Voll daneben
Ch... Cheerleadermannschaft der Elften ist heute von fünfzehn Uhr bis fünfzehn Uhr dreißig ...«
Ich lehne mich zurück und warte, bis Raymond fertig ist. Ausgezeichnet , denke ich. Perfekt gelaufen . Ich warte, bis das kleine rote Licht ausgeht, klopfe Raymond auf den Rücken und stehe auf.
»Das war super«, sage ich und nehme mir das Mikrofon ab. Die Beraterin schmachtet mich immer noch an, und Simon kriegt den Mund nicht mehr zu. Raymond sieht aus, als würde er gleich in Ohnmacht fallen. »Wir sehen uns später, okay?«, sage ich. Es klingelt zum Unterricht, und ich beschließe, nicht länger hier rumzuhängen. Also gehe ich auf den Flur. Aus den Klassenzimmern schallt Gelächter, und die Schüler kommen auf die Korridore hinaus. Grinsend warte ich darauf, dass sie sich über mich lustig machen.
Je mehr Schüler auf den Flur strömen, desto lauter wird der Stimmenwirrwarr. Eine Gruppe Mädchen läuft kichernd an mir vorbei. Und dann höre ich es.
»Super gemacht, Liam!«
Ich bleibe auf der Stelle stehen, als ein Typ, den ich noch nicht mal kenne, mir auf den Rücken klopft.
»Das war cool, Mann.«
Einen Moment lang bin ich vollkommen verdattert. Was ?, denke ich. Das gibt’s doch nicht ! Verdammt, ich habe die Schulnachrichten auf Französisch gebracht. Und ich habe sie viel zu ernst vorgetragen.
Joe Banks wirft einen Football quer durch den Flur, und ohne zu überlegen, fange ich ihn.
»Liam, du warst unglaublich!«, brüllt er. »Ich hab mir vor Lachen fast in die Hose gemacht.«
Endlich kapiere ich es. Ich gehe auf mein Schließfach zu, laufe immer schneller, bis ich den Flur fast hinunterrenne und remple alle möglichen Leute an. Kurz vor meinem Schließfach läuft mir Darleen über den Weg.
»Vollidiot«, murmelt sie.
Ich schlage mit der Faust gegen mein Schließfach und rutsche an der Wand entlang auf den Boden. Unmöglich, denke ich. Wie konnte ich das Vermasseln so vermasseln?
Das schafft nur einer: Liam Geller, König der Vollidioten.
31
ALS WÄRE ES NICHT SCHON SCHLIMM GENUG, dass die ganze Schule – ausgenommen Darleen – von meiner Nachrichtensendung begeistert ist, beschließe ich an diesem Tag, mich beim Mittagessen wieder zu Raymond und Simon zu setzen – und Joe Banks gesamte Lunchmeute kommt und setzt sich zu uns.
Zuerst sind es nur meine Kumpels von der Nachrichten-AG und ich, die allein und verlassen in der Cafeteria sitzen – und in der nächsten Minute stehen überall Tabletts und Milchkartons. Das halbe Footballteam setzt sich ans eine Ende des Tischs, und mindestens die Hälfte der Cheerleader macht es sich am anderen Ende bequem. Nikki hockt auf dem Tisch, während Joe ein blaues Footballtrikot der Pineville Devils herausholt und dramatisch hochhält.
»Wir haben abgestimmt, Rambo«, sagt er, »und wir finden, du solltest dieses Devils-Shirt tragen, wenn du die Sportnachrichten vorliest. Ab sofort bist du Ehrenmitglied des Teams.«
Raymond sieht aus, als würde er sich gleich in die Hose machen, und ich kann nicht umhin, mich zu fragen, wer ›wir‹ ist. Hält mich denn niemand sonst für einen Vollidioten?
»Die auch«, fügt Nikki hinzu und holt eine Sonnenbrille heraus. Mit einer verführerischen Geste setzt sie sie Raymond auf und beugt sich dabei so weit vor, dass er ihr in den Ausschnitt sehen kann. Raymond Romer strahlt. Ich stöhne.
»Mann, wart ihr cool«, wirft Joe ein, der gerade seine Milch schlürft. »Als Liam anfing, die Meldungen auf Französisch zu bringen, hab ich vor Lachen kaum noch Luft gekriegt.«
»Ich war in Madame Gorkas Klassenzimmer, und die hat vor Entzücken fast gesabbert!« Eine kurvenreiche Rothaarige in einem knappen Top mit Spaghettiträgern lehnt sich üppig über den Tisch. »Die ist total in dich verknallt, Liam.«
Na toll , denke ich. Das Letzte, was ich brauchen kann, ist eine Lehrerin mit Speichelfluss.
Ich will gerade heftig leugnen, dass eine Lehrerin in mich verknallt sein könnte, als Darleen die Cafeteria betritt. Ich habe sie nicht mehr gesehen, seit sie mich heute Vormittag einen Vollidioten nannte, aber ich glaube, wenn wir nur einen Moment allein wären, könnte ich ihr alles erklären.
Darleen schlängelt sich durch die Reihe und taucht mit einem Tablett wieder auf. Dann bleibt sie stehen und betrachtet staunend das Spektakel eines Raymond Romer mit Sonnenbrille und Footballtrikot der Devils, umgeben von sämtlichen beliebten Schülern der Zwölften. Ich beobachte sie und wünschte, sie würde sich zu
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