Vollstreckung - Sturm, A: Vollstreckung
Grab ihrer Geliebten von dieser zu verabschieden. Ihr war sicher bewusst, dass wir sie früher oder später finden würden, dieser Festnahme hat sie sich durch Suizid entzogen.«
Frau Faust räusperte sich, diese kurze Unterbrechung gab Karin Zeit für eine Zwischenfrage: »Hat sich Inspector Caffier über die Strömungsverhältnisse an der dortigen Küste geäußert? Ich meine, besteht Hoffnung, dass die Leiche an Land gespült wird?«
Nun musste Frau Faust doch lächeln. »Frau Wolf, seit ich Sie kenne sind Sie das Misstrauen in Person. Aber ich kann Sie beruhigen, oder auch nicht. Inspector Caffier kennt die Strömungsverhältnisse sehr genau. Einen Moment bitte!« Die Staatsanwältin suchte das entsprechende Blatt heraus, überflog es kurz und sagte: »Es hängt vom Wind und der Strömung des Ortes ab, an dem Frau Mahler ins Wasser gesprungen ist. Da dieser Ort nicht bekannt ist, das Boot trieb immerhin schon zwei Tage im Meer, kann er nicht genau sagen, ob der Körper noch weiter hinaus auf See oder ans Ufer gespült wird.« Sie hob die Hände und verzog das Gesicht. »Es ist wie mit allen Dingen in diesem Fall. Nichts ist sicher, oder kann bewiesen werden. Auch wenn wir Frau Mahler verhaftet hätten, ohne ihr Geständnis ständen wir vor Gericht ziemlich dumm da. Die KTU hat zwar anhand der Fingerabdrücke in ihrer Wohnung einen identischen Fingerabdruck an der Tankstelle nachweisen können, aber der Aufenthalt an einer Tankstelle, auch wenn dort ein Mord geschah, ist nicht strafbar. Da wir durch das in ihrer Wohnung gefundene Material über ihre DNA verfügen, könnten wir ihr zwar nachweisen, dass sie sich gegenüber von Herrn Schlotts Haus aufgehalten hat, aber auch das, und ich muss mich wiederholen, ist nicht strafbar. Das Einzige wäre eine Aussage der Postbotin, aber ein geschickter Strafverteidiger würde die Sache so drehen, dass sie mit dem Überfall davonkäme.«
»Aber warum sollte sie die Postbeamtin überfallen und ihr das Fahrrad sowie die Uniform stehlen, wenn nicht zum Zweck des Eindringens in Schlotts Haus?« Sandra unterbrach Frau Fausts Redefluss und schüttelte ungläubig den Kopf.
»Was weiß denn ich, vielleicht aus Sammelwut?« Staatsanwältin Faust lachte, aber dieses Lachen war freudlos. »Nein, als Beweise für die ersten beiden Morde reicht das alles nicht. Und bei dem dritten Mord sieht es auch nur auf den ersten Blick günstiger für uns aus. Aber auch nur auf den ersten Blick! Ihre Fingerabdrücke an der Waffe und das Blut, welches sie am Tatort in der Ruine zurückließ, beweisen zwar, dass sie Reiter erschossen hat, aber wenn ich sie verteidigen würde, käme sie mit Notwehr davon.« Frau Faust erhob sich und stolzierte im Raum auf und ab, dabei verfiel sie immer mehr in ihre imaginäre Rolle als Verteidigerin. Sie warf sich in Position, hob den Zeigefinger und fuhr mit ihren Ausführungen fort. »Ich würde es vor Gericht so darstellen, dass sie sich zum Malen in den alten Häusern aufgehalten hat. Eben ein Künstlerspleen! Und dann spaziert ein Mann mit einer geladenen Waffe in das Haus, sie versteckt sich, er schießt auf sie und sie schießt zurück, natürlich nur, um sich selbst zu verteidigen. Dass dieser Mann vor drei Jahren ihre Lebenspartnerin vergewaltigte – ja, dafür kann sie nichts. Und die Waffe hat sie in dem Haus gefunden.«
Staatsanwältin Faust beendete ihr gespieltes Plädoyer und setzte sich wieder. »Glücklicherweise habe ich durch die Umstände nicht die undankbare Aufgabe, sie anzuklagen. Somit kann ich heute die Akte schließen und den Fall vergessen.«
»Was geschieht aber mit Reiter?«, fragte Karin. »Ich meine nicht, was mit ihm direkt geschieht, er ist nur noch Asche in einer Urne, aber wird zu seinen Taten von der Staatsanwaltschaft Stellung genommen?«
»Reiter ist begraben und dabei belassen wir es auch. Bei ihm verhält es sich ebenso wie bei Frau Mahler. Seine Taten, die er vor drei Jahren begangen hat, nachzuweisen, wäre schwer, wenn nicht gar aussichtslos. Die einzige Zeugin, Frau Lefort, ist tot. Ich habe nachgeforscht, er hat sehr gründlich hinter sich gekehrt. Wir könnten ihn nur wegen der Schießerei belangen, aber auch er würde es als Notwehr hinstellen.«
»Aber ich habe doch anhand der Unterlagen der Fluggesellschaften ermittelt, dass er nur bis Frankfurt geflogen ist. Seine Familie ist allein weiter nach Südamerika und er kam wieder nach Dresden zurück. Das hat auch seine Frau bestätigt.« Sandra konnte all das nicht
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