Vollstreckung - Sturm, A: Vollstreckung
Bretschneider heute unter einem Vorwand bei Frau Jacob aufkreuzte und ein sehr großes Interesse an Frau Mahler gezeigt hat. Steffen hat den Eindruck, dass dieses Interesse weit über eine normale Anteilnahme hinausgeht. Der Gedanke, der sich mir durch Dr. Bretschneiders Verhalten aufdrängt, macht mich richtig krank.«
Sandra dachte über Karins Anspielung nach, dann schüttelte sie den Kopf. »Ich kenne Dr. Bretschneider noch nicht lange genug, um ihn einzuschätzen, aber wie ein kaltblütiger Vergewaltiger und Mörder wirkt er nicht auf mich.« Sie lächelte leicht, »Eher wie ein großer, abenteuerlustiger Junge.«
Karin konnte in das Lächeln nicht einstimmen. »Ich bin total verwirrt. Eigentlich hätte ich für ihn gebürgt, aber da sind so ein paar Dinge …« Sie stand auf und lief unruhig umher. »Bereits vor einigen Tagen ist mir sein ungewöhnliches Verhalten aufgefallen, dann ist er bei dir aufgekreuzt und hat sich dadurch Einblick in unsere Ermittlungsergebnisse verschafft und nun das.« Karin wandte sich zum Fenster, sah kurz hinaus und setzte sich wieder. »Ich bin so aufgekratzt durch diese neue Entwicklung, ich kann keinen klaren Gedanken fassen. Ich gehe schnell auf die Toilette, mich kurz frisch machen, vielleicht hilft es mir, ruhiger zu werden.«
Sandra hielt sie zurück. »Hast du zufällig die Berichte bei dir, die Steffen aus dem Archiv mitgebracht hat? Ich weiß doch, dass du alles in deinen Rucksack steckst.«
Karin sah Sandra zweifelnd an. »Sollte ich die wirklich eingesteckt haben?«, sagte sie mehr zu sich selbst, dann warf sie Sandra ihren Rucksack zu und verschwand.
Karin ließ Wasser in das Waschbecken und wusch sich gründlich die Hände. Dankbar benutzte sie dabei die Seife und die Handbürste, welche auf dem Waschtisch lagen, als würde die Besitzerin dieser Gegenstände jeden Moment zur Tür hereinkommen. Karin sah nachdenklich auf die Waschutensilien. Sie rechnete nicht mit Adinas Rückkehr. Als ihre Hände wieder sauber waren, fühlte Karin sich gleich viel besser. Sie ließ frisches Wasser in das Becken und tauchte ihr Gesicht hinein, damit das Nass ihre Sinne belebte und den Staub des Tages abwusch. Mit einem sauberen Handtuch, welches sie ohne Hemmungen aus einem Badschrank genommen hatte, trocknete sie sich ab. Das Antlitz, welches sie aus dem Spiegel anstarrte, sah müde aus. Die Schatten unter den Augen sprachen eine deutliche Sprache. Doch Karin hatte keine Zeit für kosmetische Details. Sie ahnte, dass Adina sehr bald auf den dritten Vergewaltiger treffen würde und sie musste alles dafür tun, um genau dies zu verhindern.
Erfrischt und wesentlich entspannter trat Karin zu Sandra und sah dieser über die Schulter. Sandra hatte die Kopien gefunden und sich darin vertieft, schaute kurz zu Karin hoch und fragte: »Geht es wieder?«
Karin nickte und begann eine Wanderung durch die Wohnung. Sie schaute nicht in Schränke, sie ließ einfach die Räume auf sich wirken und dachte nach. Als sie in der Küche anlangte, entdeckte sie mehrere Flaschen mit Wasser. Sie griff sich eine davon und spülte auch gleich zwei Gläser. Wieder in der Stube, stellte Karin ein Glas vor Sandra und goss es, ohne erst zu fragen, randvoll. Sandra sah kurz auf, lächelte Karin dankbar an, trank gierig mehrere Schlucke und las sofort angestrengt weiter. Karin schritt weiter durch die Wohnung, dabei behielt sie ihr Glas in der Hand. Dann zog sie die Gardine beiseite und schaute kurz auf das geschlossene Fenster. Sie wollte sich nach einem kurzen Blick auf die Regentropfen, die an das Glas prasselten, abwenden, da fiel ihr Blick auf die Übertöpfe. Sie hob sie einzeln an und betrachtete sie genau. Als sie mit der Untersuchung der Übertöpfe fertig war, presste sie ihre Nase an die Fensterscheibe und versuchte die Dunkelheit mit ihren Blicken zu durchdringen. Ein Blitz, der plötzlich mit seinen Zacken den Himmel zerriss, ließ Karin erschrocken zurückprallen. Gleich darauf grollte der Donner. Als Karin ihren Schreck überwunden hatte, drückte sie ihre Nase wieder an die Scheibe und wartete nun gespannt auf den nächsten Blitz. Dieser ließ nicht lange auf sich warten. Als er mit seinem grellen Licht die Dunkelheit vor dem Fenster vertrieb, sah Karin, was sie zu sehen erhofft hatte.
Als Karin sich wieder Sandra zuwandte, war diese gerade mit der Durchsicht der Kopien fertig und faltete die Blätter nachdenklich zusammen.
Karin setzte sich Sandra gegenüber und sagte: »Mir sind da ein paar
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