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Vollendet (German Edition)

Vollendet (German Edition)

Titel: Vollendet (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Shusterman
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glaube, er ist ein Kleptomane. Kleptomane, das bedeutet … Ach, Scheiß drauf, du weißt selbst, was das bedeutet.«
    »Redet er mit dir?«
    »Nein, nicht wirklich. Den Teil von ihm, der Wörter benutzt, hab ich nicht gekriegt. Ich hab vor allem Gefühle. Manchmal auch Bilder, aber meistens Gefühle. So einen Drang. Wenn ich so einen Drang bekomme, den ich nicht einordnen kann, dann muss er von ihm sein. Einmal habe ich einen Irish Setter auf der Straße gesehen. Da musste ich unbedingt hin, ihn streicheln. Bin gar nicht so der Hundetyp, aber den Köter musste ich streicheln.«
    Jetzt, da CyFi einmal angefangen hat zu reden, kann er nicht mehr aufhören. Die Worte sprudeln aus ihm heraus wie Wasser aus einer geöffneten Schleuse. »Den Hund streicheln, okay, aber das Stehlen ist was ganz anderes. Das macht mich fertig. Ich meine, hier bin ich, ein gesetzestreuer Bürger, der sein Lebtag nichts genommen hat, was ihm nicht auch gehörte, und dann so was. Manche Leute sehen einen Umbra-Jungen und gehen automatisch davon aus, dass er eine krumme Tour vorhat, genau wie die Lady im Weihnachtsladen. Und dank dem Typen in meinem Kopf haben sie auch noch recht. Und weißt du, was echt komisch ist, Mann? Der Typ war Lilien-Siena wie du. Blonde Haare, blaue Augen.«
    Cys Worte überraschen Lev. Nicht wie er ihn beschreibt, sondern dass er ihn überhaupt beschreiben kann. »Du weißt, wie er ausgesehen hat?«
    CyFi nickt. »Manchmal kann ich ihn sehen. Es ist nicht leicht, aber manchmal geht es. Ich schließe die Augen und stell mir vor, ich schau in den Spiegel. Meistens ist da nur mein eigenes Spiegelbild, aber ab und zu sehe ich ihn. Nur ganz kurz. Stell dir vor, du siehst einen Blitz, der schon vorbei ist. Aber die anderen, die sehen ja nicht ihn, wenn er stiehlt. Die sehen mich. Meine langen Finger.«
    »Die Leute, die dir wichtig sind, wissen doch, dass du es nicht bist. Deine Dads …«
    »Die haben keine Ahnung!«, sagt Cy. »Die glauben, sie haben mir einen Gefallen getan mit dem großen Gehirnbrocken, den sie besorgt haben. Wenn ich’s denen sagen würde, die hätten ewig ein schlechtes Gewissen. Denen kann ich es nicht erzählen.«
    Lev weiß nicht, was er sagen soll. Er wünschte, er hätte nie damit angefangen. Er wünschte, er hätte nicht darauf bestanden, es zu erfahren. Aber vor allem wünschte er, Cy müsste sich nicht damit herumschlagen. Er ist ein netter Kerl. Er hat Besseres verdient.
    »Und dieser Typ – der kapiert nicht mal, dass er ein Teil von mir ist«, sagt Cy. »Wie diese Geister, die nicht wissen, dass sie tot sind. Er versucht dauernd, er zu sein, und kapiert nicht, warum der Rest von ihm nicht da ist.«
    Plötzlich geht Lev ein Licht auf. »Er hat in Joplin gelebt, stimmt’s?«
    Da Cy lange nicht antwortet, weiß Lev, dass er recht hat. »Manche Sachen sind noch in meinem Gehirn eingeschlossen, da komm ich nicht ran«, sagt Cy schließlich. »Ich weiß nur, dass er nach Joplin muss, also muss ich auch hin. Vielleicht lässt er mich ja in Ruhe, wenn wir da waren.«
    CyFi bewegt die Schultern – kein Zucken, sondern eher ein Rollen, wie wenn es einen plötzlich am Rücken juckt. »Ich will nicht mehr über ihn reden, echt nicht. Wenn ich mich mit dem seiner Grütze rumschlage, fühlt sich sein Achtel gleich viel größer an.«
    Lev würde am liebsten den Arm um CyFi legen, wie er einen jüngeren Bruder trösten würde, aber er bringt es nicht über sich. Also zieht er stattdessen die Decke vom Bett und wickelt sie um Cy, der noch im Sessel sitzt.
    »Was soll denn das?«
    »Damit du nicht frierst.« Und dann sagt er: »Mach dir keine Sorgen, ich habe alles im Griff.«
    CyFi lacht. »Du? Kriegst nicht mal deine eigenen Sachen auf die Reihe und glaubst, du kannst dich um mich kümmern? Ohne mich würdest du noch im Einkaufszentrum Abfall futtern, Mann.«
    »Stimmt. Aber du hast mir geholfen. Und jetzt bin ich dran, dir zu helfen. Und ich bringe dich nach Joplin.«

22. Risa
    Risa Megan Ward beobachtet genau, was um sie herum passiert. Im Waisenhaus hat sie gelernt, dass das Überleben davon abhängt, wie aufmerksam man seine Umgebung wahrnimmt.
    Seit drei Wochen werden sie, Connor und ein bunter Haufen Wandler nun schon von einem Geheimversteck ins nächste gebracht. Das treibt sie in den Wahnsinn, denn diese Verschieberei nimmt einfach kein Ende.
    Obwohl Dutzende von Jungs und Mädchen durch die Gegend gekarrt werden, halten sich in einem Geheimversteck nie mehr als fünf oder sechs Wandler

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