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Vollmeisen

Vollmeisen

Titel: Vollmeisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klein Kerstin
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»Was schleppst du denn alles mit dir rum?«, fragte ich sie misstrauisch. »Da ist doch nichts Gefährliches drin, oder?«
    Â»Nur meine Ausrüstung«, antwortete sie und sah sich im Büro um. »Pass auf, wenn dein Big Wumba kommt, mach ihm ganz normal die Tür auf und versuche, ihn zu beruhigen. Wenn dir das nicht gelingt, greife ich ins Geschehen ein, bis dahin agiere ich im Verborgenen«, sagte sie und machte die Klotür hinter sich zu.
    Sie greift ins Geschehen ein und agiert im Verborgenen? Woher hatte sie das denn? Trotzdem, ich musste zugeben, es war ein gutes Gefühl, nicht ganz allein zu sein.
    Kurz darauf klingelte es schon an der Tür, und ich stand Big Wumba gegenüber – eine Begegnung, die ich nicht unbedingt gebraucht hätte. Er hatte eine Glatze, um die sich eine tätowierte Schlange wand, deren Kopf genau zwischen seinen Augenbrauen endete. Mit Piercings und Tattoos ging es lustig weiter, der Typ sah aus wie der Hauptdarsteller einer Reportage bei RTL 2 .
    Â»Ey, geile Braut«, tönte er und zog mich mit seinen Blicken aus.
    Bääh, ich bekam eine Gänsehaut.
    Â»Haste Nick rangeschafft?«
    Â»Tut mir leid«, erwiderte ich und verkniff mir eine Erwiderung auf die »geile Braut«. »Ich konnte Nick nicht erreichen, aber er wird Sie ganz bestimmt heute Nachmittag zurückrufen.«
    Â»So, wird er das, ja? Ich habe keine Zeit für so einen Scheiß, aber so was von nicht!«, schrie er mich plötzlich an. »Ich krieg von dem Scheißtypen noch 500 Euro, und die will ich jetzt haben, verstehste, jetzt und nicht heute Nachmittag.«
    Der Typ war nicht nur hässlich wie die Nacht, sondern auch noch irgendwie bedrohlich. Aber gerade das wollen solche Kameraden natürlich durch ihr Auftreten erreichen, wenn man denen nur ein bisschen Kontra bietet, fällt diese ganze Attitüde von ihnen ab, und sie klemmen den Schwanz ein. Weiß ich aus meinem Selbsthilfe-Ratgeber Klein war gestern – ab heute behaupte ich mich .
    Â»Okay, Herr Wumba, das reicht jetzt«, gab ich scharf zurück. »Sie haben gehört, was ich gesagt habe – heute Nachmittag können Sie die Sache mit Nick regeln, und bis dahin lassen Sie mich gefälligst in Ruhe.« Ich setzte noch ein »Aber so was von« hinterher, damit er mich auch verstand, und wartete darauf, dass er den Schwanz einzog.
    Aber verdammt, das tat er überhaupt nicht. Wir lasen wohl nicht dieselben Bücher. Er schubste mich zu Boden, schmiss die Rosenvase auf dem Empfangstresen runter und schrie: »Big Wumba will sein Geld, aber so was von!«
    Ich rappelte mich hoch und sah gerade noch, wie hinter ihm die Klotür aufging und meine Schwester herauskam – in der Hand die gusseiserne Bratpfanne unserer Mutter. Sie schrie: »Nimm das, du gewalttätiges Schwein!«, und haute ihm mit aller Kraft die Pfanne über den tätowierten Kopf. Es war wie im Film – er stand noch kurz, verdrehte die Augen, taumelte und plumpste dann wie ein Sack Kartoffeln zu Boden. Melinda stellte ganz ruhig die Bratpfanne ab, rieb sich die Hände und grinste mich an: »Na? War das nicht toll? Ich habe euch doch gesagt, dass ich super als Bodyguard bin.«
    Ich starrte erst sie an und dann Big Wumba, der irgendwie komisch auf dem Boden lag. Ich guckte noch länger hin, und plötzlich dämmerte mir die Wahrheit. »Scheiße, Melinda, der ist tot. Du hast ihn umgebracht!«, flüsterte ich.
    Â»Hast du sie noch alle?«, kreischte Melinda. »Es stirbt doch keiner durch eine Bratpfanne!«, und stieß Big Wumba mit dem Fuß an. Nichts passierte. Plötzlich wurde auch meine Schwester blass. »Oder? Da kann man doch nicht von sterben, oder?«
    Â»O Scheiße«, wiederholte ich, »der ist tot. O Gott … Was sollen wir denn jetzt nur machen?«
    Melinda war aus härterem Holz geschnitzt als ich. Sie überlegte kurz, dann sprang sie auf mich zu, zerriss meine Bluse und kratzte mir mit ihren langen Fingernägeln eine Riesenschramme ins Gesicht.
    Â»Spinnst du?«, schrie ich. »Bist du jetzt völlig bekloppt? Ich blute, was sollte das denn?«
    Â»Beruhig dich, und denk doch mal nach. Du hast in Notwehr gehandelt, das Schwein kam hier rein, hat dich angegriffen und wollte dich vergewaltigen. Tja, und daraufhin hast du dich nur gewehrt, kapiert?«
    Mir fehlten die Worte. So hatte ich mir meinen ersten Arbeitstag nicht

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