Vom Umtausch ausgeschlossen
Nieselregen und heben sich scharf von den nebelverhangenen Hügeln in der Ferne ab. Wie kleine Wattebäusche auf einer grünen Wiese kann ich gerade noch so eine Herde grasender Schafe ausmachen.
»Das ist wirklich ärgerlich, das mit Jess und dir«, sagt Jim und klingt wirklich betrübt. »Eine Schande.«
»Ach, so etwas passiert doch ständig.« Ich versuche, meine Enttäuschung zu verbergen. »Ich hätte es die ganze Zeit wissen müssen. Wir sind so verschieden.«
»Das seid ihr allerdings.« Jim macht ein amüsiertes Gesicht.
»Ich finde nur, sie wirkt so... kalt.« Ich ziehe die Schultern hoch, während gleichzeitig die übliche Verärgerung in mir aufsteigt. »Weißt du, ich habe mir wirklich Mühe gegeben. Ehrlich. Aber sie hat sich über gar nichts gefreut... sie hat überhaupt keine Gefühlsregung gezeigt. Als wenn ihr alles total egal wäre! Als könnte sie sich für überhaupt nichts begeistern.«
Jim zieht die Augenbrauen hoch. »Und ob Jess sich für etwas begeistern kann«, sagt er. »Aber hallo. Ich werde dir mal was zeigen, wenn wir im Haus sind.«
Er schultert den Kartoffelsack, und wir machen uns auf den Weg die Steigung hinauf. Je näher wir dem Haus kommen, desto kribbeliger werde ich vor Neugier. Nicht, dass sie noch irgendetwas mit mir zu tun hätte. Aber ich bin trotzdem gespannt darauf zu sehen, wie sie wohnt.
Als wir vor der Haustür stehen bleiben, holt Jim einen großen Schlüsselbund aus der Tasche, sucht den richtigenSchlüssel heraus und schließt auf. Ich gehe in den Flur und sehe mich neugierig um. Aber die Räume geben nicht viel preis. Darin ähneln sie wohl Jess. Zwei ordentliche Sofas im Wohnzimmer. Ein schlichte weiße Küche. Ein paar gut gepflegte Topfpflanzen, Ich gehe nach oben und öffne vorsichtig die Tür zu ihrem Schlafzimmer. Piccobello. Schlichter Bettüberwurf aus Baumwolle, schlichte Vorhänge aus Baumwolle, ein paar langweilige Bilder.
»Guck mal hier.« Jim ist mir gefolgt. »Dafür kann Jess sich begeistern. Das ist ihre Leidenschaft.«
Er öffnet eine auf dem Treppenabsatz in die Wand eingelassene Tür und winkt mich herbei.
»Hier sind die berühmten Steine«, sagt er. »Den Schrank hier hat sie vor drei Jahren extra für die Steine anfertigen lassen. Sie hat ihn selbst entworfen, bis ins letzte Detail, mit Licht und allem. Ganz schön beeindruckend, was?« Er stutzt, als er mein Gesicht sieht. »Becky? Alles in Ordnung?«
Ich bringe kein Wort heraus. Ich bin wie gelähmt.
Das ist mein Schuhschrank.
Das ist haargenau mein Schuhschrank. Die gleichen Türen. Die gleichen Regalbretter. Die gleichen Lampen. Der einzige Unterschied ist, das auf diesen Brettern keine Schuhe ausgestellt sind, sondern Steine. In Reih und Glied sortierte und etikettierte Steine.
Und ... sie sind wunderschön. Manche sind grau, andere sehen aus wie Kristalle, manche sind ganz glatt, andere irisieren und funkeln fast. Da liegen Fossilien... Amethyste... Jettbrocken, die im Licht glänzen.
»Ich hatte ja keine Ahnung... Ich schlucke. »Die sind ja der Wahnsinn.«
»Wie war das mit der Begeisterung?» Jim lacht. »Was du hier siehst, ist das, wofür Jess sich leidenschaftlich begeistert. Ich würde sogar sagen, dass sie davon besessen ist.« Er nimmt einen gesprenkelten grauen Stein in die Hand und dreht und wendet ihn. »Weißt du, wie sie sich ihre Beinverletzung zugezogen hat? Indem sie wegen irgendeinem bescheuerten Stein irgendwo einen Berg hochgeklettert ist. Sie war so wild entschlossen, sich diesen Stein zu holen, dass sie sich fast in Lebensgefahr begeben hätte.« Jim grinst, als er mein Gesicht sieht. »Sie ist auch mal vom Zoll festgenommen worden, weil sie irgendein wertvolles Kristall unter ihrem Pulli einschmuggeln wollte.«
Fassungslos sehe ich ihn an.
»Jess? Festgenommen?«
»Sie haben sie wieder laufen lassen.« Jim winkt ab. »Aber ich weiß, dass sie es wieder tun würde. Wenn es irgendeinen bestimmten Stein gibt, den dieses Mädchen haben will, dann lässt sie nicht locker, bis sie ihn hat.« Er schüttelt amüsiert den Kopf. »Das muss wie ein innerer Zwang sein. Wie eine Manie! Dann kann sie nichts und niemand aufhalten!«
Mir schwirrt der Kopf. Ich betrachte eine Reihe Steine, alle in Rot, alle in unterschiedlichen Schattierungen. Genau wie meine Reihe roter Schuhe.
»Sie redet nicht viel über das hier.« Jim legt den gesprenkelten Stein wieder hin. »Ich schätze, sie glaubt, dass die Leute das nicht verstehen würden -«
»Ich verstehe es«,
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