Vollendet (German Edition)
gefeiert.
»Ich möchte, dass Sie die JuPos rufen«, sagt er und verstärkt den Druck um ihren Arm.
»Wie bitte?«
»Die beiden sind Wandler auf der Flucht. Sobald der alte Mann aufgenommen ist, werden sie sich aus dem Staub machen. Lassen Sie das nicht zu. Rufen Sie jetzt die JuPos.«
Sie entzieht sich seinem Griff. »Na gut. In Ordnung. Ich will sehen, was ich tun kann.«
»Und wenn sie kommen«, sagt er, »sorgen Sie dafür, dass sie zuerst mit mir reden.«
Auf dem Weg zurück ins Krankenhaus holt sie ihr Handy aus der Tasche. Wenn er die JuPos haben will, soll er sie bekommen. Je schneller sie da sind, desto eher kann sie die Sache abhaken.
48. Risa
JuPos sehen immer gleich aus: müde und aggressiv. Damit sind sie den Wandlern, die sie festnehmen, gar nicht so unähnlich. Der Polizist, der Risa und Connor bewacht, ist da keine Ausnahme. Schweigend sitzt er vor der Tür des Arztzimmers, in dem sie festgehalten werden, während auf der anderen Seite der Tür zwei weitere Wachleute aufpassen, nur für den Fall. Im Nebenraum befragt ein anderer Polizist unterdessen Roland. Risa will gar nicht darüber nachdenken, worüber sie reden.
»Der Mann, den wir hergebracht haben«, sagt sie, »wie geht es ihm?«
»Keine Ahnung«, antwortet der Polizist. »Ihr wisst doch, wie das im Krankenhaus läuft. Die informieren nur Angehörige, und ich nehme mal an, das seid ihr nicht.«
Risa würdigt ihn mit keiner weiteren Reaktion. Sie hasst diesen JuPo – für das, was er tut, und das, wofür er steht.
»Hübsche Socken«, sagt Connor.
Der Polizist sieht nicht nach unten – keinerlei Anzeichen von Schwäche. »Hübsche Ohren«, antwortet er stattdessen. »Hast du was dagegen, wenn ich sie später mal anprobiere?«
In Risas Augen gibt es zwei Sorten Mensch, die JuPo werden. Typ eins: Fieslinge, die an die glorreiche Zeit als Schultyrann anknüpfen und sie den Rest ihres Lebens bewahren wollen. Typ zwei: die ehemaligen Opfer von Typ eins, die in jedem Wandler denjenigen sehen, der sie all die Jahre über gequält hat. JuPos des zweiten Typs schaufeln ihre Rache unablässig in eine Grube, die nie voll wird. Es ist faszinierend, wie die Fieslinge und ihre Opfer nun gemeinsam so viel Elend über andere bringen.
»Wie fühlt sich Ihr Job denn so an?«, fragt Risa. »Kinder dahin zu schicken, wo ihr Leben beendet wird.«
Das hört er offenbar nicht zum ersten Mal. »Und wie fühlt sich ein Leben an, das niemand lebenswert findet?«
Es ist ein brutaler Schlag, der sie zum Schweigen bringen soll. Es funktioniert.
»Ich finde ihr Leben lebenswert«, sagt Connor und nimmt Risas Hand. »Haben Sie auch jemanden, der das über Ihres sagt?«
Das sitzt, obwohl der Mann es zu verbergen versucht. »Ihr beiden habt mehr als fünfzehn Jahre gehabt, um euch zu beweisen, und habt es nicht getan. Schiebt nicht der Welt die Schuld für eure lausigen Aussichten zu.«
Risa spürt Connors Wut aufwallen und drückt seine Hand, bis er tief einatmet und die Luft langsam wieder ausstößt, um seinen Zorn zu bändigen.
»Kommt es euch Wandlern eigentlich nie in den Sinn, dass ihr im umgewandelten Zustand besser dran seid – dass ihr dann vielleicht sogar glücklicher sein werdet?«
»Ach, das ist also Ihre Rechtfertigung?«, fragt Risa. »Sie glauben fest daran, dass wir dann glücklicher sind?«
»Hey, wenn das so ist«, sagt Connor, »dann sollte vielleicht jeder Wandler werden. Warum gehen Sie nicht mit gutem Beispiel voran?«
Der Polizist starrt erst Connor an und dann seine Socken. Connor kichert.
Risa schließt einen Moment die Augen und versucht verzweifelt, in dieser ausweglosen Situation noch einen Hoffnungsschimmer zu finden, doch es gelingt ihr nicht. Sie mussten befürchten, geschnappt zu werden, wenn sie herkämen. Natürlich war es ein Risiko, hinauszugehen in die Welt. Überrascht hat sie nur, wie schnell die JuPos da waren. Trotz ihrer ungewöhnlichen Ankunft hätten sie genügend Zeit haben müssen, im Trubel zu verschwinden. Ob der Admiral überlebt, ändert für sie und Connor jetzt nichts mehr. Sie werden umgewandelt. Sämtliche Hoffnungen auf eine Zukunft wurden ihnen wieder entrissen. Dass sie sich, wenn auch nur kurz, überhaupt Hoffnung machen durften, macht diese Erfahrung umso schmerzlicher.
49. Roland
Der JuPo, der Roland befragt, hat Augen, die nicht recht zusammenpassen, und verströmt einen säuerlichen Geruch, als hätte ihn sein Deo im Stich gelassen. Wie sein Partner im Nebenzimmer lässt sich der
Weitere Kostenlose Bücher