Gedanke an Harro Greims zurückdrängen ließe. Vielleicht sollte sie ihn doch einmal besuchen. War sie ihm das nicht schuldig? Der Zorn auf ihn und die Kälte, mit der er ihr bei ihrem letzten Zusammentreffen begegnet war, war inzwischen verraucht. Er musste sich nicht dafür entschuldigen, Jolin erwartete nicht einmal eine Rechtfertigung - im Gegenteil: Sie hatte ihm etwas zu sagen. Sie musste ihm die Sache mit der Fledermaus gestehen. Vielleicht würde er ihr wenigstens das erklären können oder wollen. Vielleicht würde sie aber auch schon von Rouben alles erfahren.
Jolin erschrak über sich selbst. Wollte sie ihn tatsächlich treffen? Hatte sie das bereits beschlossen? Oder andersherum: Würde sie es überhaupt über sich bringen, nicht hinzugehen?
Als Jolin eine halbe Stunde später auf Paulas Gewürzkalender schaute, der in der Küche neben dem Kühlschrank hing, bestätigte sich ihre Ahnung. Die Nacht vom siebten auf den achten Dezember war eine Neumondnacht!
Deshalb also hatte Klarisse dieses Datum vorgeschlagen! Natürlich wusste auch sie, dass Vampire bei Neumond vollkommen ungefährlich waren. Ganz klar: Klarisse wollte Rouben verführen, ihn diese eine Nacht besitzen und den Kick genießen, mit einem echten Vampir geschlafen zu haben!
»Was hast du vor, du altes Biest?«, murmelte Jolin. »Ihn küssen und anschließend verraten? Oder ihn dazu überreden, sich alle vier Wochen auf ein erotisches Date einzulassen?«
»Was hast du gesagt?«, fragte Paula, die in diesem Augenblick aus dem Badezimmer kam und in die Küche trat.
»Nichts.« Jolin zuckte zusammen und schüttelte dann hastig den Kopf. »Ich habe mit mir selbst geredet.«
Paula sah ihre Tochter forschend an. »Schulstress?«, fragte sie. »So kurz vor Weihnachten?«
Jolin zuckte die Schultern. »Es geht schon.« Was sollte sie auch sonst sagen?
»Na, da hast du dir wohl eine kleine Ermunterung verdient«, erwiderte Paula Johansson. Ein spitzbübisches Lächeln zupfte an ihren Mundwinkeln, als sie die Tür des Vorratsschranks öffnete und ein kleines Päckchen herausholte. »Alles Liebe zum Nikolaus!«
»Oh!« Jolin spürte, wie sie errötete. »Heute ist doch erst der vierte«, stotterte sie.
»Das macht nichts.« Ihre Mutter lachte. »Ich glaube ohnehin nicht mehr dran.«
»Ach, Ma, du bist vielleicht eine!« Jolin schlang Paula ihre Arme um den Hals und drückte sie an sich. Einen Moment lang standen sie und ihre Mutter einfach da und genossen die mittlerweile ungewohnt gewordene Vertrautheit. Jolin spürte, dass diese Umarmung für Paula ein weiteres kleines Stück Abschied bedeutete, während ihr selbst ein wenig beklommen bewusst wurde, dass sie in diese Wärme zurückkehren konnte, wann auch immer sie wollte.
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glaubst du, sie geht noch einmal zu ihm?
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zu harro greims? das interessiert mich im moment eigentlich weit weniger als die tatsache, dass ihr offenbar ein ganz anderes treffen bevorsteht,
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was ändert das?
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grundsätzlich nichts, mein junge, aber Ich muss dir wohl nicht sagen, dass es mir lieber wäre, wenn es nicht passierte,
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mach dir keine gedanken, bisher läuft alles gut. sie weiß, mit wem sie es zu tun hat.
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eben, mein junge, eben. Du musst aufpassen, dass dir die dinge nicht doch noch aus der hand gleiten, du solltest keine halben sachen mehr machen, sondern endlich ein Zeichen setzen,
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worauf du dich verlassen kannst!
r. v.
13
Brei volle Tage und Nächte irrt Ramalia durch den Wald, immer auf der Suche nach einer Bleibe oder etwas Essbarem. Mal sind es Beeren oder Blätter, die sie gierig in sich hineinstopft, mal schlägt sie ein Kaninchen, trinkt das Blut des Tieres und isst voller Widerwillen sein Fleisch. Sie tut es für den Kleinen, den sie mittlerweile nicht mehr unter ihren Röcken verbirgt, sondern offen in ihrem Arm trägt. Sie weiß,