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Vollmondfieber: Roman (German Edition)

Vollmondfieber: Roman (German Edition)

Titel: Vollmondfieber: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Carlson
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meinem Telefon und rief Ray an. Es war besser, das Unausweichliche nicht aufzuschieben. Ich erreichte nur seine Mailbox, was immerhin ein kleiner Sieg war. »Ray, ich bin auf dem Weg zurück in die Stadt. Dürfte in zwei Stunden da sein«, sagte ich. »Wir sprechen uns dann.«
    Ich hatte keinerlei Zweifel daran, dass er in eineinhalb Stunden bereits in meinem Hausflur auf mich warten würde.

KAPITEL FÜNF
    R ay Hart lehnte sich mit einer Schulter an die Wand, die Arme lässig vor der Brust verschränkt, so, als wäre es ihm scheißegal, wie lange er an dieser Mauer herumstehen müsste. Für Passanten auf der Straße musste es aussehen, als würde er geduldig darauf warten, dass seine Frau mit ihren Einkäufen fertig würde und sie beide ins Kino gehen könnten.
    Abgesehen davon, dass er nicht verheiratet war und vermutlich keinen Film mehr gesehen hatte, seit Rambo auf die Leinwand gekommen war.
    Mich konnte er damit nicht in die Irre führen.
    Ray war gut eins achtzig groß und hatte einen Schopf stahlgrauer Haare. Das Haar war so kurz geschnitten, dass er, hätte er sich je zum Militärdienst gemeldet, gleich die perfekte Frisur mitgebracht hätte. Er war muskulös auf die fleischige, aggressive Art und dezent gekleidet, eine Hose in dunklem Khaki und ein blaues Hemd. Seine haselnussbraunen Augen bohrten sich in die meinen, als ich im Korridor auf ihn zuging.
    Ich musste ein Grinsen unterdrücken. Denn Rays lässige Haltung stand in einem scharfen Kontrast zu dem fauligen Odeur, das er verströmte. Falls also der kräftige Gestank von Curryresten, Mülleimern, die dringend geleert werden mussten, und stehender Luft nicht reichte, hätten mich Rays Ausdünstungen auch von ganz allein umgehauen.
    Er stank wie eine kräftige Mischung aus Zufriedenheit, vermengt mit starker Aggression. Das alles drang in meine Nase, als würde mir ein Laubbläser direkt ins Gesicht spucken. DieserMann würde nichts von dem Unsinn glauben, den ich ihm hatte vorsetzen wollen. Ich musste mir einen Plan B zurechtlegen.
    Ray verrenkte sich fast den Hals, um hinter mich zu blicken – ganz, als hätte er erwartet, dass ich in Begleitung einträfe. Als er hinter mir niemanden kommen sah, tat er überrascht.
    Aber ich war aus gutem Grund allein.
    Nick und ich waren zu dem Schluss gekommen, dass es besser wäre, wenn er sich vorerst raushielte. Ray wusste, dass Nick und ich Partner waren, und er wusste, wo er ihn finden konnte.
    Ich klebte mir mein schönstes Lächeln ins Gesicht und schlenderte auf Ray zu, ohne den Blick zu senken. Dabei troff ich nur so vor Sarkasmus, wie Ray ihn erwartete. »Hallo, Ray!« Ich verlagerte das Gewicht meines Rucksacks und des Schlafsacks, den ich in den Armen hielt. Bei unserem letzten Boxenstopp hatte ich mir Dreck auf die Kleidung geschmiert, um authentischer zu wirken. Aber die Haare an meinen Beinen und der stechende Schweißgeruch hatten keiner künstlichen Auffrischung bedurft. Das war zur Gänze ich. »Ich freue mich ja so, dich wiederzusehen! Seit all deinen Nachstellungen ist ein bisschen zu viel Zeit vergangen. Ich habe unsere wunderbare, lustige Zeit vermisst.«
    »Hör mit dem Mist auf, Hannon!«, schnarrte er. »Sieht aus, als hättest du dich dieses Mal ernsthaft in Schwierigkeiten gebracht. Wie wäre es, wenn du mir erklärst, was los ist?« Er stemmte sich in einer geschmeidigen Bewegung von der Wand ab. Seine Augen huschten weitgehend desinteressiert über meine Aufmachung.
    »Ray, du weißt so gut wie ich, dass ich dir nichts erklären kann, was ich bisher noch nicht einmal gesehen habe. Ich bin gerade vor fünf Sekunden aus der Wildnis zurückgekommen. Nach dem, was ich gehört habe, hat jemand meine Abwesenheit dazu benutzt, meine Wohnung zu verwüsten.«
    Ray verschränkte erneut die Arme vor der Brust. »Das ist eine bequeme Methode, mit der Sache umzugehen.«
    »Mach mal halblang, Ray!« Ich ließ mein Gepäck vor der Türfallen und bedachte ihn mit dem ärgerlichsten Blick, den ich zustande bekam. »Du weißt genau, dass ich mir bei meiner Arbeit ständig irgendwelche Feinde mache.« Ich drehte mich zur Tür um. »So was wie das hier ist wirklich nicht so außergewöhnlich. Aber das sollte ich dir nicht erst erklären müssen. Du bist der Detective.«
    Ray grunzte eine Antwort und baute sich so auf, dass er direkt hinter mir stand, als ich zum Türknauf griff.
    Ich hielt mitten in der Bewegung inne.
    Verdammter Mist. Ich hatte keinen Schlüssel. Daran hatte ich gar nicht gedacht.
    Oh,

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