Vom Schicksal bestimmt: Soul Seeker 1 - Roman (German Edition)
verarbeiteten Lebensmittel, keine Fertigprodukte – kurz gesagt, kein Junkfood mehr.«
Ich schlucke. Starre sie sprachlos mit großen Augen an. Frage mich, was dann eigentlich noch übrig bleibt – sie hat praktisch alle meine Lieblingssachen gestrichen.
»Die ersten Tage werden schwierig werden, das wirst du bald merken. Zucker ist eine mächtige Substanz und stark süchtigmachend. Aber es wird nicht lange dauern, dann fühlst du dich besser, stärker und gesünder in Körper, Verstand und Geist. Die Auswirkungen werden so angenehm sein, dass dir die neue Ernährungsweise bestimmt schnell in Fleisch und Blut übergehen wird. Aber falls nicht, falls das Gegenteil auf dich zutreffen sollte, wirst du wohl leider einen Weg finden müssen, damit zu leben. In dieser Sache gibt es keine Wahl.«
»Aber warum?« Ich verziehe das Gesicht, denn ihre Worte erinnern mich an den kohlehydratfreien Wahn, dem sämtliche Filmstars vor einem großen Dreh anheimfallen und dann den Brotkorb als ihren größten Feind ansehen. »Abgesehen
von meinen Verletzungen, die fast alle verheilt sind, bin ich gesund. Also verstehe ich echt nicht, was eine Cola oder ein Schokoriegel zwischendurch schaden soll.«
Paloma entfernt sich vom Tisch und geht zu ihrem Arbeitszimmer. Sie bedeutet mir, ihr zu folgen und mich an den viereckigen Holztisch zu setzen, während sie einen kleinen Kupfertopf mit Wasser aus der Flasche füllt, ihn auf eine Einzelkochplatte stellt und Stücke von verschiedenen getrockneten Kräutern abknipst, die an zahlreichen Haken von der Decke hängen.
Sie rollt die Stücke zwischen Zeigefinger und Daumen hin und her und singt ein leises, munteres Lied, dessen Text ich nicht richtig verstehe. Dann wirft sie die winzigen Kräuterbällchen eines nach dem anderen in den Topf und gibt einen kleinen, dunklen Stein dazu, den sie aus dem weichen Wildlederbeutelchen nimmt, das sie um den Hals trägt.
Der Stein landet mit einem hörbaren Plopp im Wasser. »Wir stammen von einer langen Linie von Schamanen ab.«
Ich starre auf ihren Rücken und verziehe ungläubig die Miene. »Schamanen?« Ich schüttele den Kopf und versuche, meinen Ärger zu unterdrücken, indem ich mir selbst einschärfe, Geduld zu haben und ihr eine Chance zu geben. Bestimmt hat sie es anders gemeint. »Hast du nicht gesagt, wir seien Suchende?« Ich zucke die Achseln und frage mich, ob ich mich je an die unerklärlichen Dinge gewöhnen werde, die sie aus heiterem Himmel von sich gibt. Seit dem Moment meiner Ankunft befinde ich mich in einem Zustand permanenter Verwirrung und beginne langsam daran zu zweifeln, dass dies je enden wird.
Paloma legt ihre Strickjacke ab, lässt sie neben sich auf die Arbeitsfläche fallen und kehrt zum Umrühren an den Topf zurück. »Schamanen, Medizinmänner, Heiler, Lichtarbeiter,
Seher, Mystiker, Wundertätige, Wissende, Menschen, die im Dunkeln sehen.« Ihre Schultern heben und senken sich. »Verschiedene Namen für das, was im Grunde ein und dasselbe ist.« Sie sieht sich kurz zu mir um, um sich zu vergewissern, dass ich zugehört habe, ehe sie wieder im Topf rührt. »Schamanische Konzepte gibt es schon seit Tausenden von Jahren – ihre Ursprünge lassen sich bis nach Sibirien zurückverfolgen, wo die wichtigste Rolle des Schamanen darin bestand, sich um die Gemeinschaft zu kümmern. Das Wohlbefinden des Stammes zu wahren, indem er für Heilung sorgte, wann nötig, das Wetter zu beeinflussen, um die Ernte zu gewährleisten, heilige Zeremonien zu leiten, als wichtigste Verbindung zwischen dieser Welt und der geistigen Welt zu dienen und mehr. Es war eine ehrwürdige und heilige Rolle – eine Berufung der höchsten Ordnung. Verstreut über verschiedene Kontinente, getrennt durch riesige Ozeane ohne jede Kommunikationsmöglichkeit, stellten sich ihre Zeremonien und Rituale als verblüffend ähnlich heraus. Doch in späteren Jahren wurden wir leider alle zivilisiert .« Sie macht mit den Fingern in der Luft Anführungszeichen um das Wort herum. »Schamanen wurden verfolgt und gezwungen, sich zu verstecken. Sie wurden als Hexenmeister oder Zauberer bezeichnet und beschuldigt, Böses heraufzubeschwören. Man nannte sie gefährlich, dabei wurden sie in Wirklichkeit bloß von jenen missverstanden, die zu unwissend waren, um über ihre eigenen engstirnigen Vorstellungen hinauszuschauen, wie die Welt funktioniert. Unwissenheit ist eines der schlimmsten Übel der Menschheit.« Sie wendet sich zu mir um, und ihre dunklen Augen
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