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Vom Baum Der Erkenntniss

Titel: Vom Baum Der Erkenntniss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Gutzkow
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einer Gesellschaft etwas mittheilen und wurdest dabei zufällig unterbrochen, so sorge, daß man nicht vergißt, auf dein Vorhaben wieder zurückzukommen. Wie einmal die Welt ist, macht sie aus deiner Bescheidenheit Unbedeutendheit.
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    Weise ist derjenige, der zugleich gut von Natur und gut aus Ueberzeugung ist. Mit andern Worten der, dessen Verstand ihn zwingen würde, gut zu sein, wenn er nicht schon gut von Natur wäre.
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    Der schönste Schmuck eines großen Menschen ist seine Harmlosigkeit. Freilich gehört selbst eine Art Größe dazu, sich in die Natürlichkeit und Einfachheit eines großen Menschen finden zu können.

Die Zeit.
    Gereiche es dir zum Trost, daß, wie ein Bild, alles Schöne und Gute, bis es erkannt wird, erst nachdunkeln muß.
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    Immer mehr werden in unsern Tagen die Schäden zum Ausbruch kommen, wo man am Körper Europa's auf die Symptome curirt hatte, während der Sitz des Nebels in der Tiefe lag.
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    Ihr klagt über unsern Mangel an freier Bewegung, über unser vom Staat bevormundetes Leben, undgebt nur einmal einigen Männern, etwa in einem Comité, in einem gewählten Vorstand, eine Gewalt, eine Berechtigung, etwa an einen zum Dienen Verpflichteten Befehle oder Verweise ertheilen zu dürfen, wie werft ihr euch in die Brust, wie umgebt ihr euch mit dem Nimbus der Offizialität, wie versteht ihr sogleich die Tyrannen zu spielen!
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    Im achtzehnten Jahrhundert hatten die Menschen eine Leidenschaft, sich gegenseitig groß und bedeutend zu finden. Im neunzehnten kann man sich nicht genug bis ins Armseligste anatomiren.
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    Die Welt wird noch Dinge erfüllt erleben, von denen man jetzt nicht das Aussprechen der leisesten Ahnung dulden würde. Unwiderstehlich ist die Macht der Natur und Gerechtigkeit.
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    Ich habe Ahornbäume so gestutzt und zersägt gefunden, daß sie hölzernen Kandelabern glichen. Jahrelangtrieben sie kaum noch einige Blätter, bis sie sich doch zuletzt wieder mit ihrem vollen grünen Schmuck bekleideten. Sie glichen Völkern, die man für überlebt erklären will.
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    Dahin haben wir es denn doch gebracht, daß unsere Geheimenräthe, die wirklichen mit Excellenzrang, einsehen, Politik treiben heißt einen Puls mit bedeutend mehr als siebzig Schlägen in der Minute haben. Sie brauchen nur auf ihre Chefs, die Herren Minister, zu sehen, wenn diese aus den Kammern kommen oder neue Wahlen anordnen. Die Vorläufer des Fortschritts, unsere armen Märtyrer aus den Zeiten nach den Befreiungskriegen, schickte man, nur wegen dieses beschleunigten Pulsschlags, auf Festungen und in die Zuchthäuser.
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    Welche Fortschritte hat doch unsere Zeit im Religiösen gemacht! Ein neuerer Dichter nennt seine geistlichen Gedichte auf dem Titel selbst schon »Fromme Lieder.« Ob wol je Paul Gerhard oder Gellert gewagt hätten, die ihrigen so zu nennen?
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    »Gläubige Jünglinge – « werden aufgefordert, sich zu melden, wenn sie in ein Seminar eintreten wollen. – Wenn ein Faust verzweifelte und dann von Ostermorgengesängen mit Rührung ergriffen wird, wenn er den Glauben der Kinderseele aller Weisheit der Welt deßhalb vorzieht, weil uns dieser in die Zeit zurückführt, wo wir noch schuldlos waren und die Leidenschaften des Lebens nicht kannten, dann mag man von »Gläubigkeit« des Jugendgemüths sprechen. Aber Jünglinge, die kahlen Bäumen gleichen, die sich erst belauben sollen, Jünglinge, die sich mit den Runen der Wissenschaft erst die leeren Seiten ihrer Seele zu füllen haben, Jünglinge der Unreife, die schon einen geschlossenen Phalanx bewußter Christlichkeit bilden wollen, welche trübe Verirrung des Zeitgeistes! Die Fürsten und die Minister glauben zwar, weil der Widerspruch gegen diese Erscheinungen nur im Allgemeinen schwach ist, so würden sie von der öffentlichen Meinung gebilligt. Sie irren sich. Die Stille im Lande über dies heuchlerische Gebühren ist nur die Folge der Furcht. Nicht so sehr der Furcht, sich die allerdings fast unerläßliche Gunst der Großen zu verscherzen, als jener, durch Widerspruch den Geist der Unzufriedenheit zu mehren, den jene so bewußt gepflegte Gläubigkeit entfernen soll. Man willes den Regierungen glauben, daß die Gefahren der Anarchie groß seien, man hat diese Anarchie erlebt und wünscht nicht ihre Wiederkehr. Aber nur daher jenes Schweigen. Es ist das Schweigen des Geschehenlassens, nicht der Zustimmung. Die Familienväter machen es in der Stille mit ihren Kindern ab, daß auf geistig freien Wegen kein Heil mehr

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