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Vom Liebesleben der Stechpalme: Roman (German Edition)

Vom Liebesleben der Stechpalme: Roman (German Edition)

Titel: Vom Liebesleben der Stechpalme: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Kolenda
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Haus?«
    »Ja, ich
wollte dich überraschen. Ich habe geklingelt. Einmal, zweimal. Nichts.«
    »Valeska,
aber … Ich war auch hier, im Haus!«
    »Warum hast
du mir nicht aufgemacht?«
    »Warum nicht?«
Er fuchtelte aufgeregt mit den Händen. »Weil hier laufend etwas kaputt ist. Die
Klingel, die Überwachungskamera. Alles! Komm mit, ich zeig dir, wo ich war.«
    Im Saal
hinter dem Vorhang befand sich eine Tür, die Jan öffnete. Wir stiegen die Treppe
hinunter, kamen an mehreren Fitnessräumen vorbei, bis wir vor einer weich gepolsterten
Tür stehen blieben.
    »Meine Vergangenheit«,
sagte er feierlich und machte die Tür auf. Neugierig blickte ich hinein. Drinnen
lagen keine Skelette oder Säcke voller Raubgut, wie ich es erwartet hatte. Das Zimmer
war weiß getüncht, möbliert mit einem Metallbett, Tisch, zwei abgeschabten Hockern
und einem Wandregal. Über dem Bett hing ein Foto von Vater Ambrosius, der das Waisenheim
geleitet hatte, in dem Jan aufwuchs.
    Mit einem
Kloß im Hals sah ich mich um. »Dein erstes eigenes Zimmer! Die gleichen Vorhänge
aus dicken Leinen . «
    Ich zog
den buntscheckigen Vorhang zur Seite, dahinter war nur die kahle Wand. »Das Fenster
ging zur Straße hinaus.«
    »Das stimmt,
ich wollte hier ein altes Foto mit Aussicht auf die Siedlung aufhängen. Wie findest
du das?«
    »Meine Liebe
zu sozialistischen Plattenbauten ist mit der Zeit zerbröckelt.«
    Seine Stimme
wurde rührselig. »Hier, auf dem Bett, saß ich, als du vor dem Haus gestanden hast,
und ich habe das Werk deines Vaters gelesen.« Er zog ein Buch aus dem Regal und
legte es in meine Hand: Gewölbter Pappdeckel, raues Papier, raue Seiten, die beim
Durchblättern rausfielen. Der Autor: Josef Lem. Der Titel: ›Kartoffel, Kohl und
Rübe. Drei Musketiere der fleischlosen Küche‹.
    Mit einem
Taschentuch trocknete Jan seine Tränen. »Die Erinnerung an unsere gemeinsame Zeit,
Valeska.«
    Nun brach
ich beinahe in Tränen aus. »Wenn ich dir irgendwie helfen kann, dann sag es ruhig.«
    »Du willst
mir wirklich helfen?«
    »Selbstverständlich.«
    »Du könntest
mir ein Alibi für den Nachmittag geben.«
    »Nichts
leichter als das!« Ich stieß ihn scherzhaft in die Seite. »Wäre ich nicht gekommen,
hättest du keins. Aber ich war ja da. Kurt war am Auto. Ich rannte alleine, um circa
16 Uhr, den Weg hoch, die Sehnsucht trieb mich. Verschwitzt kam ich an deine Haustür
und klingelte. Du hast sofort aufgemacht, mein grünes ärmelloses Kleid bewundert,
dann fielen wir uns in die Arme und plauderten ungefähr 20 Minuten im Rittersaal.
Danach hast du mich zur Haustür begleitet. Kurt wolltest du lieber nicht begegnen,
weil du schrecklich eifersüchtig bist.«
    »Das bin
ich wirklich, Valeska. Ich liebe dich immer noch.«
    Jetzt wollte
ich es wissen, ich wagte es, die Frage zu stellen: »Meinst du nicht, dass unsere
Beziehung eine zweite Chance verdient?«
    Jan warf
sich vor mir auf die Knie. »Valeska, das Bett sieht nur so klapprig aus«, flüsterte
er in die Falten meines Kleides.

6.
     
    Am Morgen danach saß ich am Fenster
im Frühstückszimmer und sah durch die Malvenblüten zu Ben hinüber. Er hielt sein
Vormittagsschläfchen im Schatten des Apfelbaumes, neben ihm hockte friedlich eine
Ente. Die Tiere in ihrer Gelassenheit zu sehen, war beruhigend. Besonders nach den
Abenden mit Jan, die eine Serie mit dem Titel ›Pleiten, Pech und Pannen‹ zu werden
drohte.
    Mit einem
fröhlichen Lachen kam Kurt herein. »Guten Morgen, liebe Valeska. Hast du heute schon
was vor?«
    Seine Frage
passte mir gar nicht, natürlich hätte ich gerne etwas unternommen, am liebsten mit
Jan, er war jedoch heute zu beschäftigt. »Ja, vielleicht. Und du?«
    »Oh ja,
ich wollte das Haus von Hauptmanns Bruder Carl in Szklarska Por ę ba besichtigen, hast du Lust, mitzukommen?«
    »Nein.«
    »Schade.«
Er setzte sich an den Tisch und klopfte vorsichtig mit dem Löffel sein Frühstücksei
ab. Seine gute Laune ärgerte mich. Boshaft fragte ich: »Ist es was Ernstes?«
    »Wie bitte?«
    »Herzrhythmusstörungen
vielleicht? Die Blässe ist bedenklich.«
    Sein Lächeln
wirkte gequält. »Ich?«
    »Nicht du.
Was fehlt deinem Ei? Nach deiner gründlichen Untersuchung müsste die Diagnose längst
feststehen.«
    Energisch
schlug er auf sein Ei ein, sodass er den Eierbecher vom Tisch fegte, das Ei auf
dem Fußboden zerbrach und auslief. Mein Kommentar ließ nicht auf sich warten: »Da
spielt das Testosteron verrückt. Heute Nacht wohl den Überschuss nicht

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