Vollstreckung - Sturm, A: Vollstreckung
Tagen in so einem Raum auf ihren Feind lauert und mit ihren Nerven inzwischen am Ende ist? Von der Schusswaffe, die sie dabei in ihren nervösen Händen hält, ganz zu schweigen.«
Karin hieb in dieselbe Kerbe: »Wie kann ein so intelligenter Mann wie du nur so blauäugig sein?« Sie schüttelte voller Unverständnis den Kopf. »Und wie bist du Reiter in die Hände gefallen?«
Dr. Bretschneider wurde zunehmend unsicherer. Ihm schwante, dass er nur haarscharf an einer Katastrophe vorbeigeschlittert war. Zögernd setzte er seinen Bericht fort: »Im zweiten Stockwerk öffnete ich eine Tür, die so fürchterlieh quietschte, dass ich zusammenfuhr. Ich hatte mich noch nicht von meinem Schrecken erholt, da stand auf einmal der Staatsanwalt hinter mir. Ich dachte mir nichts Böses und habe ihn begrüßt, aber er hat mich einfach so niedergeschlagen. Ich war einen Moment weggetreten, und als ich wieder zu mir kam, zerrte er mich hoch und drängte mich in den nächsten Raum. Ich hätte nie gedacht, dass er so kräftig ist. Ich war von dem Schlag benommen und spürte nur noch, wie er mich herumriss und ich mit dem Gesicht gegen etwas Hartes prallte. Das war es dann, mehr habe ich nicht mehr mitbekommen.«
»Sollte dein Schutzengel irgendwann kündigen, Mario. Ich stelle ihn sofort ein«, sagte Sandra belustigt. »Und jetzt willst du sicher wissen, was weiter geschah?«
Dr. Bretschneider nickte nur, denn das lange Sprechen hatte ihn doch mitgenommen. Karin, die seine Erschöpfung bemerkte, reichte ihm ein Glas Wasser und sagte: »Wir kommen am besten später wieder und lassen dich jetzt erst einmal ausruhen.«
»Auf keinen Fall«, Dr. Bretschneider richtete sich sofort auf und verschüttete dabei Wasser. »Wenn ich jetzt nicht erfahre, was noch passiert ist, werde ich wahnsinnig!« Karin versuchte, das Wasser mit einem Zellstofftuch wegzuputzen und gab Sandra einen Wink, in der Zwischenzeit zu berichten. Sandra ließ sich nicht lange bitten und begann: »Es war tatsächlich Reiter. Er war der dritte Mann, also Aramis. Ich spreche von ihm in der Vergangenheitsform, daraus wirst du sicher schließen, dass er nicht mehr unter uns weilt. Adina hat ihn erschossen.« Sie hob die Schultern und sagte gleichgültig: »Nach allem was wir inzwischen von ihm wissen, erlitt die Welt keinen Verlust. In dem Raum, in dem du gegen eine Türkante gestoßen wurdest, befand sich auch Adinas Versteck. Sie hat auf dem Dachboden gelauert und durch ein Loch in der Decke alles beobachtet. Bei dem Schusswechsel hat sie auch etwas abbekommen. Wir haben Blut auf dem Dachboden und dem Fußboden entdeckt. Danach keins mehr. Wahrscheinlich hat sie sich selbst einen Verband angelegt. Wie schwer sie verletzt ist, wissen wir nicht. Ihre Kraft hat jedenfalls ausgereicht, zu verschwinden. Noch fehlt von ihr jede Spur. Die Fahndung nach Adina Mahler läuft inzwischen auf Hochtouren und auch die Behörden in Frankreich sind verständigt worden, da wir annehmen, dass sie eventuell dorthin will. So, nun bist du über den aktuellen Stand im Bild. Wir können jetzt nur noch abwarten.«
Karin erhob sich und stellte ihren Stuhl wieder an den kleinen Esstisch heran, auch Sandra schwang ihren Hintern vom Bett und beide Frauen wollten sich von Dr. Bretschneider verabschieden. Das war diesem aber nicht recht, denn auf Dr. Bretschneiders Gemüt lastete noch ein großes Problem. Er zupfte fahrig an seiner Bettdecke herum und druckste, bis er sich aufraffte und die für ihn wichtigste Frage loswurde. »Mit welchen Konsequenzen habe ich denn eigentlich zu rechnen? Ich meine, wegen meines Alleinganges.«
Während Dr. Bretschneider mit sich rang, beobachteten ihn die beiden Frauen verstohlen und Sandra amüsierte sich dabei prächtig. »Du bist richtig süß, Mario, wenn ich noch nicht vergeben wäre, ich glaube, ich würde dich vernaschen.«
Karin dagegen lächelte grimmig, aber in ihren Augen blitzte der Schalk. Sie überlegte, ob sie den Doktor noch ein wenig zappeln lassen sollte, aber als sie sein müdes Gesicht und seine flehende Miene sah, sagte sie: »Ich habe bereits mit Haupt gesprochen. Er ist mit mir einer Meinung, dass wir die Sache nicht an die große Glocke hängen wollen. Um einen saftigen Anschiss wirst du aber nicht herumkommen. Haupt wird dir sicher noch ein paar Takte erzählen. Aber«, und dabei winkte sie ab, »das überlebst du.« Karin sprach dabei aus eigener Erfahrung. Aber was sie Dr. Bretschneider nicht verriet, war der Umstand, dass sie lange
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