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Voll Speed: Roman (German Edition)

Voll Speed: Roman (German Edition)

Titel: Voll Speed: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moritz Matthies
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nichts zu tun. Seenotrettungsübungen können Leben retten.«
    Ich öffne wieder ein Auge, diesmal das andere. »Sex kann auch Leben retten, Rufus. Deins, zum Beispiel.«
    Rufus ahnt, dass es keinen Zweck hat, mich noch weiter zu schikanieren.
    »Dann mach doch, was du willst«, sagt er und stapft davon.
    Ich lasse mein geöffnetes Auge wieder zufallen und überlege, wo ich eben meine meditativen Betrachtungen unterbrochen habe.
    Genau: Es ging um den Winter. Als jemand, der eigentlich in der Savanne zu Hause ist, habe ich eine natürliche Abneigung gegen Temperaturen unter 30 Grad. Aber irgendwie mag ich den Berliner Winter dennoch, weil dann im Zoo endlich Ruhe einkehrt. Und wenn es schließlich ganz still wird und die Schneeflocken am Fenster des Steinhauses vorbeiwehen, dann verstehe ich sogar, warum viele Menschen den Winter zu schätzen wissen. Vielleicht steht er für die Magie des Werdens und Vergehens. Mein schlauer Bruder würde es wohl den ewigen Kreislauf der Natur nennen.
    »Was träumst du denn gerade?«, fragt Phil.
    Ich öffne die Augen, seufze und richte mich auf. Wird wohl heute nichts mit meinem ungestörten Sonnenbad. »Dies und das«, antworte ich. »Nichts Besonderes. Schön, dich zu sehen.«
    »Wie geht es deiner Wunde?«
    »Ich bin so gut wie neu.«
    »In nur einer Woche«, entgegnet Phil. »Beachtlich.«
    »Du warst doch jeden Tag hier, du hast es miterlebt«, antworte ich.
    »Trotzdem beachtlich«, beharrt Phil.
    Mich beschleicht das Gefühlt, dass er etwas auf dem Herzen hat.
    »Und mit Rocky ist auch alles in Ordnung?«
    Ich nicke. »Rufus hat ein paar Tests mit ihm gemacht. Seine Theorie ist, dass die Überdosis Magenta definitiv Rockys Ende bedeutet hätte. Sein Herz wäre kollabiert. Die Todesspritze für Ernie hat ein Mittel enthalten, das einen Herzstillstand herbeiführt. Und dieses Mittel hat Rockys rasendes Herz auf normale Geschwindigkeit gebracht. Schmidtbauers tödlicher Angriff hat unseren Bruder also in Wahrheit gerettet.«
    »Dann hat er wirklich mehr Glück als Verstand«, resümiert Phil.
    »Was im Falle von Rocky nicht sehr schwierig ist«, ergänze ich.
    Phil hat meinen Witz gar nicht zur Kenntnis genommen. Stattdessen starrt er Löcher in den Herbsthimmel. Inzwischen weiß ich, dass er definitiv etwas auf dem Herzen hat. Damit soll er aber selbst rausrücken.
    »Und … Wie geht es der Familie?«, fragt er. »Alles wohlauf?«
    »Ja. Alles prima. Der Clan lebt wieder im Freien, aber das weißt du ja schon. Und es gibt jetzt einen direkten Gang vom Gehege zum Hafen, wo neben der ESS Chester drei Speedboote liegen, die Rufus im Frühling für Wasserski fit machen will. Ansonsten sind alle damit beschäftigt, so langsam mal den Hafen und das Gehege winterfest zu machen.«
    »Soso, dann geht ihr also auch bald in die Winterpause«, sagt Phil, und es klingt, als hätte ich ihm ein Stichwort gegeben. Er zieht seinen Flachmann hervor und nimmt einen kleinen Schluck. »Ich hab ja auch schon darüber nachgedacht, eine Weile abzuhauen. Bisschen Sonne tanken, ausspannen, die Ruhe genießen …« Er nickt, als sei damit alles gesagt.
    »Aha. Und wo soll’s hingehen?«, frage ich.
    »Karibik.«
    »Schöööööön.«
    »Jajaaa.«
    Schweigen.
    »Tja. Dann gute Reise«, sage ich und lasse mich wieder auf den Hügel fallen. »Schreib uns ’ne Postkarte. Rufus kann sie ja vorlesen.«
    Ich spüre, dass Phil unbeweglich vor dem Geländer wartet. Ein paar Atemzüge lang lasse ich ihn noch schmoren, dann richte ich mich abrupt wieder auf. »Möchtest du mir etwas sagen?«
    Phil nimmt noch einen tiefen Schluck aus seinem Flachmann. »Piroschka hat sich gemeldet und mir ein First-Class-Ticket in die Karibik zukommen lassen. Vier Wochen, alles inklusive. Ich befürchte, Letzteres dürfte auch auf Sex mit Piroschka zutreffen.«
    Ich schaue meinen Partner erstaunt an. »Ja. Und …?«
    »Na ja, für mich springt im Fall Schmidtbauer nichts raus. Ernie kriegt seinen alten Posten zurück und heimst die Lorbeeren ein. Ich bekomme allenfalls ein Dankeschön.«
    »Schon klar. Und worauf wartest du jetzt noch?«, frage ich.
    »Wie?« Phil ist verwundert. »Du würdest an meiner Stelle…?«
    »… keine Sekunde zögern. Ganz genau. Ab in die Karibik!«
    »Aber ist das nicht irgendwie … billig, sich von einer reichen Witwe als Lover einfliegen zu lassen?«, gibt Phil zu bedenken.
    »Kumpel, ich bin ein Erdmännchen, dem die Zoobesucher für ein paar Mäuse dabei zugucken dürfen, wie es seine

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