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Vollbeschaeftigt - das neue deutsche Jobwunder

Vollbeschaeftigt - das neue deutsche Jobwunder

Titel: Vollbeschaeftigt - das neue deutsche Jobwunder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Paqué
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auf Deutschland einstürzten; zum anderen die langen Zeiträume der Erholung, des Strukturwandels und der Neuordnung, die den Krisen folgten. Es waren dabei die Krisen selbst, die völlig neue Orientierungsdaten setzten und die Herausforderungen definierten, an denen sich Politik, Wirtschaft und Gesellschaft anschließend abzuarbeiten hatten; aber es waren die langen Phasen der schwierigen Anpassung, die den Zeitgeist maßgeblich prägten und der Stimmungslage der Gesellschaft den Stempel aufdrückten. Wir behandeln der Reihe nach beide, zunächst die Krisen und dann die folgenden Anpassungen.
    Die Anatomie der Krisen ist schnell zusammengefasst. 36 Es waren eigentlich nur zwei, die sich gedanklich jeweils in zwei „Krisenetappen“ zerlegen lassen. Die erste der Krisen waren die beiden Ölpreisschocks 1973/74 und 1979/80, denen jeweils schwere Rezessionen folgten. Den Ablauf der ersten Krisenetappe haben wir schon geschildert, zumindest in ihren Wirkungen auf den Arbeitsmarkt und die Schrumpfung der Industrie. Der Rezession 1975 folgten einige Jahre der durchaus kräftigen, aber unsteten konjunkturellen Erholung,die schließlich in einen weiteren Schub der Inflation gegen Ende der 1970er-Jahre mündete – angetrieben auch durch eine ausdrücklich expansive Nachfragepolitik, die von der Bundesregierung unter Helmut Schmidt nicht zuletzt auf internationalen Druck hin betrieben wurde. Die Bundesrepublik Deutschland sollte, so lautete die Forderung, erstmalig in der Nachkriegszeit, ihr wirtschaftliches Gewicht voll nutzen und als sogenannte Lokomotive dazu beitragen, die Wirtschaft Europas und der Welt aus der Unterauslastung herauszuziehen. Und so geschah es. Auch die Bundesbank unterstützte diese Politik, sodass Deutschland in den Jahren 1979 und 1980 – erstmalig seit 1965 – ein Defizit in der Leistungsbilanz aufwies.
    Ab 1979 beschleunigte sich die Inflation durch eine zweite machtvolle Welle von Ölpreissteigerungen. Diese war nicht ganz so dramatisch wie 1973, aber dafür zog sie sich über einen etwas längeren Zeitraum hin und sorgte damit in allen Industrieländern für ein besonders nachhaltiges Anziehen der Preisinflation. Es war die Zentralbank der Vereinigten Staaten, die seinerzeit als erste einen radikalen Politikschwenk vollzog, hin zur kompromisslosen Inflationsbekämpfung. Der neu gewählte Präsident des Federal Reserve System, Paul Volcker, kündigte dies im September 1979 glaubhaft an, und es folgten die europäischen Zentralbanken, die ja ihre Währungen über das Europäische Wechselkurssystem (EWS) seit dessen Gründung 1978 mit festen, wenn auch stufenweise anpassungsfähigen Paritäten aneinandergekettet hatten. Es begann eine Phase überaus hoher Nominalzinsen, die sich im Zuge der Inflationsbremsung auch in hohe Realzinsen übersetzten. Das Ergebnis war schließlich der weltweite konjunkturelle Einbruch 1981/82. In dessen Folge überschritt die Zahl der Arbeitslosen in Westdeutschland erstmals in der Nachkriegsgeschichte 1983 die Zweimillionengrenze. Die Arbeitslosenquote erreichte neun Prozent, das höchste Niveau seit 1952.
    Im historischen Rückblick ist es fast zwingend, die beiden Ölkrisen 1973/74 und 1979/80 als zwei Etappen eines einzigen Vorgangs zu betrachten, zusammen mit den Rezessionen 1974/75 und 1981/82, die ihnen folgten. Zu groß sind – bei kleineren Unterschieden – die fundamentalen Gemeinsamkeiten im Ablauf, und zu sehr unterscheiden sich die Wirtschaftswelten bis 1973 und ab 1983, sodass die kurze Zwischenphase der späten 1970er-Jahre eigentlich nur wie ein Atemholen im Zuge eines grundsätzlichen Wandels erscheint. Dabei darf man jedoch nicht vergessen, dass die damaligen politischen Akteure dies noch nicht so sehen konnten. Entsprechend fragwürdig sah auch die Politik aus: So wurde lange Zeit verkannt, dass die Erhöhung von Löhnen und Rohstoffpreisen in den frühen 1970er-Jahren zu einer drastischen, dauerhaften Verschlechterung der industriellen Angebotsbedingungen geführt hatte, die eben nicht mit expansiven Maßnahmen der Nachfragepolitik in ihren Wirkungen auf das Produktionsniveau und die Arbeitslosigkeit nachhaltig zu beseitigen waren. Griff man, was teilweise geschah, trotzdem zu diesen Instrumenten (wie eben in der „Lokomotivenpolitik“ der späten 1970er-Jahre!), dann war die Gefahr groß, letztlich nur die Inflation zu schüren und nicht das reale Wirtschaftswachstum zu stärken.
    Tatsächlich lässt sich der harte Schwenk der Politik 1979/80

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