Vom Dämon versucht - Rowland, D: Vom Dämon versucht
Fetzen ihrer Essenz zurückgeblieben waren. Der Doc hatte jede Menge Erfahrung, da er in Las Vegas und Houston gearbeitet hatte, bevor er den Job in St. Long übernommen hatte, und ich hatte großes Vertrauen in seine Meinung.
Okay. Ich konnte nichts anderes tun, als mich zu gedulden. „Brauchen Sie … äh … Hilfe?“, erkundigte ich mich bei Carl.
Er hob den Kopf und sah mich an, als hätte er mich noch nie zuvor gesehen. Ich konnte nicht sagen, ob dieser Blick etwas Unheimliches hatte oder nicht.
Ein leichtes Zucken, das man vielleicht als Lächeln interpretieren konnte, huschte über sein Gesicht, dann deutete er mit dem Kopf auf einen Beistelltisch. „Da sind Handschuhe und ein Kittel.“
Ich wandte mich dem Tisch zu und versuchte, nicht das Gesicht zu verziehen. Ich hatte eigentlich nur aus Höflichkeit meine Hilfe angeboten und nicht, weil ich tatsächlich mit Leichen herumhantieren wollte, aber jetzt konnte ich keinen Rückzieher mehr machen. Ich fand einen Kittel, zog mir das blaue Plastikteil über den Kopf und band es an der Hüfte zusammen, wie ich es beim Doc und bei Carl gesehen hatte. Dann zerrte ich zwei Handschuhe aus dem Karton, auf dem „klein“ stand, und schlüpfte hinein.
Carl hatte den Leichensack aufgeklappt, und darin kam Carol Roth zum Vorschein. Das Tuch war immer noch um ihren Hals gewickelt, feucht und schlaff von der Feuchtigkeit aus dem Kühlraum, der Stoff hob sich dunkelrot gegen die wächserne Blässe ihrer Haut ab. Jetzt waren die Leichenflecken deutlich zu sehen, und ich entdeckte leichte Fesselmale an ihren Handgelenken und Knöcheln. Eine kleine Fesselaktion, bevor sie mit der Atemkontrolle gespielt hatten, oder war da noch mehr? Zu meiner Erleichterung spürte ich ein ganz schwaches Vibrieren von Lebensenergie. Ich wusste, dass sie nicht mehr lange erkennbar sein würde. Verstohlen berührte ich mit einem behandschuhten Finger den Arm der Leiche, um mich zu überzeugen, dass sie sich „normal“ anfühlte.
„Blöde Art zu sterben“, murmelte Carl.
Er überraschte mich zunehmend mit seiner Gesprächigkeit. Oder vielleicht war es auch nur mein Vorurteil, dass er emotionslos und mürrisch war, weil ich nie wirklich die Gelegenheit gehabt hatte, mit ihm zu reden.
„Das stimmt“, erwiderte ich. Ich begriff nicht, wieso man für einen erotischen Kick das Risiko zu sterben auf sich nahm.
Carl ging auf die andere Seite des Metalltisches, dann griff er quer hinüber, packte die Leiche an einem Arm und einem Knie und zog sie mit einem beherzten Ruck zu sich heran. „Sie war leicht“, sagte er und streckte ihre Arme und Beine auf dem Tisch aus.
Ich runzelte die Stirn. Mir fiel plötzlich Jills Bemerkung ein, dass Brian und Carol Eheprobleme gehabt hätten. „Sie meinen, sie war leicht zu haben und ist durch die Betten gehüpft?“
Er hielt inne, seine Hände lagen auf ihren Beinen, und er sah mich an. „Eigentlich meinte ich ihr Gewicht. Es ist nicht ganz so schön, eine Leiche zu bewegen, wenn sie zweihundert Kilo wiegt.“
„Oh. Stimmt.“
Er sah mich weiter an, die Hände immer noch bewegungslos auf den Schenkeln der Frau. „Aber es ist komisch, dass Sie das sagen.“
„Was? Dass sie durch die Betten gehüpft ist?“
Er machte eine kleine Kopfbewegung, die ich mit ziemlicher Sicherheit als ein Nicken einordnen konnte. „Sie hatte einen gewissen Ruf.“
Das eröffnete natürlich eine ganz andere Dimension. „Hat sie Brian betrogen?“
„Das weiß ich nicht. Sie war schon einmal verheiratet, mit einem Rechtsanwalt aus Mandeville. Angeblich hat er sie mit einem der anderen Anwälte erwischt, die in seiner Kanzlei gearbeitet haben. Er hat sich scheiden lassen.“
Also war es vielleicht am Ende gar nicht Brian gewesen. Ein kurzes Gefühl der Erleichterung durchlief mich bei dem Gedanken. Ich wusste, dass ich meine Hoffnung – zumindest in diesem Moment – auf reinen Tratsch über Carol stützte, aber ich wusste auch, dass es noch eine Menge anderer Leute im Department gab, die genauso denken würden, wenn Brians Name reingewaschen werden konnte.
Ich legte den Kopf schräg und betrachtete Carl in einem vollkommen neuen Licht. „Woher wissen Sie das alles?“
Wieder huschte dieses knappe Lächeln über sein Gesicht. „Die meisten Leute mögen die Arbeit nicht, die ich mache, deswegen streichen sie mich sobald wie möglich aus ihrem Kopf. Sie vergessen, dass ich da bin, und ich höre so einiges.“
Ich musste lachen. „Sie kennen sicher ziemlich
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