Vollmeisen
es ist, ich bin mit einem Tacker zusammengestoÃen, ist das nicht komisch?«, antwortete ich und brachte noch ein »hahaha« zustande.
»Ein Tacker?«, fragte meine Mutter. »Wirklich? Du verschweigst uns doch nichts, oder? Dich hat doch niemand angegriffen, während du Missstände aufgedeckt hast, oder?«
»Natürlich nicht«, sagte ich gereizt, »ich war in Gedanken und hab mir aus Versehen einen Tacker an die Wange gehauen, das ist alles.« Um meine Mutter von mir abzulenken, mäkelte ich an den Koteletts rum: »Die schmecken irgendwie angebrannt, hast du die zu lange in der Pfanne gelassen?«
Meine Mutter schaute mich empört an. »Ich weià ja wohl, wie man Koteletts brät, die sind genau richtig. AuÃerdem mache ich die immer in meiner Spezialpfanne, da kann gar nichts anbrennen.« Dabei zeigte sie auf die mir sehr bekannte gusseiserne Pfanne.
Iiiiihhhh. Melinda und ich schauten uns an und waren auf einmal ganz einer Meinung. »Also, tut mir leid, ich finde, die schmecken trotzdem angebrannt, ich kann das nicht essen«, gab ich mutig zurück.
»Ja«, sagte Melinda, »das geht mir genauso, weiÃt du nicht, dass man von verbranntem Fleisch Krebs kriegen kann? Alice und ich müssen jetzt sowieso noch mal weg, wir sehen uns später.«
Noch im Vorgarten hörten wir unsere Mutter über undankbare Töchter und deren schlechtes Benehmen lamentieren, aber darauf konnten wir jetzt keine Rücksicht nehmen. Ich wollte einfach keine Koteletts aus der Pfanne essen, die noch vor ein paar Stunden auf Big Wumbas Glatze gelegen hatte.
Während Melinda sich auf eine ihrer nächtlichen Club-Touren begab, ging ich leise zurück in mein Zimmer und fiel ins Bett. Arbeitstage können ganz schön anstrengend sein. Mitten in der Nacht wachte ich auf, weil mein Handy klingelte. Der Wecker zeigte 4:10 Uhr morgens â das konnte nichts Gutes bedeuten. Ich nuschelte: »Nja, was isch?« â und war auf einmal hellwach. Denn die Stimme, die mir gerade ins Ohr flüsterte: »Alice, ich brauche deine Hilfe!«, gehörte keinem anderen als Simon.
»Simon? Bist du das? Was ist denn los mit dir, hier suchen dich alle, auch die Polizei.«
»Hör zu, Alice, ich kann das alles erklären, es ist nicht so, wie es aussieht.« â Dieser Satz ist, glaube ich, im Gen-Code aller Männer verankert. »Du musst dich mit mir treffen, allein komme ich aus dieser Sache nicht raus.«
Ich wusste überhaupt nicht, was ich davon halten sollte, andererseits war ich auch mehr als neugierig. »Ja, okay, wann und wo denn?«
»Komm bitte Freitagnacht um halb eins ins Industriegebiet, wir treffen uns vor dem Baumarkt. Ich muss jetzt Schluss machen, bis dann.«
Ach du Schreck, war das nicht ein bisschen gruselig? Aber klar, so ein Mann auf der Flucht kann sich wohl nicht am helllichten Tag in der Innenstadt verabreden, verstehe schon. Ich versuchte, wieder einzuschlafen, aber es hatte keinen Sinn. Die ganze Zeit zerbrach ich mir den Kopf darüber, was Simon wohl von mir wollte. Na schön, dann stand ich eben mal vor fünf Uhr früh auf, dann hatte ich wenigstens genug Zeit, um mein lädiertes Gesicht ordentlich abzudecken.
So kam es, dass ich schon um acht Uhr an meinem Schreibtisch saà und mich in die Abrechnungen hineinfuchste. In diesem Gewerbe hatte die Gleichberechtigung voll zugeschlagen, hier arbeiteten die Männer für weniger Geld als die Frauen. Ich war überrascht, was man mit so einem Film verdienen konnte. Die Hausfrau, die vom Weihnachtsmann beschert wurde, erhielt für diese »Bescherung« tatsächlich 2.500 Euro. Was ich allerdings nicht verstand, war, warum der Weihnachtsmann nur 600 Euro bekam â machte der nicht die ganze Arbeit? Ich sollte mir mal einige dieser Filme angucken, dann würde ich der Sache vielleicht auf den Grund kommen.
Nick kam gegen zehn und wollte unbedingt mit mir über den Werkstatt -Film reden. »Wir haben immer noch keine passende Location. Hast du da vielleicht eine Idee? Uns läuft die Zeit weg. Wir haben Dolores gebucht, und die ist sehr gefragt in unserer Branche, das heiÃt, wir können den Dreh nicht verschieben.«
In mir keimte eine Idee, aber das war doch absoluter Schwachsinn. So blöd konnte doch nicht mal ich sein, oder? Scheinbar doch.
»Tja, ich wüsste da was, eine Klempner-Werkstatt Richtung Industriegebiet. Allerdings
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