Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Volles Rohr

Volles Rohr

Titel: Volles Rohr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephenson Neal
Vom Netzwerk:
deshalb sollte das folgende niemand wundern: Irgendwie nahm
    ich's Kelvin krumm. Er hatte alles vor mir gewußt. Und er hatte das richtige Telefonat geführt. Ich wäre nie auf die Idee gekommen, das Bundesgesundheitsamt
    anzurufen. Kelvin hatte wahrscheinlich eine Menge
    Leute gerettet. Und der eigentliche Grund dafür, daß ich es ihm krummnahm, war wohl der: Ich hatte keine
    Chance mehr, der große Enthüller, der Aufklärer und
    Informant der Medien, der Ökoprophet zu sein.

31
    Boone und ich setzten uns in eine stille Ecke und
    warteten darauf, daß unsere Wäsche aus dem Trockner
    kam. Charlotte ging Kaffee holen, und als sie wieder in den Raum trat, schliefen wir so fest wie zwei Besoffene.
    Wachten ungefähr vier Stunden später auf. Boone fühlte sich pudelwohl, ich fühlte mich wie jemand, dem man
    eine ranzige Zitrone in den Mund gesteckt und mit einer Strahltrosse ein paar übergezogen hat.
    Kelvin fuhr uns nach Allston. Als wir ins Pearl kamen, starrte mich Hoa eine Minute lang an, sagte aber nichts.
    Ich nehme an, ein Vietnam-Flüchtling hat alles gesehen, was es zu sehen gibt. Er erkannte auch Boone wieder -
    als den Herrn, der gestern den Zettel vorbeigebracht hatte. Bart hatte ihn bekommen und eine Antwort
    hinterlassen: Treffen wir uns irgendwann nach
    Feierabend im Arsenal.
    Jetzt war es nach Feierabend. Ich fragte Hoa, ob ich schnell mal sein Telefon benutzen dürfte, rief im Arsenal an und erkundigte mich nach dem langhaarigen, mit
    Reifenstaub bedeckten Typ. Der Barmann wußte genau,
    von wem ich sprach. »Der ist eben gegangen«, sagte er.
    »Er war mit seiner Frau da. Ich glaube, die wollten ins Konzert. Sie waren echt schrill angezogen. Ganz in
    Leder.« Das hatte nicht viel zu bedeuten. Sie waren
    immer ganz in Leder.
    Dann war es Zeit, sich wieder Zeitungen zu besorgen und zu schauen, was sich inzwischen so alles getan hatte.
    Also machte ich mich auf den Weg zum nächsten
    Straßenverkaufsautomaten. Irgendwie hatte ich Pfeffer im Arsch, darum joggte ich hin und kam nach etwa
    hundert Metern zu dem Schluß, daß ich nicht krank war, sondern nur steifbeinig und müde. Der Ausflug zur
    Notaufnahme hatte sich wirklich gelohnt.
    Als ich in meinen Taschen nach Kleingeld suchte, fand ich achtzig Dollar. Kelvin und Charlotte hatten dem
    nationalen Terrorismusfonds eine milde Gabe zukommen lassen. Aber es war kein einziges 25-Cent-Stück dabei, also joggte ich noch hundert Meter weiter zu einem
    Kramladen und kaufte die Zeitungen dort.
    Hinterm Tresen stand eine Glotze, in der gerade die 7-Uhr-Nachrichten liefen, und das war die erste
    Gelegenheit, bei der ich Boones großen TV-Auftritt
    bewundern konnte. Das Ding war so leise gestellt, daß ich nichts hörte, aber als Boones Bild über der Schulter der Moderatorin auftauchte, sah ich, daß es mit
    »Winchester« beschriftet war. Also hatte ihn niemand erkannt. Sie hatten es eine Weile mit Boone und Pleshy.
    Dann gingen sie zu Dolmacher über, zeigten den
    Polizeikordon um sein Haus und eine Nahaufnahme vom
    Abtransport des Wannenmanns im Leichensack.
    Dann erschien Dolmachers Bild hinter der Moderatorin.
    Ich forderte den Neandertaler hinterm Tresen auf, das Gerät lauter zu stellen.
    »… eine große Anzahl von Fotografien und Dokumenten
    bei Dolmacher gefunden, die gegenwärtig von der Polizei und dem FBI untersucht werden. Offiziell wurde noch
    nichts bekanntgegeben, aus gewöhnlich gutunterrichteter Quelle verlautet jedoch, daß diese Unterlagen
    möglicherweise einen Versuch von seiten Dolmachers
    darstellen, seinen bizarren Anschlag zu rechtfertigen.«
    Der Rest der Sendung handelte von Chlorakne, und das mußte ich wirklich nicht sehen. Ich brachte Boone den Globe und den Herald mit. Er hatte unterdessen Bier bestellt. Ich nahm mir den Globe vor, er sich den Herald, und während wir die Spalten überflogen und uns das
    kalte Bier reingossen, erzählte ich ihm von den
    Nachrichten und von Dolmachers mutmaßlichem
    Vorhaben.
    Boone war entzückt. »Du machst den Typ immer
    schlecht, S. T., aber der ist schlauer, als du denkst.«
    »Quatsch. Die Idee hat er doch von mir. Ich meine, von dir und mir. Der hat genau verfolgt, wie ich arbeite, da kannst du Gift drauf nehmen. Wenn du etwas in die
    Medien kriegen willst, mußt du das Schrillste machen, was drin ist. Dann hast du dein Forum.«
    »Reichlich komisch, es so zu machen.«
    »Wohl wahr. Aber was anderes ist bei Dolmacher eben
    nicht drin. Der hat ja noch nicht mal ein Zodiac.«
    »Dann

Weitere Kostenlose Bücher