Vollbeschaeftigt - das neue deutsche Jobwunder
aller Regel technisch schwierig und teuer. Ein virtuelles 3-D-Produkt ist dagegen perfekt portabel, variabel und jederzeit „ausdruckbar“ – durch einen Mausklick, der den 3-D-Drucker erreicht.
So weit der Gedankengang. Was er beschreibt, das hätte, wenn es Realität würde, enorme volkswirtschaftliche Konsequenzen. Es wäre eine Art Wiedergeburt des verarbeitenden Gewerbes – als zukunftsweisender Sektor der digitalisierten Wirtschaft, der Maßarbeit herstellt und nicht Massenware. Dabei würde der traditionelle „Maschinenpark“ der Industrie verschwinden. An seine Stelle träten eine virtuelle Welt der 3-D-Produktdesigner und eine komplementäre physische Welt von 3-D-Druckern. Ein gigantisches neues Investitionsprogramm, aber bei niedrigen Realzinsen durchaus finanzierbar. Die Revolution böte sogar enorme Chancen, jene ökonomische Wachstumsbremse zu lockern, die der maximalen Nutzung niedriger Realzinsen scheinbar unüberwindlich entgegensteht: die Kosten der Erhaltung und Pflege des maschinellen Kapitalstocks. Denn gerade diese Kosten würden in einer Welt der digitalen Maßarbeit wohl auf Dauer viel geringer sein als im traditionellen Kosmos gigantischer mechanischer Anlagen und Maschinenparks. Der Trend der Technik könnte also dem Trend der Weltwirtschaft in die Hand spielen.
Doch Vorsicht, Spekulation! Ingenieure warnen, dass vor allem die Werkstofftechnik noch enorme Fortschritte machen muss, bevor die dritte industrielle Revolution überhaupt stattfinden kann. Vorerst also bleiben wir wohl doch im „Ancien Régime“ der Schrauben und Schweißnähte. Aber gerade dort kennen wir Deutsche uns ja gut aus.
2.3 Innovationskraft wird knapp!
Wie steht es mit der Innovationskraft der deutschen Wirtschaft und Gesellschaft? In der Vergangenheit erwies sie sich als sehr groß, denn sonst ließen sich der hohe Lebensstandard des Landes sowie die anerkannt hohe technologische Leistungsfähigkeit seiner Industrie nicht erklären. Fast alle Statistiken zeigen, dass Deutschland in der industriellen Forschung und Entwicklung einen europa- und damit auch weltweiten Spitzenplatz einnimmt ( Schaubild 13 ). So liegt der Anteil der privatwirtschaftlichen Ausgaben für Forschung und Entwicklung (F&E) an der Wertschöpfung fast doppelt so hoch wie im EU-Durchschnitt. Ähnlich sieht es mit dem Anteil des in F&E tätigen Personals an der gesamten Belegschaft aus. Noch deutlicher ist Deutschlands Spitzenstellung in der Anmeldung von Patenten insgesamt und in Bereichen der Hochtechnologie. Auch was die Anzahl der Techniker und Ingenieure betrifft, dürfte Deutschland in Europa und der Welt weit vorne liegen. So sind in Deutschland eine Million Erwerbstätige als Ingenieure tätig, also immerhin fast 2,5 Prozent der Erwerbsbevölkerung. 84 Zum Quantitativen kommt das Qualitative, denn die Ingenieurausbildung an den Technischen Universitäten und Fachhochschulen hat im internationalen Vergleich einen unverändert guten Ruf.
Der Status quo der Innovationskraft ist also sehr ermutigend. Allerdings zeigen sich heute bereits Engpässe, was die Verfügbarkeit von technischen Fachkräften betrifft. So lag die Arbeitslosenquote in jüngster Zeit unter Ingenieuren mit drei bis vier Prozent schon so niedrig, dass von Vollbeschäftigung gesprochen werden kann ( Schaubild 14 ). Nichts deutet darauf hin, dass in den kommenden Jahren eine Rückkehr zu den Verhältnissen der frühen 2000er-Jahre mit Arbeitslosenquoten von über neun Prozent zu erwarten wäre. Im Gegenteil, spätestens mit dem schrittweisen Ausscheiden der Babyboomer-Generation ab dem Jahr 2020 wird es im Bereich der innovationsfähigen Techniker mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Knappheit geben, die weit über das Ausmaß der generellen Knappheit an Arbeitskräften hinausgeht.
Hinzu kommt ein weiteres Problem: die Alterung der Gesellschaft. Der demografische Trend könnte dazu führen, dass die Umsetzung von technologischem Wissen und technischen Fähigkeiten in tatsächliche Innovationskraft erheblich schwieriger wird, als dies in der Vergangenheit der Fall war. Es gibt kritische Beobachter, die genau darin den tieferen Grund dafür sehen, warum es der deutschen Wirtschaft in den kommenden Jahren zunehmend an Dynamik fehlen wird. Die gängige Vorstellung lautet: Eine ältere Gesellschaft ist zwingend eine weniger innovative. 85 Es ist deshalb wichtig, sich im Rahmen des prognostisch Möglichen das Ausmaß und die Konsequenzen der Alterung der Erwerbspersonen
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