr für dich interessieren.«
»Du kennst sie doch gar nicht!«
»Das stimmt. Aber ich kenne die Menschen. Und in 99 Prozent aller Fälle – daher meine Erfolgsgarantie – läuft es so ab: Zuerst ist euer Ex möglicherweise erleichtert, dass ihr ihn in Ruhe lasst. Nach einer Weile wird er sich dann fragen, was los ist und was ihr so treibt. Und wenn er euch dann nach sechs Wochen wieder zu Gesicht bekommt, wird er erstaunt sein, wie sehr ihr euch verändert habt.«
»Was für eine Veränderung denn?«, fragt die Blondine mit den Taschentüchern.
»Dazu komme ich später, wartet es ab. Jedenfalls ist es so gut wie sicher, dass ihr durch plötzliche Funkstille wieder ein gewisses Interesse an euch weckt. Und das ist der erste Schritt in die richtige Richtung.«
»Mein Mann wird sich doch wundern, wenn er auf einmal nichts mehr von mir hört!« Gisela wirkt regelrecht schockiert.
»Genau das soll er ja auch! Er soll sich fragen, was los ist, soll ins Grübeln kommen und sich über dich wieder Gedanken machen. Deshalb ist es wichtig, dass keiner von euch dem Expartner die sofortige Kontaktsperre mitteilt, sonst funktioniert sie nicht. Ruft also bloß nicht an und sagt ihm, dass ihr euch nicht mehr melden werdet, dieses Überraschungsmoment ist extrem wichtig.« Er wirft uns einen strengen Blick zu. »Außerdem solltet ihr auch niemandem in eurem Umfeld erzählen, dass ihr dieses Seminar besucht habt und nun mein Programm absolviert.«
»Weshalb nicht?«, will ich wissen.
»Damit sich zum einen keiner aus eurem Freundeskreis bei eurem Ex verplappert. Wenn er weiß, dass es eine Zurückgewinnungsstrategie ist, funktioniert die Methode nicht, denn dann fühlt er sich ja wieder bedrängt. Und zum anderen sollt ihr es nicht erzählen, damit es euch keiner ausreden kann. Glaubt mir, all diejenigen, die schon mal daran gescheitert sind, eine zerbrochene Beziehung wieder zu kitten, würden das tun, weil sie selbst die Erfahrung gemacht haben, dass so etwas nicht funktioniert.«
»Und was, wenn sich mein Ex von sich aus bei mir meldet?« Das Facebook-Opfer.
»Dann wertet ihr das als gutes Zeichen, seid aber trotzdem nur freundlich und haltet den Kontakt so kurz wie möglich. Nicht unhöflich oder abweisend sein, einfach nur nett und neutral und – um Himmels willen – keine Diskussionen über die Beziehung! Nicht in diesen wichtigen sechs Wochen, da habt ihr andere Dinge zu tun.«
»Und was wären das für Dinge?«, frage ich nach.
»Dazu komme ich jetzt.«
Voll auf Ex-Kurs, oder was?
Nach zwei weiteren Stunden Seminar raucht mir der Schädel, und ich hoffe, dass ich mir alles, was Clemens Schüttler uns erzählt, überhaupt merken kann. Glücklicherweise gibt es am Ende aber ja ein Handout, da werden die wesentlichen Punkte doch wohl draufstehen.
Die wesentlichen Punkte, genau die hat
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