Vom Vergnugen eine altere Frau zu sein
â¦Â«
»Und wo soll ich bitteschön einen Mann finden?«, fragte sie ungläubig.
Der Arzt schrieb ihr ein harmloses Kräutermittel auf und überreichte es ihr mit den Worten: »Ãberlegen Sie es sich mit den Männern. Sie könnten ja eine Kontaktanzeige aufgeben.«
Die Kräuterpillen halfen nicht. SchlieÃlich war Elfriede so verzweifelt, dass sie ihren ganzen Mut zusammennahm und die Nummer eines örtlichen Anzeigenblattes wählte. Sie diktierte ihren Text und machte sich zehn Jahre jünger. »Es war sehr schwer. Ich war voller Hemmungen, ich musste mich überwinden â¦Â«
Innerhalb nur weniger Tage erhielt sie Hunderte Antworten. Und sie bekam immer noch Briefe, als sie wenig später ein zweites Inserat schaltete â mit ihrem wahren Alter. Geduldig sortierte sie die Briefe, die meisten warf sie weg. Die Männer, die sie interessant fand, rief sie an. Wenn ihr gefiel, was sie hörte, verabredete sie sich mit ihnen in einem Café. Sie sah sich die Männer an, plauderte ein wenig. Wenn ihr einer sympathisch war, lud sie ihn ein, sie in ihre kleine Zweizimmerwohnung in Laxenburg zu begleiten. Den anderen gab sie höflich zu verstehen, dass es nicht passte.
In den ersten vier Monaten kamen etwa fünfzig Männer in ihre Wohnung. Sie machte sexuelle Erfahrungen, die für sie â wie für die meisten Frauen ihres Alters â noch vor kurzer Zeit undenkbar gewesen waren.
Die Männer waren zwischen siebzehn und sechzig. Von einigen war sie enttäuscht, von anderen überrascht. Die meisten waren ziemlich jung, und bald schon begann sie, die über Fünfzigjährigen â aufgrund ihrer Potenzprobleme â auszusortieren. Am Anfang war sie sehr unerfahren, doch sie lernte schnell.
Elfriede hat ein freundliches Aussehen, sie ist weder groà noch klein, hat weiÃes Haar und eine gedrungene, ihrem Alter entsprechende Figur. Es macht SpaÃ, sich mit ihr zu unterhalten. Sie ist voller Humor und Selbstvertrauen, sie lacht viel und gern. Doch hinter ihrer geselligen Art versteckt sich ein Widerwille gegen jegliche Art von emotionaler Nähe. Der Ausdruck »Keine Bindungen« in ihren Inseraten fällt direkt ins Auge und entspricht wohl auch ihrer Lebenseinstellung: Sie hat keine engen Freunde, sagt sie, sucht keinen Kontakt zu Nachbarn und schätzt es sehr, in Ruhe gelassen zu werden. Die meisten Männer hat sie nicht wiedergesehen, auch wenn sie dem ein oder anderen Rat gegeben, sogar Trost gespendet und sich eigentlich gerne mit ihnen unterhalten hat. Sie hat sich fest vorgenommen, keine Beziehungen einzugehen.
Trotzdem verliebte sie sich einmal. Er hieà Gerald, war vierzig Jahre alt und verheiratet. Er war voller Lebenskraft, groÃherzig, spontan, er gab ihr Dinge, »von denen ich erst jetzt entdeckte, dass ich eigentlich schon immer Anspruch darauf gehabt hätte, und die mir meine Ehemänner vorenthalten hatten. Er gab mir dieses unvergleichliche Gefühl, dass alles gut war und bleiben würde, und wenn etwas nicht gut war, würde es gut werden.« Trotzdem wollte sie sich auf keinen Fall auf eine Beziehung einlassen. »Ich musste mich schützen. Liebeskummer wäre Zeitverschwendung gewesen. Dafür fühlte ich mich zu alt.«
Um das Problem in den Griff zu bekommen, nahm sie sich neben Gerald drei weitere Liebhaber. Es waren Männer, die sie mochte und die sie gern wiedersah. Alle, auch Gerald, wussten, dass sie nicht die Einzigen waren. Inzwischen kamen auch keine Briefe mehr, sie inserierte nicht mehr und lud auch keine neuen Männer mehr ein.
Elfriede war wie neugeboren. Sie hatte alle ihre Hemmungen abgelegt. »Wenn ich mir am Morgen die Zähne putze, sehe ich immer in den Spiegel. Es klingt vielleicht verrückt, aber für mein Gefühl bin ich in den besten Jahren. Es ist nicht zu übersehen, dass ich alt bin. Während ich aber früher manchmal richtig verstört gewesen war, wenn ich mein Spiegelbild unversehens in einem Fensterglas oder einem Kaufhausspiegel sah, bin ich jetzt viel mehr eins mit meiner Erscheinung. Ich gefalle mir. Ich mag mich. Ich finde mich attraktiv. Ich sehe aus wie eine lebendige, neugierige Frau. Ich habe etwas, das den Männern gefällt.«
Noch einmal kämpfte sie mit Zweifeln und Hemmungen â als sie ihr Buch »Nacktbadestrand« schrieb. Sie erzählt darin mit groÃer Liebe zum Detail von ihren erotischen Begegnungen
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