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Vollendung - Thriller

Vollendung - Thriller

Titel: Vollendung - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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Gegenteil behaupten – dass unsere Furcht vor dem Leben schrecklicher ist als jede andere, die wir als Menschen erfahren und die uns folglich das meiste Adrenalin produzieren lässt. Es ist jedoch eine Furcht, die wir vergessen haben, ein Schrecken, der flüchtig ist, sicher, aber vielleicht so mächtig, dass unser Verstand nur mit ihm fertig wird, indem er ihn vergisst. Und das ist die Angst davor, den Mutterleib zu verlassen, die Furcht eines Kindes davor, geboren zu werden.«
    »›Was ich begehr in deinem Angesicht‹«, begann Cathy geistesabwesend, »›dem sehn die Menschen unverständig zu …‹«
    Markham beendete das Zitat.
    »›Und wer es wissen will, der muss erst sterben.‹«
    »Das bedeutet also, er will – wenn er sie tötet –, dass ihnen dieselbe Offenbarung, dasselbe Verstehen zuteilwird wie ihm. Und durch ihre Angst werden sie wiedergeboren. Die Hand des Bildhauers hat sie erweckt, sie aus ihrem Schlaf im Mutterleib – im Stein – befreit.«
    »Ja. Tommy Campbell war am Leben, als sein Penis entfernt wurde, und am Leben, als er danach genäht wurde. Das bedeutet, er sollte sehen, was aus ihm geworden war, und so die wahre Natur seiner Wiedergeburt begreifen.«
    »Er hatte also damals schon getötet, Sam«, sagte Cathy plötzlich. »Als er mir das Sonett geschickt hat – der Michelangelo-Mörder hatte Monate zuvor bereits Gabriel Banford getötet.«
    »Ja, Cathy. Die Zitate und das Sonett waren deshalb vielleicht mehr als nur ein Versuch, mit Ihnen Kontakt aufzunehmen. Vielleicht wollte Ihnen der Michelangelo-Mörder nicht nur mitteilen, dass er verstanden hat, sondern Ihnen gewissermaßen auch Danke sagen, weil Sie ihm gezeigt haben, warum er den Wunsch hatte, Banford zu töten – weil Sie ihm seine wahre Bestimmung gezeigt haben, eine Bestimmung, über die er wie durch einen Akt göttlicher Vorsehung einfach gestolpert war.«
    Cathy lief es kalt über den Rücken, aber was Markham als Nächstes sagte, machte ihr noch mehr Angst als ihre Gedanken an den gesichtslosen Michelangelo-Mörder.
    »Ich habe mich geirrt, was diesen Kerl angeht, Cathy. Ich habe mich hinsichtlich des zeitlichen Ablaufs geirrt, darüber, wann die Ziege in Relation zur Ermordung von Michael Wenick getötet wurde, und deshalb auch, was das Fortschreiten des Täters von Tieren zu Menschen angeht. Es ist etwas, das ich von Beginn an hätte sehen müssen, einfach, weil es für den Täter praktikabler gewesen sein muss – verzeihen Sie mir, wenn ich es so ausdrücke –, sich die obere Hälfte seines Satyrs zuerst zu besorgen, und die untere Hälfte, die Ziegenbeine daran anzupassen. Was ich sagen will, ist, der Michelangelo-Mörder hatte bereits genügend Vertrauen in seine Technik, die Leichen seiner Opfer – die er öffentlich auszustellen gedachte – ›bildhauerisch zu bearbeiten‹, bevor er Wenick und Campbell entführte. Dass ich den offensichtlichen praktischen Vorteil, sich Wenick zuerst zu besorgen, nicht gesehen habe, war ein Anfängerfehler meinerseits, begünstigt dadurch, dass die Arbeitsweise des Michelangelo-Mörders anders ist als alles, was uns bis jetzt jemals begegnet ist. Deshalb brauche ich Sie bei diesem Fall an meiner Seite, Cathy, deshalb brauche ich Ihr Verständnis für das Denken Michelangelos, um mich besser in das Denken dieses Mörders hineinzufühlen.«
    »Ich werde tun, was ich kann, um Ihnen zu helfen, Sam«, sagte Cathy – die Worte waren ihr ohne Nachdenken über die Lippen gekommen.
    »Danke«, sagte Markham. Es gab ein längeres Schweigen, während dem nur das leise Brummen der Wagenreifen auf der Straße zu hören war.
    »Sie haben vorhin etwas gesagt«, begann Cathy schließlich. »Sie sagten, der Mörder habe bereits Vertrauen in seine Technik gehabt. Soll das heißen, Sie glauben, dass es vielleicht sogar noch mehr Opfer des Michelangelo-Mörders gibt? Dass er in den fünfeinhalb Jahren zwischen Gabriel Banford und Michael Wenick womöglich weitere Personen getötet hat – die er einfach dazu benutzte, zu experimentieren und seine Technik zu verfeinern? Wie ein Künstler?«
    »Ich hoffe, ich irre mich, Cathy, aber ich bekomme die Bilder aus Ihrem Buch nicht aus dem Kopf – die Bilder von Michelangelos frühen Skulpturen. Die Reliefs und kleineren Statuen, die er schuf, bevor er mit seiner ersten lebensgroßen Skulptur, dem Bacchus , in Erscheinung trat. Und auch wenn Serienmörder für gewöhnlich eine sogenannte ›Abkühlphase‹ haben, auch wenn der

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