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Vom Vergnugen eine altere Frau zu sein

Vom Vergnugen eine altere Frau zu sein

Titel: Vom Vergnugen eine altere Frau zu sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clough Patricia
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unter großem bürokratischen Aufwand genehmigt worden waren, zu überprüfen. »Man musste immer rumfahren und gucken, immer gucken. Als wir das organisiert haben, hat es ziemlich schnell gewirkt, die Leute wussten nun, dass sie uns nicht betrügen, nicht über den Tisch ziehen konnten, dass wir kommen und gucken.«
    Dreitausendfünfhundert Dächer wurden in Bosnien unter ihrer Aufsicht gebaut, sie waren günstiger als alle, die von anderen Organisationen finanziert wurden – dementsprechend unbeliebt waren sie dort. »Die waren heilfroh, als wir weg waren«, sagte sie. Was die anderen an Zusatzkosten berechneten, wanderte vermutlich in die eigenen Taschen, die Leute von den Nicht-Regierungsorganisationen fuhren die dicksten Autos in Sarajewo. »Es ist eine zweischneidige Sache mit den Hilfen von außen.«
    Zu den schwierigsten Aufgaben in der unmittelbaren Nachkriegszeit gehörte es, die Rücksiedlung der Flüchtlinge zu organisieren. Alles war sehr kompliziert, die Lage äußerst angespannt. Um das schwierige Verhältnis zwischen den Flüchtlingen, den staatlichen Stellen vor Ort, die ihnen Steine in den Weg legten, den neuen Nachbarn, die in ihre alten Dörfer zurückgekehrt waren, und den internationalen Organisationen zu verbessern, gründete Bärbel Bohley 1996 die Koalition für Rückkehr, eine Dachorganisation für die Flüchtlinge aller ethnischen Gruppen. Tatsächlich brachte sie die verschiedenen Gruppen dazu zu kooperieren, was die Rücksiedlung um einiges einfacher machte.
    Doch ihre Lieblingsinitiative kam noch etwas später. 2001 gründete sie mit einigen Freunden den von deutschen Spenden finanzierten Verein Seestern, der ein Ferienheim in Celina an der adriatischen Küste betreibt. Waisenkinder aus Flüchtlingsfamilien konnten dort einen Teil ihrer Sommerferien verbringen. Es kamen immer zehn Kinder im Alter von zwölf bis fünfzehn Jahren. Die Gruppen, die jeweils neun Tage blieben, waren so überschaubar, dass alle an einem Tisch sitzen und miteinander reden konnten. Bärbel, die eigentlich nicht gern kochte, sorgte für das Essen. Die Kinder schwammen und spielten am Strand, sie besichtigten die Sehenswürdigkeiten und fuhren mit Booten hinaus. Sogar ein Restaurantbesuch war Teil des Programms – für die meisten eine ganz neue Erfahrung. Spiele gab es und eine Bastelecke, einen Basketballplatz und Fahrräder. Acht Jahre lang lief das Projekt, dann half Seestern den Flüchtlingsfamilien auf andere Weise.
    Bärbel suchte neue Herausforderungen. Sie organisierte ein Projekt, um Zisternen zu bauen. Ein großer Teil der Herzegowina litt unter extremem Wassermangel, die Sommer dort sind heiß und trocken. Viele der Flüchtlinge hatten Land bekommen, aber das Land war so trocken, dass es oft beinahe unbrauchbar war. So kam es zu dem neuen Projekt, das von staatlichen Stellen in Deutschland finanziert wurde. Die Häuser wurden mit großen Zisternen ausgestattet, die im Winter genügend Regenwasser sammelten, um den Bedarf des Haushalts zu decken und die Felder im Sommer zu bewässern. Statt Gruben in den steinigen Boden zu graben, was praktisch unbezahlbar gewesen wäre, wurden viele kleine Sprengsätze eingesetzt. So entstanden mit relativ geringem Aufwand große Gruben. Auf diese Weise sind schätzungsweise zweihundert Zisternen entstanden.
    Im Ganzen war es eine glückliche, schöne Zeit für Bärbel Bohley, »sehr interessant und erfüllend – viel besser, als wenn ich in irgendeinem parlamentarischen Ausschuss gesessen hätte.«
    2008 kehrte sie mit einer Krebsdiagnose nach Berlin zurück. Als wir 2010 in einem Café am Prenzlauer Berg, in der Nähe ihrer kleinen Wohnung, miteinander sprachen, verbarg sie ihr Haar unter einer Mütze, sie sah bleich und zerbrechlich aus und sprach sehr leise. Wegen verschiedener Krankenhausaufenthalte hatte sie unsere Verabredung bereits zwei Mal verschieben müssen, sie wusste, dass sie nicht mehr lange zu leben hatte. Sie war zu erschöpft, um weitere Pläne zu schmieden. Wenn es ihr etwas besser ginge, erklärte sie, würde sie sich einige persönliche Wünsche erfüllen, zwei, drei Reisen machen, einige Museen besuchen, ein paar Bücher lesen. Mehr nicht.
    Sie war fünfundsechzig Jahre alt. Sie wusste, dass sie nicht alt werden würde. Angst, erklärte sie, habe sie vor dem Alter nie

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