Vom Regen in die Traufe
zur Sp ä tschicht aufbrechen. Er lud Hermanni und Ragnar ein, am n ä chsten Tag in den Handelshafen zu ko m men. Dort w ü rden Schafe auf ein Viehtransportschiff geladen. Das war ein sehen s wertes Schauspiel, beteuerte er und ve r sprach, als Guide und Gastgeber zu fungieren, denn Au ß e n stehende hatten keinen Zutritt zum Hafen, vor allem sollte niemand beim Verladen der Schafe Zeuge sein.
Als Pekka weg war, holte Liisa aus der Schlafkammer zwei Paar Handschuhe, die auf traditionelle finnische Art aus Scha f wolle gestrickt waren und die sie Ragnar ü bergab. Sie bat ihn, die Handschuhe mitzunehmen und in Vantaa ihren beiden ä ltesten Kindern zu ü berbringen. Auf dem P ä ckchen stand die Adresse, aber per Post wollte Liisa es nicht schicken, denn der Sohn w ü rde bald zur Armee gehen und die Tochter hatte in ihrem letzten Brief angedeutet, dass sie m ö glicherwe i se in eine andere Mietwohnung umziehen m ü sste.
» Leena soll im kommenden Fr ü hjahr Abitur machen, und ich bin sehr in Sorge, ob sie klarkommt, nachdem wir auf die andere Seite des Erdballs gezogen sind. Manchmal habe ich so schreckliche Sehnsucht und bin so traurig, dass ich einfach weinen muss. «
Die Kinder hatten nicht mit den Eltern nach Neuseeland mitgehen m ö gen, sie hatten in Vantaa ihre Freunde, ihre Sch u le, das Studium, die Armee. Die Eltern schickten Geld nach Finnland, schrieben oft und wollten sich sogar ein Fax anscha f fen, damit die Briefe schneller ans Ziel kamen. Aber in Finnland hatten sie einfach nicht l ä nger bleiben k ö nnen. Liisa brach in Tr ä nen aus.
» Wir haben uns seit Jahren nicht gesehen … bitte nehmen Sie ihnen doch diese Handschuhe mit, es steckt f ü r jeden ein Gedicht drin, das wir selbst geschrieben haben, Pekka hat sich den Inhalt ausgedacht, ich habe gereimt … Falls die beiden umgezogen sind, ermitteln Sie doch freundlicherweise die neuen Adressen … ach, wahrscheinlich machen sich die ju n gen Leute heute gar nichts mehr aus solchen Sachen. «
Als Liisa sich beruhigt hatte, begann sie das Baby zu stillen.
» Aber wir haben ja dich, mein kleiner Abendstern … ja, wie sollen wir denn Mamas Sch ä tzchen nennen, Sari oder Marja? Oder Diana, da wir in einem englischsprachigen Land leben. «
Am n ä chsten Tag holte Pekka die beiden Gef ä hrten im H o tel ab und fuhr mit ihnen in den Hafen, dort stellte er seine Koll e gen vor und f ü hrte sie in seine Arbeitsbaracke. Pekka hatte die Oberaufsicht ü ber vierzig Gabelstapler und mehrere Containe r kr ä ne, Letztere waren ein Produkt der finnischen Kone AG. Wie er angek ü ndigt hatte, wurden im Hafen unter gro ß er Hektik Schafe verladen. Im Abstand von wenigen Minuten fuhren am Kai gro ß e Trucks vor, auf denen in zwei Ebenen ü bereinander kahl geschorene Fleischschafe standen. Hinter dem Truck wurden Z ä une aufgestellt, und die Tiere wurden durch die enge Schleuse aufs Deck eines riesigen Frachtschiffes getrieben, wo die Mannschaft sie entgegennahm und sie entweder nach unten in den Laderaum oder auf die oberen Frachtdecks dirigierte. Im Inneren des Schiffes gab es Verschl ä ge, in die jeweils zweihu n dert Schafe gepfercht wu r den. Jedem Tier stand knapp ein halber Quadratmeter zur Verf ü gung, sodass es nur den Schwanz und den Kopf bewegen konnte. Der Zielhafen befand sich im Nahen Osten.
Pekka sagte, dass es wahrlich einfacher w ä re, L ä mmer fertig geschlachtet auf K ü hlschiffen zu transportieren, aber die A b nehmer in den arabischen L ä ndern w ü nschten die Tiere lebend. Sie w ü rden erst kurz vor der Mahlzeit nach religi ö sen Ritualen geschlachtet.
» Ihnen wird bei lebendigem Leibe die Gurgel durchgeschni t ten. «
Immer neue Trucks trafen ein, um ihre bl ö kende Fracht im Hafen zu entladen. Pekka erz ä hlte, dass bis zum Abend achtzi g tausend Tiere auf dem Schiff w ä ren, dieses w ü rde dann aufs offene Meer geschleppt, und von da w ü rde es aus eigener Kraft weiterfahren. Der Bestimmungsort war Jordanien. Der Tran s port musste schnell gehen, denn die Tiere wurden unterwegs nicht gef ü ttert, sie konnten h ö chstens ein bisschen von dem Wasser auflecken, das auf den Stahlboden der Verschlage gespritzt wurde.
Hermanni und Ragnar errechneten aus Jux, dass es drei T a ge und N ä chte dauern w ü rde, um s ä mtliche finnische Arbeit s lose in diesem Tempo auf Schiffe zu verladen. Falls man die Leute beispielsweise nach S ü damerika in ein eigenes Reservat tran s portieren wollte, lie ß e
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