Vom Wispern der Waelder und vom Wesen des Wanderns
Stadt. Ihre Aura zieht mich magisch an, und ich verspüre jenes neugierige, erwartungsfrohe Kribbeln, das mich immer befällt, wenn ich vor der Eroberung einer Stadt, einer Landschaft, einer fremden Region stehe, deren Namen mit gewissen Vorstellungen in meiner Phantasie verknüpft sind.
Gegen vier Uhr laufen wir in Landsberg ein, geradewegs in ein Touristikinformationsbüro. Vor den Toren der Stadt hat uns jemand auf eine Suite über dem Theater aufmerksam gemacht, die von privat an Touristen vermietet wird. Wir sind ganz heiß darauf. Ein Appartement mit Panoramablick im Zentrum der Stadt, was kann es Besseres geben. Die Wohnung existiert tatsächlich und ist gar nicht mal teuer, aber sie ist natürlich belegt. Schade! Dennoch schafft es das Büro, uns in einem Hotel in der Innenstadt im dritten Stock zwei Zimmer zu einem akzeptablen Preis für zwei Nächte zu vermitteln.
Die Zimmer sind groß, komfortabel, aber dunkel, weil die kleinen Dachgaubenfenster zu wenig Licht einlassen. Wir gönnen uns eine Stunde Ruhe und ziehen dann gemeinsam durch die Altstadt, die eingebettet zwischen dem Lech und seinem östlichen Hochufer liegt. Es gibt viel zu sehen: wunderbar erhaltene Stadttore und Kirchen, einen Marktplatz mit Brunnen, umrahmt von ehrwürdigen Häusern, das Hexenviertel mit den alten Holzbalkonen und -erkern, jede Menge Türme aus der frühen Neuzeit, winklige Gassen mit Cafés und Restaurants und natürlich die großartige Promenade entlang des Lechs, der hier die Größe eines kleinen Sees hat. Mitten darin ein breites, vierstufiges Wehr, das den Fluss in aufschäumenden, silberweiß schillernden Kaskaden bricht, so dass das Tosen des Wassers weit über die Ufer hinaus zu hören ist. Eine breite, circa einen Meter hohe Mauer begrenzt die Promenade zum Fluss. An ihr haben die Bars und Cafés die Barhocker stehen, und die Leute sitzen dort, haben ihre Getränke auf der Mauer stehen und blicken versonnen über den Fluss in die milde Abendsonne, so wie wir. Es ist schön hier, und wir genießen den Sommer, der nun wieder Land und Leute verzaubert.
Die aufziehende Nacht erleben wir über den Dächern von Landsberg auf der Dachterrasse unserer Pension. Durch eine Tür des Flures im dritten Stock gelangen wir auf diesen wundervollen Platz, einem leicht schrägen Flachdach, welches zur Straße hin mit einem hüfthohen Gitter abgesichert ist. Wäscheleinen sind gespannt. In einer Ecke stehen zwei Plastikstühle, die wir an die Balustrade rücken. Ich hole ein paar Flaschen Bier aus der Pizzeria im Erdgeschoss, und dann thronen wir wie Könige über den Dächern der Stadt. Es ist milde, langsam senken sich die Schatten der Nacht. Hinter der Stadt erhebt sich ein mächtiges Gebirge, so hoch, wie ich es noch nie gesehen habe. Sein Kamm glänzt kupferfarben unter der Kaskade unzähliger, goldgelb-orangener Strahlen, die aus der Tiefe jenseits der Berge über sie hinweg in den dunklen Abendhimmel schießen. Es sind gewaltige schwarze Wolkentürme, hinter denen die Sonne verschwunden ist und die in der zunehmenden Dunkelheit die Konturen eines riesigen Gebirgszuges vortäuschen – so echt, dass wir uns die Augen reiben müssen, um den Unterschied zu erkennen. Eine traumhafte Kulisse.
Martin und ich sind tief berührt von der Schönheit dieses Abends und berauschen uns an seiner märchenhaften Stimmung.
Eine Weile sitzen wir still da. Schauen zu, wie die ersten Sterne zwischen den Wolken aufblinken, der Himmel aufklart und am Ende vom Funkeln und Glitzern unzähliger Lichtpunkte übersät ist.
Wir reden über die Welt, den Kosmos und die Geheimnisse, die dahinter stehen. Auch über Astrologie. Martin lässt sich hin und wieder ein Horoskop geben, mir ist das fremd, und im Grunde lehne ich sie als Hokuspokus ab. Dennoch habe ich von Dingen erfahren, die mir mein Verstand nicht zu erklären vermag:
Erste Geschichte
Als Dreißigjähriger bekam ich in einem Griechenlandurlaub plötzlich heftige Beklemmungsattacken. Mein Brustkorb schnürte sich zusammen, und ich hatte das Gefühl, einen Herzinfarkt zu bekommen. Meine Angst schürte die Attacken, es war ein Kreislauf. Ich musste einen Arzt aufsuchen, bekam Beruhigungsmittel, schließlich ging es nach einigen Tagen vorüber.
In den Jahren danach litt ich immer wieder unter solchen Anfällen, die sich derart steigerten, dass ich eine Zeit lang Betablocker nehmen musste. Körperlich war ich gesund, die medizinischen Untersuchungen bestätigten mir absolute Fitness.
Ich
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