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Voll daneben

Voll daneben

Titel: Voll daneben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K. L. Going
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nicht, was er anstarrt, aber ich bekomme das Gefühl, dass mein Essen ihn verwirrt. Ich habe nicht nur das ganze Hackfleisch von meinem Hackbrötchen entfernt, sondern auch die Sahne von meinem Schokopudding gekratzt.
    »Ich bin Vegetarier«, erkläre ich. »Und die Schlagsahne besteht nur aus Fettkalorien und künstlichen Geschmacksaromen.« Ich werfe einen Blick auf Romers Tablett. »Cholesterin«, sage ich, während ich auf das Fleisch zeige und den Kopf schüttele. »Außerdem weiß man nie, womit sie heutzutage die Tiere füttern. Hormone, Antibiotika ...« Ich unterbreche mich, weil mir plötzlich bewusst wird, dass meine neuen Freunde in den letzten fünf Minuten noch nicht mal geblinzelt haben.
    »Und wie heißt ihr?«
    Romer stottert: »R... r... Raymond Romer.«
    Der zweite Junge bekommt Schluckauf und lässt seinen Blick wieder verzweifelt in der Cafeteria umherschweifen.
    »Simon. Simon.«
    Simon Simon ?, wundere ich mich. Oder hat er nur seinen Vornamen wiederholt?
    »Super«, sage ich und leere meinen Milchkarton. »Also, wie kann ich bei eurer AG mitmachen?«
    Raymond sieht Simon an, und Simon sieht Raymond an.
    »Wir sind schon voll«, sagt Raymond.
    »Wie – voll?«, frage ich. »Wie könnt ihr voll sein? Wer ist denn sonst noch Mitglied der AG?«
    Raymond hustet und rückt sein Tablett noch zwei Zentimeter weiter von meinem weg.
    »Simon und ich.«
    Zwei Mitglieder? Machen sich die beiden etwa über mich lustig ? Ich betrachte mein Tablett und denke nach. Wenn sie das tun, dann bleiben mir mehrere Möglichkeiten: 1. Ich lasse zu, dass sie damit durchkommen. Dann werde ich meine glänzende Idee nie umsetzen können. 2. Ich vertrimme sie gründlich, aber das ist nicht mein Stil. Mir bleibt also nur eins übrig, und auch wenn ich diese dritte Möglichkeit nur sehr ungern anwende ...
    Ich stehe auf und recke mich zu meiner vollen Größe, während ich so tue, als würde ich gähnen. Als ich mich wieder hinsetze, setze ich mich so nahe wie möglich neben Raymond. Dann klopfe ich mit einem Finger gegen sein Tablett.
    »Wollt ihr mich etwa nicht in eurer AG haben?«, frage ich und klopfe ein wenig schneller.
    »Nein. Das haben wir nicht gesagt«, sagt Raymond.
    »Das hat er nicht gesagt«, wiederholt Simon.
    Ich bemühe mich, so zu tun, als würde ich darüber nachdenken. »Denn wenn ich du wäre«, sage ich schließlich, »und wenn es von uns nur zwei in meiner kleinen AG gäbe und ein Dritter beitreten wollte, dann würde ich ihn beitreten lassen.«
    Raymond und Simon nicken hastig und wiederholt.
    »Wir haben das nur gesagt, weil der Schulberater gesagt hat ...«
    »... man muss die Geräte bedienen können ...«
    Ich nehme Simons Milchkarton von seinem Tablett, öffne ihn und trinke die ganze Milch in einem Zug aus. Dann stelle ich den leeren Karton ab und fange an, Raymonds Pudding zu essen.
    »Ich glaube nicht, dass ich die Geräte bedienen muss, wenn ich die Nachrichten vorlese, oder?«
    »Nein. Nein. Hab ich das gesagt?«
    »Wir haben nicht gemeint, dass du die Geräte bedienen müsstest.«
    Grinsend lehne ich mich zurück.
    »Klingt gut«, sage ich. »Das dachte ich mir. Also, wann soll ich da sein?«
    Raymond senkt den Blick.
    »Morgens. Halb neun. Ich stelle die Kamera auf, und Simon bearbeitet die Nachrichten. Wir filmen es live.«
    »Super«, sage ich. »Um halb neun fange ich an.«

30
    RAYMOND UND SIMON lassen mich anfangs nicht die Nachrichten vorlesen. Ich soll erst einmal jeden Tag in den Technikraum kommen, um ›Unterricht‹ zu nehmen, auch wenn ich nur die Nachrichten von einem Blatt Papier ablesen werde. Zum Glück nimmt mich Eddie morgens im Auto mit, da er zur gleichen Zeit zu seinem Laden fährt, um noch die Bestände zu prüfen, bevor er öffnet.
    »Willst du dieses Nachrichtenzeugs wirklich machen?«, fragt er eines Morgens auf der Fahrt. »In deinem Alter hätte ich einen ziemlich starken Anreiz gebraucht, um so früh morgens den Hintern aus dem Bett zu kriegen.«
    Ich zucke die Achseln. »Das macht mir nichts aus.«
    »Also – wer macht da sonst noch mit? Gibt es da irgendein heißes Mädel oder so was?«
    »Nein.« Ich muss lachen. »Es sind nur zwei Jungs, die das Ganze ziemlich schlecht machen. Sie wollen, dass ich erst mal lerne, wie die Geräte bedient werden, und Raymond hat sogar einen Test für mich ausgearbeitet. Man könnte fast glauben, sie würden mich auf den Arm nehmen, stimmt’s? Aber das tun sie gar nicht. Raymond ist einfach total ehrgeizig, und Simon ist

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