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Vom Internet ins Ehebett (German Edition)

Vom Internet ins Ehebett (German Edition)

Titel: Vom Internet ins Ehebett (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Berg
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Überlegen war dies nicht wirklich eine Überraschung. Auch für Männer in meinem Alter war es nicht leicht, eine passende Partnerin zu finden. Außer sie lief ihm an seinem Arbeitsplatz über den Weg. Kein Wunder, dass manche einsam waren und auch sehr unter dieser Einsamkeit litten. Dennoch: Ich wollte keinen Mann, der mein Mitleid erregte. Die kamen auf den Stapel »Standardabsage«. Dazu auch all die, die bereits ihre Telefonnummer geschickt hatten und einen Anruf erwarteten. Dann fielen die zu jungen (unter vierzig) und die zu alten (über fünfundfünfzig) von der Auswahlliste.
    »Auswahlliste«, ich musste grinsen. Wann hatte eine Frau je so viel Auswahl gehabt? Also, ich sicherlich noch nie. Nicht einmal, als ich siebzehn war. Nein, da schon gar nicht. Ich verfügte jetzt sicher über mehr Ausstrahlung und Charme als damals. Vom Selbstbewusstsein ganz zu schweigen!
    Und natürlich bekamen alle »in Trennung Lebenden« oder »unglücklich Gebundenen« eine Absage. Ich hatte nicht vor, Carlas Schicksal zu teilen. Ich brauchte keinen Konrad, der kam und ging, wann es ihm passte. Und mich, sehnsüchtig wartend vor dem Telefon, gefühlsmäßig verhungern ließ. Schließlich blieben immer noch zwölf Männer übrig. Vor meinem geistigen Auge erschien das Bild von Herrn Professor Meierhofer. Ich hatte sein Gesicht auf dem Prospekt des letztjährigen Kongresses gesehen. Ein ernster Mann mit schütterem Haar und einer randlosen Brille. Er hatte starr in die Kamera geschaut, als man diese Aufnahme von ihm machte. Allerdings nicht so streng und ungehalten, wie er nun in meinem Kopf auftauchte. Er schien auf die Uhr zu schauen und mahnend auf das Zifferblatt zu klopfen, wie Carla das gern tat. Es war höchste Zeit, sich dem fachlichen Thema zu widmen. Die zwölf Männer mussten warten.

 
XI
    »Roli, hast du manchmal das Gefühl, ich hätte einen Verfolgungswahn?«
    Es war wieder einmal Sonntag. Das gemeinsame Frühstück war beendet. Das schmutzige Geschirr stand noch auf dem Tisch, und ich war gerade dabei, die Teller zusammenzustellen. Hubert war mit Marie und Puxi zu einem Spaziergang aufgebrochen. Keine Rede mehr davon, dass die kleine Pudeldame kein »richtiger« Hund war. Sie hatte ebenso schnell das Herz meines Schwiegervaters erobert wie meines. Meine Jungs hatten sich wieder einmal zu Jordy verdrückt und würden erst zum Abendessen nach Hause kommen.
    Es war mir schon aufgefallen, dass Carla ungewohnt schweigsam war. Sie arbeitete viel in letzter Zeit, war kaum zu Hause. Oft war es erst gegen Mitternacht, dass ich ihren blauen Flitzer vor unserem Haus vorfahren hörte. Sie konnte nur froh sein, dass sich Frau Holzinger und Tony stets mit der Kinderbetreuung abwechselten. Ihr Verhältnis zu Konrad schien auch merklich abgekühlt. Zumindest hatte ich seit Tagen seine Limousine nicht mehr vor unserem Haus stehen sehen.
    »Verfolgungswahn?«, wiederholte ich und überlegte. »Nein, das wäre mir noch nicht aufgefallen. Du hast jede Menge Macken, meine Liebe, aber dass Verfolgungswahn dazugehören würde, das wäre mir neu.«
    Die letzten Worte waren eigentlich scherzhaft gemeint, doch Carla war offensichtlich nicht zum Scherzen zu Mute. Sie war blass und rauchte und starrte durch mich hindurch.
    Ich ließ die Teller stehen und setzte mich zu ihr. »Ist etwas mit dir und Konrad?«, fragte ich. Ich hatte noch gut eines unserer letzten Gespräche in Erinnerung.
    Carla fuhr aus ihren Gedanken auf. »Konrad.«, das klang abfällig, »Konrad kann mich mal.«
    Oh, oh, oh, was war denn das für eine ungewohnt undamenhafte Ausdrucksweise? Da lag einiges im Argen.
    »Ich habe Schluss gemacht. Vorigen Dienstag.«
    Aha. Und das erfuhr ich erst heute? Und auch nur deshalb, weil ich danach gefragt hatte? Wann hatte ich Carla das letzte Mal gesehen? Den letzten Sonntag hatte sie im Büro verbracht. Ein wichtiges Geschäft vorbereitet, das sie in dieser Woche unter Dach und Fach bringen wollte.
    »Geht es dir sehr nahe?« Ich goss ihr noch eine Tasse Kaffee aus der Thermoskanne ein.
    Mit einer fahrigen Bewegung strich sie sich die Haare aus dem Gesicht. Sie müsste dringend zum Friseur. An ihrem Haaransatz zeigte ein deutlicher grauer Streifen, dass der rotblonde Pagenkopf in den letzten Jahren nur mehr mithilfe von Chemie seine leuchtende Farbe bewahrt hatte. Was um Himmels willen war mit meiner Freundin los? In der Firma müsste doch längst wieder alles im Lot sein.
    »Nein, Roli, es geht mir nicht nahe. Es war höchste

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