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Vom Ego zum Selbst: Grundlinien eines spirituellen Menschenbildes

Vom Ego zum Selbst: Grundlinien eines spirituellen Menschenbildes

Titel: Vom Ego zum Selbst: Grundlinien eines spirituellen Menschenbildes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylvester Walch
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transpersonale Identitätserweiterung und Entfaltung einer unabhängigen Persönlichkeit.
    Lange Zeit haben sich Spiritualität und Psychotherapie nicht nur nebeneinanderher entwickelt, sondern sogar kritisch beäugt, als würde das eine dem anderen schaden. Auch wenn die Kluft inzwischen kleiner geworden ist, braucht es sicher noch einige Zeit, bis sich ein integrales Verständnis durchsetzt. Unglaubliche Synergieeffekte könnten daraus erwachsen. Die Psychotherapie sieht es als ihre Aufgabe, Menschen zu helfen, die am Leben leiden. Im Mittelpunkt stehen dabei Ängste, Minderwertigkeitskomplexe, Süchte und Beziehungsprobleme. Aber auch Menschen mit Depressionen, Stress oder psychosomatischen Beschwerden wird geraten, sich psychotherapeutisch behandeln zu lassen, nachdem medikamentöse Versuche gescheitert sind. In jüngerer Zeit sind es auch Identitätsprobleme, Traumata, existenzielle Verunsicherung, Burn-out-Syndrome oder Mobbing, deren Bewältigung im Psychischen gesucht wird. Dann gibt es auch einigermaßen gesunde Personen, die Interesse an der Entfaltung ihrer Persönlichkeit haben, sich selbst besser verstehen oder in Entscheidungsfragen gecoacht werden wollen. Die Hauptarbeit besteht darin, mehr Bewusstheit über die innerseelischen Bedingungen zu erlangen, sein Gewordensein auf dem Hintergrund der Lebensgeschichte zu verstehen und sich von Einschränkungen früherer Erfahrungen freizumachen, um entsprechend den vorhandenen Potenzialen das Leben zu gestalten. Wer wieder Verantwortung für sein Leben übernimmt, sich selbst und andere wertschätzen kann und bereit ist, Konflikte direkter auszutragen, ist offener für neue Erfahrungen. Darüber hinaus kann das Leben tiefer erfahren werden, wenn man sich seiner Emotionen bewusst ist, sie zeigen kann, fähig ist, zu leiden und Krisen zu durchleben. Aus der Versöhnung mit der eigenen Geschichte erwachsen neues Zutrauen zu sich selbst sowie authentisches, kreatives und spontanes Handeln. Psychotherapie ist also eine Hilfe auf Zeit, um Störungen zu beheben und die Entwicklung wieder in Fluss zu bringen.
    Erweiterte Selbsterforschung durch veränderte Bewusstseinszustände, wie sie etwa im Holotropen Atmen, in schamanischen Reisen oder spontanen Entgrenzungen erfahrbar wird, vermittelt ein transpersonales Identitätsgefühl. Dabei wird ersichtlich, dass das, was den Menschen ausmacht, mehr ist als nur seine Lebensgeschichte, Rollen oder soziale Einflüsse. Paranormale Wahrnehmungen, der Zugang zu kollektiven Speichern und universellen Wissensstrukturen machen deutlich, dass die Person von einem Wesensfeld, das Raum- und Zeitgrenzen überschreitet, umgeben ist. Der Schritt zur Spiritualität als einem lebenslangen Weg der Bewusstseinstransformation ist klein. Mit dem Erwachen des universalen Selbst rückt die Sehnsucht, dem Geheimnis des Lebens auf die Spur zu kommen, in den Vordergrund. Weitere Triebfedern der spirituellen Suche sind, zu erkennen, wer man wirklich ist, einen tieferen Sinn im Leben zu finden, die Wurzeln des Seins zu ergründen und ein zufriedenes Leben zu führen. Die Mystik offenbart ihre Schätze demjenigen, der dem Wohlergehen aller dient, sein Ego zurückstellt und aus dem universalen Selbst heraus lebt.
    Da früher diese unterschiedlichen Felder als voneinander unabhängig betrachtet wurden, waren Komplikationen vorprogrammiert. Wenn man beispielsweise im Laufe einer psychotherapeutischen Behandlung mit religiösen Themen, Lichterfahrungen oder erweiterten Seinszuständen in Kontakt kam, wurde dies allein mit frühkindlichen Sehnsüchten oder biographischen Belastungen in Zusammenhang gebracht. So sah jemand eine strahlende blaue Perle vor seinem inneren Auge, und der Therapeut interpretierte das als unbewussten Wunsch nach Reichtum oder Ansehen. Erlebte man sich plötzlich von etwas Größerem getragen, wurde daraus eine Sehnsucht nach Harmonie oder eine nicht gelöste Abhängigkeit von der Mutter gefolgert. Zweifellos kann man nicht ausschließen, dass diese Deutungen auch manchmal zutreffen können, doch meistens liegt man damit falsch. Wenn psychische Blockaden, die den inneren Kern schützen, gelockert werden, beginnt sich auch das universale Selbst auszudehnen. Die daraus hervorströmenden selbstorganisierenden Energien beinhalten enorme Heilungsressourcen. Wenn sich ein Klient aber missverstanden fühlt, zieht er sich zurück und lässt die Schutzschicht wieder dicker werden. Der Therapeut stellt sich sozusagen mit seinen Konzepten

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