Vollstreckung - Sturm, A: Vollstreckung
Steffen kramte sein Notizbuch hervor, blätterte kurz darin und sprach weiter: »Der Vorfall wurde von einer Spaziergängerin beobachtet. Sie hatte sogar die Nerven, sich das Kennzeichen zu notieren. Den Fahrer hat sie leider nicht gesehen, weil alles viel zu schnell ging. Es wurde sofort eine Fahndung eingeleitet und der Wagen ist auch schon gefunden wurden. Er stand verlassen, etwa einen Kilometer von der Gaststätte entfernt. Das Fahrzeug war gestohlen und der rechtmäßige Besitzer hatte noch keine Ahnung von seinem Verlust, als die Kollegen bei ihm klingelten. Das Auto müsste jetzt schon bei der KTU sein. Für den Wirt kam jede Hilfe zu spät, er verstarb noch am Ort des Geschehens.«
»Damit ist auch die letzte Spur zu dem verbrecherischen Bullen im …« Karin sprach das Wort nach einem vorsichtigen Blick zu Haupt nicht aus. Sie wusste, dass ihr Chef kein Freund von Kraftworten war und schon bei ihrer ersten Entgleisung war ein warnender Blick in ihre Richtung gesandt worden. »Wer den Gastwirt ermordet hat, ist auch klar. Da hat jemand schön hinter sich saubergemacht. Der Wirt war die einzige Person, die den dritten Skatspieler kannte und die auch uns bekannt war. Einen kleinen Strohhalm haben wir noch. Steffen, fahre bitte zu der Frau des Wirtes, vielleicht hat sie unseren Mann gesehen und kann ihn beschreiben.«
»Tut mir leid«, sagte Steffen resignierend. »Die Hoffnung muss ich zerschlagen. Die Frau war durchaus ansprechbar und da habe ich die Gelegenheit beim Schöpfe ergriffen und mich gleich mit ihr unterhalten. Die Frau ist so voller Wut über den Fahrer, dass sie ohne zu zögern Auskunft gab. Sie hielt sich während der Öffnungszeiten immer in der Küche auf. Da sie alle Arbeit allein erledigen musste, kam sie fast nie in die Gaststube. Sie kannte die Herren Musketiere nur aus den Erzählungen ihres Mannes. Angestellte hatte das Ehepaar keine.«
»Die einzige Person, die diesen Beamten kennt, ist also unsere Mörderin. Sie hat dieses Wissen ja auch aus Schlott herausgequetscht.« Karin war wütend. In diesem Fall zerbrachen die Spuren wie dünnes Glas. »Wir kommen nur über die unbekannte Frau an ihn heran. Im Krankenhaus ist sie übrigens auch aufgetaucht. Sie hat Sarah besucht. Ihren Namen hat sie natürlich nicht hinterlassen und unterhalten hat sie sich auch nicht. Nur traurig gelächelt.«
»Gelächelt?« Jan wurde hellhörig. »Auch die Nachbarstochter hat das Lächeln der Frau erwähnt. Ich habe nicht viel darauf gegeben, da das Mädchen gerade zehn Jahre alt war, als sie ihr begegnete. Aber wenn sich mehrere Personen nach drei Jahren noch an ein Lächeln erinnern, dann muss es wohl einen bleibenden Eindruck hinterlassen haben.«
»Das hilft uns leider auch nicht weiter. Lächelnde Frauen gibt es viele. Von fast jeder Illustrierten grinsen sie dich an.« Karin wollte die Versammlung beenden, da sie mit Sandra noch zu der ehemaligen Kommilitonin von Sarah wollte. »Ich schlage vor, ihr versucht den Rest des Sonntags noch zu genießen, wir sehen uns am Montag.«
12. Kapitel
»Olivia Rosen ist Grafikerin. Sie ist achtunddreißig Jahre alt und hat gemeinsam mit Sarah studiert. Nach einem Jahr wechselte sie die Studienrichtung und studierte Kunst. Sie war mit dabei, als Sarah 2002 wegen Drogenbesitzes verhaftet wurde.« Während des kurzen Fußweges vom Auto bis zu Frau Rosens Haus informierte Sandra Karin über die ehemalige Kommilitonin von Sarah Lefort.
»Über den damaligen Vorfall habe ich nicht mehr als nur eine kurze Aktennotiz finden können, wahrscheinlich handelte es sich nur um eine Bagatelle.«
»Für eine Notiz in Sarahs Vorstrafenregister hat es jedenfalls gereicht. Hoffentlich erzählt uns Frau Rosen mehr über diese Geschichte.« Sandra hörte es an Karins Tonfall, dass diese sich nicht allzu viel von dem Besuch versprach.
Das Haus der Grafikerin konnte von der Straße nicht eingesehen werden. Eine alte Mauer aus Sandsteinen verbarg das Anwesen vor neugierigen Blicken. Nach Sandras Klingeln ertönte der Summer und die beiden Kommissarinnen betraten das Grundstück. Der Anblick, der sich ihnen bot, verschlug den beiden Frauen die Sprache. Ein bewusst wild gehaltener Garten, der aber durchaus die pflegende Hand eines Gärtners erkennen ließ, breitete sich vor ihren Blicken aus. Durch mehrere, geschickt angelegte Wege erschien der Garten viel größer, als er eigentlich war.
»Mein Gott, ist das schön!«, rief Sandra, nachdem sie sich sattgesehen hatte, entzückt aus.
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