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Vollendet (German Edition)

Vollendet (German Edition)

Titel: Vollendet (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Shusterman
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Adresse. Ich fahre hin, ich schaue weg und ich werde bezahlt.«
    »So ist das immer«, sagt ein Junge, der schon im Lieferwagen saß, als er bei Sonia ankam. »Wir werden rumgereicht. Ein paar Tage in einem Geheimversteck, dann im nächsten und wieder im nächsten. Jedes ist ein bisschen näher an unserem Ziel.«
    »Und verrätst du uns, wo das ist?«, fragt Roland.
    Der Junge schaut sich um in der Hoffnung, jemand anders würde für ihn antworten, aber niemand kommt ihm zu Hilfe. Schließlich sagt er: »Nach allem, was ich gehört habe, landen wir an einem Ort, der … der Friedhof genannt wird.«
    Darauf sagt niemand etwas, nur der Lieferwagen rattert.
    Der Friedhof. Beim Gedanken daran fröstelt Risa noch mehr. Sie hat die Knie an die Brust gezogen und die Arme eng um sich geschlungen, aber ihr ist dennoch kalt. Offenbar hört Connor ihre Zähne klappern, denn er legt den Arm um sie.
    »Ich friere auch. Körperwärme, okay?«
    Und obwohl sie den Drang verspürt, ihn wegzustoßen, schmiegt sie sich an ihn, bis sie seinen Herzschlag an ihrem Ohr fühlt.

Teil drei
Transit
    2003: Geburtsklinik Nummer 6, Ukraine
    … Der BBC wurde von Müttern aus Charkiw berichtet, dass ihnen ihre gesunden Babys vom Klinikpersonal nach der Geburt gestohlen wurden. Im Jahr 2003 ließen die Behörden auf einem von der Geburtsklinik Nummer 6 genutzten Friedhof etwa dreißig Leichen exhumieren. Eine Aktivistin durfte der Autopsie beiwohnen und Filmaufnahmen machen. Sie hat das Material der BBC und dem Europarat zur Verfügung gestellt.
    In seinem Bericht erklärt der Europarat, dass regelmäßig mit ihren Müttern weggenommenen Neugeborenen Handel betrieben wurde. Zu dem Schicksal der Neugeborenen herrscht auf Seiten des Krankenhauspersonals bis hin zur Klinikleitung eine Mauer des Schweigens. Die Filmaufnahmen belegen, dass Organe, auch Gehirne, entnommen wurden und einige Leichen völlig zerlegt worden waren. Ein führender britischer Pathologe gab an, der Anblick der ausgeweideten Körper habe ihn erschüttert, zumal da dies nicht mit der üblichen Autopsiepraxis vereinbar sei. Möglicherweise seien aus Knochenmark Stammzellen gezüchtet worden.
    Das Krankenhaus Nummer 6 streitet die Anschuldigungen ab.
    Bericht von Matthew Hill, BBC-Gesundheitskorrespondent Aus: BBC NEWS, auf BBC.com http://news.bbc.co.uk/go/pr/fr/-/2/hi/europe/6171083.stm Erschienen am 12.12.2006, 09:34:50 GMT © BBC MMVI

21. Lev
    »Lass dir von keinem erzählen, was dir wichtig ist«, erklärt er Lev. »Das musst du ganz allein rausfinden, Mann.«
    Lev und sein neuer Reisegefährte folgen den Schienen. Das Gelände entlang der Bahnstrecke ist mit dichten Sträuchern überwuchert.
    »Wenn du vor dem Umwandeln abhauen willst, soll mal keiner sagen, dass das falsch ist, nur weil es gegen das Gesetz ist. Der Herr hätte es dir nicht eingeflüstert, wenn es nicht okay wäre. Hörst du gut zu, Fry? Das ist echte Weisheit. Die kannst du einbuddeln und wieder ausgraben, wenn du Labsal brauchst! Labsal, das heißt Trost.«
    »Ich weiß, was Labsal bedeutet«, murmelt Lev. Ihn nervt die Erwähnung des »Herrn«, der in letzter Zeit für Lev wahrlich nichts Gutes getan, sondern nur Chaos angerichtet hat.
    Der andere Junge ist fünfzehn und heißt Cyrus Finch. So wird er allerdings nicht genannt. »Kein Mensch sagt Cyrus zu mir«, hat er Lev erklärt, als sie sich kennengelernt haben. »Nenn mich CyFi, Mann.«
    Und da CyFi auf Spitznamen steht, nennt er Lev »Fry«, von small fry , Würstchen. Da das ebenso viele Buchstaben hat wie »Lev«, findet er, dass es passt. Lev will ihm die Illusion nicht nehmen, indem er ihm erklärt, dass er eigentlich Levi heißt.
    CyFi hört sich gerne reden.
    »Ich such mir meine Wege selber«, erklärt er. »Deshalb gehen wir über die Schienen und nicht über die blöde Landstraße.«
    CyFi ist umbra. »Früher haben die uns ›Schwarze‹ genannt – kannst du dir das vorstellen, Mann? Aber dann kam so ein komischer Künstler, so’n Mischling, bisschen hiervon, bisschen davon. Und der ist damit berühmt geworden, dass er Leute mit afrikanischer Herkunft gemalt hat. Die Farbe, die er am meisten verwendet hat, war Umbra. Den Leuten hat das besser gefallen, also ist es hängen geblieben. Ich wette, du hattest keine Ahnung, wo das Wort herkommt, oder, Fry? Und dann haben sie die Weißen plötzlich ›Siena‹ genannt, genau wie den Farbton. Passt besser, hat nicht diesen wertenden Beigeschmack. Damit ist mit dem Rassismus noch lange nicht

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