Vom Internet ins Ehebett (German Edition)
gefürchtet, Ihre Kollegin hättemich für einen Unhold gehalten. Schließlich hatten wir beide uns recht nett unterhalten. Und da kam sie ohne Vorwarnung hergestürmt, packte Ihren Arm und schleifte Sie unbarmherzig aus dem Saal.«
Ich lachte: Von dieser Warte aus hatte ich das Geschehen noch nicht betrachtet. »Das war keine Kollegin, sondern meine Freundin. Carla.«
»Aha, Carla. Und wie heißen Sie?«
Er hatte mir beim Büffet seinen Namen gesagt – doch ich war nicht mehr dazu gekommen. Höchste Zeit mich vorzustellen: »Ich heiße Rosalind. Rosalind Steinberg.«
»Rosalind«, er wiederholte den Namen, als wolle er den Klang auf sich wirken lassen. »Rosalind. Ein schöner Name. Er hat so etwas Verträumtes, ein wenig Altmodisches. Und da ich mir nicht vorstellen kann, dass du altmodisch bist, werde ich dich Rosi nennen. Rosi passt zu dir, finde ich. Ich bin Greg.«
»Ich weiß, Herr Neuhof«, sagte ich bewusst formell. Der Mann hatte Nerven. Wie kam er dazu, meinen Namen als altmodisch zu bezeichnen? Natürlich war Rosalind ein altmodischer Name. Aber so etwas sagt man doch nicht!
»Macht’s dir was aus, mich Greg zu nennen?«, er grinste fröhlich. »Herr Neuhof klingt so dienstlich. Und ich habe jetzt Ferien, zwei ganze Tage lang. Bevor am Montag die Arbeit wieder losgeht. Und wir können uns auch gleich duzen. Wir werden jetzt vier Tage zusammen sein, da bleibt das ohnehin nicht aus. Also warum nicht sofort damit anfangen?«
Ich hatte nichts dagegen, ihn zu duzen. Ich fand ihn amüsant. Ungewöhnlich, aber amüsant. Und so offen und geradeheraus – da war wirklich kein Platz für formelle Distanz. Wolfram war der Typ, mit dem man länger per Sie war. Zumindest der Wolfram, den ich an Margarites Seite kennen gelernt hatte. Im Internet hingegen war das Duzen üblich. Bernhard war sofort per Du gewesen.
»Du hast also doch etwas dagegen?«, Greg war verwundert. Er hatte mein Schweigen falsch interpretiert.
Ich beeilte mich, diesen Eindruck zu berichtigen: »Nein, ach woher denn! Allerdings: Was heißt, wir sind vier Tage zusammen?«
»Ich fahre zu demselben Kongress.«
»Aber du bist doch wirklich Architekt, oder?«
»Bin ich. Dennoch hat man mich zu eurem Kongress eingeladen. Man war durch meine Veröffentlichungen in den Medien auf mich aufmerksam geworden. Ich schreibe Artikel zum Thema Feng Shui in allen Lebensbereichen. Und ich habe auch bereits zwei Bücher darüber veröffentlicht. Am Montag halte ich daher einen Vortrag über Feng Shui in Zahnarztpraxen.«
Über Feng Shui hatte ich natürlich schon einiges gehört. Aber das war nicht genug, um mir wirklich ein Bild davon machen zu können.
»Und du«, erkundigte sich mein Sitznachbar, »bist du nur Teilnehmerin oder gibst du auch etwas zum Besten?«
Ich nannte den Titel meines Referats, und er verzog anerkennend das Gesicht. »Das klingt beeindruckend. Ich habe ja zum Glück noch alle Zähne«, er ließ eine makellose, perfekt gepflegte Zahnreihe aufblitzen, »aber wenn’s einmal soweit sein sollte, kann ich mir Implantate auch besser vorstellen als ein Gebiss im Wasserglas. Bleibst du nur bis zum Ende des Kongresses am Mittwoch, oder hängst du noch ein paar Tage dran, um Wien und seine wunderschöne Umgebung zu erkunden?«
»Nein, ich bleibe nur bis Mittwoch. Zum Erkunden muss dieses Wochenende ausreichen. Ich weiß, das ist viel zu kurz für eine Stadt, die so viel zu bieten hat. Aber ich muss zurück – ich möchte meine Söhne nicht zu lange allein lassen. Außerdem warten meine Patienten. Und du?«
»Ich bleibe sogar noch ganze vierzehn weitere Tage in Österreich. Allerdings leider nicht zum Sightseeing. Ich bin beruflich unterwegs. Im Raum Wien habe ich eine ganze Anzahl von Kunden, die mir ihre Häuser zeigen wollen. Einer davon, ein Industrieller, hat eine Riesenvilla in Niederösterreich. Er hat enorme Summen investiert – trotzdem fühlt er sich dort nicht wohl. Er hat schon überlegt, das nagelneueHaus völlig umbauen zu lassen. Ich denke, das wird gar nicht nötig sein. Wenn man weiß wie, kann man auch mit einfachen Mitteln erreichen, dass das persönliche Wohlbefinden und damit auch die Lebensqualität steigt.«
»Indem man ein Poster von einem Wasserfall auf die Küchentür hängt?«, warf ich ein. Diesen Ratschlag hatte ich erst neulich in einer Frauenzeitschrift gelesen. »Und indem man den Klodeckel zuklappt, damit der Reichtum im Haus bleibt.« Ich wusste, meine Stimme klang spöttisch. Aber ich fand diese
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