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Vollmeisen

Vollmeisen

Titel: Vollmeisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klein Kerstin
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das so weiterginge. Was für ein Mist, ich hatte mich schon so auf meine eigenen vier Wände gefreut!
    Aber – ich hatte wenigstens einen Job. Am Montagmorgen pünktlich um neun betrat ich meine neue Wirkungsstätte, gekleidet in mein wunderschönes Boss -Kostüm. Grau mit dezenten Nadelstreifen, sah klasse aus, das Teil. Ich musste zwar die Jacke auflassen, und in den Rock hatte meine Mutter ein Gummiband eingenäht, aber das sah ja keiner.
    Nick war schon da und brachte mir als Erstes einen Kaffee. »So, das ist der Sonderservice, den gibt’s aber nur am ersten Tag. Wir duzen uns hier alle, hast du damit ein Problem?«, wollte er freundlich wissen.
    Himmel, was war dieser Typ süß. »Nein, überhaupt nicht, ich bin Alice. Womit soll ich denn anfangen?«
    Â»Tja, ich muss gleich los und bin auch erst nachmittags wieder hier. Ich schlage vor, du verschaffst dir erstmal einen Überblick, ich habe dir auf dem Schreibtisch schon alles zurechtgelegt, unsere laufenden Produktionen, Kostenaufstellungen, geplante Projekte, all so was. Das ist auch alles im PC gespeichert, da findest du auch Darstellerdateien, Formulare zur Einholung von Drehgenehmigungen und so weiter. Schau dir alles in Ruhe an. Du bist heute allein hier. Ansonsten gibt es noch die Buchhaltung, die besteht aus Jürgen, aber der arbeitet oft von zu Hause aus.«
    Alles klar, das hörte sich vielversprechend an. Nick und ich würden hier also meistens ganz allein sein, uns durch die enge Zusammenarbeit schnell näherkommen, woraufhin ich ganz schnell unersetzlich für ihn werde und er begreift, dass ich die Traumfrau bin, auf die er schon so lange gewartet hat …
    Â»Alice? Alles klar? Du guckst so merkwürdig.«
    Huch. Wo war ich denn mit meinen Gedanken? Ȁh nee, alles klar, ich komm schon zurecht.«
    Â»Okay, dann sehen wir uns später, bis dann!« Und damit war er verschwunden.
    Ich sah ihm verträumt hinterher. Also doch, es gab Liebe auf den ersten Blick. Ich könnte ihm den ganzen Tag nur zuhören und ihn angucken. Aber dafür war ich leider nicht eingestellt worden, also wandte ich mich dem Riesenberg Unterlagen vor mir zu. Wenn ich es richtig überblickte, hatte Nick zurzeit drei Produktionen laufen: Wir blasen zum Halali auf dem Jägerball , Der Weihnachtsmann kommt mit prallem Sack und In der Werkstatt wird gehobelt . Nun gut. Der Weihnachtsmann war anscheinend schon abgedreht, und es liefen Verhandlungen mit Verleihfirmen, der Werkstatt -Film sollte in zwei Tagen gedreht werden, und der Jägerball war noch in der Vorplanung. Wenn man sich mal die blöden Titel wegdachte, war es eigentlich sehr spannend. Ich ertappte mich dabei, wie ich schon selber über Titel nachdachte, als das Telefon das erste Mal an diesem Morgen klingelte. » Big Balls Productions , Alice Wörthing am Telefon, was kann ich für Sie tun?«, flötete ich ins Telefon. Ganz wie in alten Zeiten. »Hier ist Big Wumba, und ich will sofort Nick sprechen, aber so was von!«, schrie mir ein Mann ins Ohr, anscheinend einer mit Namen Big Wumba. »Tut mir leid, Herr Wumba, Nick ist heute Morgen nicht im Büro, kann er Sie zurückrufen?«
    Â»Könnte er, tut er aber nicht. Sieh zu, dass du deinen Boss an die Strippe kriegst, und sag ihm, Big Wumba ist in einer Stunde bei euch im Büro, und wenn ich dann nicht meine Kohle sehe, gehen die Lichter aus, aber so was von.« Mit diesen Worten knallte er den Hörer auf.
    Schon wieder einer, der mir drohte, langsam fiel ich vom Glauben ab. Und ganz bestimmt wollte ich hier nicht mit jemandem namens Big Wumba allein sein, daher rief ich sofort Nick an. Toll, da ging nur die Mailbox dran, was sollte ich denn jetzt bloß machen? Aber – Moment mal – hatte ich nicht einen Bodyguard? Ich traute meiner Schwester zwar immer noch nicht mehr zu, aber zu zweit ist man weniger allein, oder? Also klingelte ich sie aus dem Bett und klärte sie kurz über meine Lage auf. Sie hatte sich anscheinend schon in ihre neue Rolle »hineingefühlt«, denn sie sagte nur in einem merkwürdig abgehackten Tonfall: »Keine Angst, Baby, der Typ ist Geschichte«, und versprach, sich sofort auf den Weg zu machen.
    Tatsächlich schaffte sie den Weg in weniger als vierzig Minuten, als sie hereinstürzte, hatte sie eine riesige Handtasche über der Schulter und einen wilden Ausdruck in den Augen, der sogar mir Angst machte.

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