Vom Himmel hoch
Spurensicherung, dass im Umkreis des Tatorts keine Spuren entdeckt
worden waren. Hauptkommissar Jürgensen wirkte bei dieser Frage etwas
verschnupft, was trotz seiner permanenten Erkältung nicht zu überhören war.
»Selbstverständlich haben wir alles gründlich
abgesucht, junger Kollege«, erklärte er leicht pikiert. »Aber bei diesem
Scheißwetter, das ihr euch an der Westküste anlacht, werden auch die
interessantesten Spuren vernichtet.«
Mommsen knirschte mit den Zähnen. Er wählte die Nummer
von Frauke Dobermann und stellte vorsichtig die Frage, ob die Mordkommission
bereits eine Befragung der Anwohner des Marktplatzes vorgenommen hätte.
Zu seiner Verblüffung siezte sie ihn wieder, nachdem
sie während der kurzen Zeit ihrer Zusammenarbeit das vertraute »Du« benutzt
hatte.
»Ich wüsste nicht, welches Interesse die Außenstelle
Husum an dieser Frage haben sollte. Im Unterschied zu anderen Kollegen zeigen
wir uns aber immer zur Teamarbeit bereit. Daher kann ich Ihnen versichern, dass
wir selbstverständlich eine Befragung vorgenommen haben.«
Mommsen schluckte. Diese Frau war wirklich bissig. In
der Landeshundeverordnung stand mit Sicherheit, dass ein Dobermann zu den
Rassen gehört, die nur mit einem Maulkorb in die Öffentlichkeit gelassen werden
dürfen. Endlich einmal ein Punkt, in dem Mommsen den Politikern nicht
widersprechen wollte.
»Es wäre für unsere Arbeit aber von Interesse, welche
Beobachtungen Anwohner in Verbindung mit dem gestohlenen Fahrzeug gemacht
haben«, fiel ihm dann jedoch noch rechtzeitig ein. »Natürlich können wir auch
noch einmal eine Befragung durchführen. Ich könnte mir aber vorstellen, dass
Dr. Starke von dieser Art der Beschäftigungstherapie nicht sehr angetan ist,
zumal wir in Husum personell weit unter der Planbesetzung liegen.«
Frau Dobermann wirkte über diese Wendung des Gesprächs
nicht sehr erfreut. Sie klärte Mommsen auf, dass niemand etwas von nächtlichen
Aktionen auf dem Marktplatz mitbekommen habe.
Mit dem Ergebnis seiner Recherchen war Mommsen um
einige Hoffnungen ärmer. Sie mussten den Lkw finden. Ohne diesen hatten sie im
Augenblick keine andere interessante Spur.
Unklar war auch der Verbleib des Fahrers, Davor
Bardolic. Der Mann war wie vom Erdboden verschluckt. Ein eigenes Auto besaß er
nicht. Also musste er sich auf anderem Wege aus Bredstedt entfernt haben.
Als Nächstes plante Mommsen, Reisebüros, die
Fahrkartenausgabe auf dem Bahnhof in Bredstedt, aber auch andere Informationsquellen
wie Flughafen und Grenzübergänge zu befragen.
Wenn Bardolic unterwegs war, musste er irgendwann
einmal einen Geldautomaten aufsuchen. Vielleicht würde dessen Standort
Aufschluss geben.
Mommsen versuchte, Dr. Starke zu erreichen, da die erforderliche
Genehmigung weisungsgemäß nur durch den Kriminalrat eingeholt werden durfte.
Der hörte sich Mommsens Ausführungen an, lehnte dann
aber brüsk ab. Gegen Bardolic würde nichts vorliegen, was solch einen
schwerwiegenden Eingriff in das Bankgeheimnis rechtfertigen würde.
Mehr konnte Mommsen im Augenblick nicht unternehmen.
*
Von Kleinwächters Werkstatt war es nur ein
Katzensprung zum »Friesischen Metallbau«.
»Ach, die schon wieder«, stöhnte Carsten Fröhlich, als
Christoph und Große Jäger das Großraumbüro betraten.
Fröhlich saß auf der Vorderkante seines Schreibtischs
und erweckte den Eindruck, als würde er gerade eine Rede an seine Kollegen
halten.
Mit einem kurzen Rundblick registrierte Christoph,
dass zwei Schreibtische aufgeräumt waren. Die Bildschirme waren ausgeschaltet.
Kurt Schönborn hatten sie vorhin beim Spaziergang am
Marktplatz gesehen. Der zweite freie Platz gehörte Volker Schwarz. Dafür war
jemand anwesend, den sie gestern noch nicht gesehen hatten.
Christoph ging auf den blonden Mann mit der gesunden
braunen Gesichtsfarbe zu.
»Johannes, Kripo Husum. Das ist mein Kollege Große
Jäger«, stellte er sich und den Oberkommissar vor.
Der andere streckte ihm die Hand entgegen. Es war ein
fester Händedruck.
»Ich bin Anders Sørensen.«
»Sie haben von Ihren Kollegen bereits gehört, was
geschehen ist?«, fragte Christoph.
Der Däne nickte.
»Wir haben in diesem Zusammenhang noch einige Fragen
an Sie.«
Der Mann zeigte sofort Bereitschaft, den beiden
Beamten zur Verfügung zu stehen. Er wollte es gleich an Ort und Stelle erledigt
wissen, doch Christoph bat ihn in das leer stehende Büro des Ermordeten.
Sørensen entnahm seinem Schreibtisch
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