Vollmondfieber: Roman (German Edition)
was für ein Mist!
Statt in meine Shorts zu greifen, wo ich, wie ich wusste, keinen Schlüssel finden würde, griff ich einfach nach dem Türknauf und betete, dass die Tür wundersamerweise unverschlossen sein würde.
Ungerührt drehte ich den Knauf.
Nichts.
Der Knauf hatte sich natürlich gedreht. Aber das darüber angebrachte Schloss war verriegelt. Also rührte sich die Tür keinen Zentimeter. Jeff, der Hausmeister, hatte einen Satz Schlüssel. Er musste abgeschlossen haben, nachdem die Polizei fort gewesen war. Meine Tür streckte mir sozusagen ihre dicke Metallzunge heraus und lachte. Es hatte auch keinen Sinn, mich mit der Schulter dagegenzuwerfen. Das Schloss war erstklassig, eine Aufmerksamkeit eines gewissen Alpha-Vaters, und hergestellt aus irgendeiner Art von nicht so leicht zerstörbarem Titanium. Vermutlich hätte ich die Tür ohne größere Mühe aus den Angeln reißen können. Aber das wäre, da ich immerhin vorgab, keinerlei Drogenvergehen auf meine Schultern geladen zu haben, vielleicht ein bisschen zu verdächtig in den Augen eines gewissen Detectives.
Ich zögerte einen Moment, bemühte mich, einen vernünftigen Ausweg zu finden.
»Suchst du die?« Ein Schlüsselring baumelte vor meinem Gesicht wie ein Katzenspielzeug.
Ich sah mich zu Ray um. Seine Miene war undurchdringlich, aber seine Augen fixierten mich wie zwei punktförmige Laser. Er hoffte, da war ich absolut sicher, ich würde in irgendeiner Form eine deutliche Reaktion zeigen. Und um die Sache noch schlimmer zu machen, bestand die Duftwolke, die er nun aussandte, aus reinem, uneingeschränktem Entzücken.
Ich wurde immer besser in diesem Schnüffelspiel. Dieser Mistkerl!
Als ich nicht antwortete, sagte er: »Die wurden zusammen mit all den anderen Kleinigkeiten, von denen ich annehme, dass man sie unterwegs brauchen dürfte, in deiner Handtasche gefunden. Kleinigkeiten wie zum Beispiel deine Geldbörse und deine Sonnenbrille.« Der Zynismus troff schwer aus seiner Stimme. »Ich kenne nicht viele Frauen, die die Stadt ohne ihre Handtasche unter dem Arm verlassen.«
Ich drehte mich zu ihm um und lehnte mich mit dem Rücken an die Tür. Dann verschränkte ich die Arme vor der Brust, weil ich das Spielchen jetzt schon leid war. Dabei hatte es gerade erst angefangen. »Hör zu, Ray! Mir ist klar, dass du denkst, ich hätte irgendetwas mit dieser Schweinerei zu tun.« Ich rammte den Ellbogen an die Tür, um auf das Chaos in meiner Wohnung zu verweisen. »Und du denkst, dass ich irgendein großes, anstößiges Geheimnis vor der Welt verberge, vermutlich irgendwo hinter dieser Tür. Tatsächlich bist du schon seit sehr langer Zeit hinter mir her, weil du herausfinden willst, wie genau dieses Geheimnis aussieht. Dabei machst du mir das Leben schwer und zunehmend unerträglich. Aber jetzt wirst du die Wahrheit erfahren. Bist du bereit? Ich verstecke gar nichts .« Na ja, abgesehen von der Tatsache, dass ich mich gerade in einen furchterregenden Werwolf verwandelt hatte. »Ich nehme keine Drogen, und ich handele auch nicht damit. Ich habe keine Kontakte zu Kolumbianern,und, was noch viel wichtiger ist, ich habe kein Gesetz übertreten. Die Wahrheit lautet, dass mein Freund und ich spontan beschlossen haben, campen zu gehen, ganz einfach weil das Wetter so schön war.« Gott sei Dank war gerade keine Tornadosaison. »Das war schlicht eine dieser glücklichen, sorglosen Entscheidungen, die Menschen manchmal treffen. Er hat sich um die Schlüssel gekümmert, und ich habe vergessen, sie mir wiederzuholen. Und während wir fort waren, hat jemand meine Wohnung verwüstet. Ende der unfassbar anstößigen Geschichte.« Ich hob die Hand, riss Ray die herabbaumelnden Schlüssel aus den Fingern und drehte mich um, um die verdammte Tür aufzuschließen.
Hinter mir vibrierte Rays Stimme vor Verachtung. »Wirklich, Hannon? Und wo zum Teufel ist dein … Freund jetzt? Sollte er nicht bei dir sein, um dir die Tür mit seinem Schlüssel aufzuschließen? Und dir beizustehen, wenn du dich mit all dem Ärger auseinandersetzen musst?«
»Nein«, sagte ich, als das Schloss aufschnappte. »Schon bei der letzten Inventur hat sich herausgestellt, dass ich ein großes Mädchen bin, das sich allein um seine Probleme kümmern kann.«
Ray glaubte mir kein Wort, aber ich hatte nun einmal keine große Wahl. Die Wahrheit konnte ich ihm unmöglich sagen, und ein anderes Alibi hatte ich derzeit nicht. Ray hatte so oder so kein Recht dazu, mich in meinem Hausflur zu
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