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Volles Rohr

Volles Rohr

Titel: Volles Rohr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephenson Neal
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einer Palme, sahen die Drähte.
    Jemand landete auf meinem Rücken. Ich drehte den Kopf zur Seite, so daß ich, als mein Gesicht auf den Boden klatschte, mit der Backe aufkam und nicht mit den
    Zähnen. Der Springer war besoffen, und einen Moment
    lagen wir aneinandergeschmiegt da wie zwei Löffel im Besteckkasten. Dann rollte ich mich rum, um ihn
    unterzumangeln, weil ich das Gefühl hatte, daß er
    leichter war als ich.
    Das traf zu. Aber der zweite Typ, der gegrätscht über mir stand, das zeremonielle Messer in der Pfote, war
    schwerer als ich. Genauer gesagt, er war fett. Sein
    bodenlanger Lederumhang war weit ausgestellt, wie der von Batman.
    Ich konnte nicht viel machen, weil ich außer Atem war.
    Ich keuchte und ächzte, gab meiner Lunge jede
    erdenkliche Starthilfe, aber dadurch verschwand der Typ mit dem Messer nicht.
    Boone, in der Ecke gegenüber, wurde mit seinen
    Angreifern besser fertig. Eine Frau hatte damit begonnen, daß sie ihm eine Flasche auf dem Schädel zertrümmerte.
    Sie hatte eine Menge ferngesehen in ihrem Leben und
    meinte wohl, er müßte jetzt zu Boden gehen. Statt dessen wurde er nur stocksauer und schlug ihr ein paar Zähne aus. Jetzt kreischte sie wie eine schlecht geschmierte Bremse und wirbelte durch die Abteilung wie ein zu hoch geschlagener Golfball. Ein Typ hatte Boone in den
    Schwitzkasten genommen und ein Stück vom Boden
    gehoben, was ihm die Möglichkeit gab, mit beiden Füßen zu treten - normalerweise kann man das ja nicht -, und so brachte er dem dritten Angreifer diverse innere
    Verletzungen bei. Ich hörte Rippen knacken. Aber das merkte Boone nicht mehr. Der Typ, der ihn festhielt, wirbelte ihn herum und knallte sein Gesicht etwa
    sechsmal gegen die rostige Wand. Der Typ mit den
    gebrochenen Rippen hüpfte auf und nieder, brüllte
    unartikuliert und stach mit seinem Messer in die Luft.
    Ich schaute ihn rein zufällig in dem Moment an, in dem die Hälfte seines Hirns gegen die Wand der Abteilung spritzte. Der Fettsack, der über mir stand, richtete sich steil auf, und ich verpaßte ihm einen Tritt in die Eier.
    Dann traf ihn eine Kugel ins Kreuz, und es regnete Blut auf mich.
    Er torkelte zur Seite, bumste gegen den Altar, rammte ihn wie ein Traktor einen Weihnachtsbaum, und danach
    hörte ich ein leises Klingelingeling, was wahrscheinlich der Sicherungsstift einer Granate war, der eine Pirouette auf dem Boden drehte.
    Als ich auf dem Steg war, stieß ich mit Bart zusammen und zog ihn mit; wir landeten unsanft auf dem Boden der nächsten Abteilung. Ich begann gerade daran zu denken, daß mir der Rücken weh tat, als die Granate explodierte.
    Es war wie ein Heavy-Metal- Gongschlag. Die
    Schrapnelladung prasselte gegen die Wand, und dann
    war ich so gut wie taub.
    Boone war bei uns, wischte sich Blut aus dem Gesicht und versuchte, seinen drohenden Blackout abzuwenden.
    Bart fuchtelte besorgniserregend mit seinem Revolver herum. »Den nimmt jetzt besser jemand von euch«, sagte er. »Ich bin nämlich sturzbesoffen.«
    »Ein Glück, daß es keine Claymore war«, sagte Boone.
    »Sonst wären wir nicht mehr rausgekommen.«
    »Die hier hat ungefähr dreißig Sekunden gebraucht«,
    sagte ich.
    »Eher fünf.«
    Die Abteilung, in der die Granate explodiert war, sah so aus, wie ich es erwartet hatte. Das Stahlrohr war auf halber Höhe durchgerissen. Oben quoll eine goldfarbene Flüssigkeit heraus und rann auf den Boden. Es erübrigte sich, sie zu analysieren.
    Wir wußten nicht, was wir mit den Leichen machen
    sollten. Wenn wir vor Gericht kamen, konnten wir uns eindeutig mit Notwehr verteidigen. Aber man soll Tote ja begraben oder eine Plane über sie tun oder sonstwas.
    Jedenfalls soll man sie nicht in der Abteilung eines Lastkahns liegenlassen, die sich langsam mit Giftbrühe füllt.
    »Andererseits - warum nicht?« sagte Bart. »Für die muß das doch so sein, als wären sie in 'ner Kirche begraben.«
    »Gutes Argument«, sagte Boone und joggte über den
    Steg davon. Nach einer Nanosekunde intensiven
    Nachdenkens folgte ich ihm.
    Wir gingen, für den Fall, daß die Satansanbeter
    beschlossen hatten, mit Verstärkung nachzurücken, auf der anderen Seite des Kahns von Bord. Als wir unten
    waren, watete ich ins Wasser und leuchtete mit meiner Taschenlampe. Kurz bevor Boone und ich in die
    Abteilung mit dem Altar gestiegen waren, hatte sich mir ein Verdacht aufgedrängt.
    Der Gestank, der uns unterwegs aufgefallen war, kam
    nicht von der Insel. Er ging vom Wasser aus. Aber in den

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