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Vom Wispern der Waelder und vom Wesen des Wanderns

Vom Wispern der Waelder und vom Wesen des Wanderns

Titel: Vom Wispern der Waelder und vom Wesen des Wanderns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Luehrs
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hörte dann von einem Wunderheiler, einem Beschnacker, wie wir Norddeutschen sagen, der an der Elbe lebte. Skeptisch, aber in meiner Not zu allem bereit, fuhr ich dorthin und unterwarf mich der Prozedur.
    Das Männlein stieg zunächst mit einem zusammengeklappten Knirps auf einen Stuhl und hielt das Ende mit der metallenen Kappe unter die offene Fassung der Deckenleuchte, die Birne war herausgeschraubt. Ein wahres Feuerwerk an Blitzen entlud sich zwischen Kappe und Fassung, und es knatterte unaufhörlich. Nicht ihm, sondern mir standen die Haare zu Berge. Du liebe Güte, hoffentlich fällt der nicht gleich zu Asche in sich zusammen.
    Er müsse Energie auftanken, gab er zu verstehen und setzte die Prozedur fort. Dann fragte er nach meinem Leiden und telefonierte daraufhin erst einmal mit einem Medium, besprach irgendetwas mit ihm und fuhr schließlich mit der Innenseite der rechten Hand über meinen Körper. Von Kopf bis Fuß, vorne und hinten. Dabei brabbelte er unverständliche Sätze vor sich hin. Ich stand die ganze Zeit. Zum Schluss drückte er mir noch vier Zettel in die Hand, auf denen Strichmännchen gezeichnet waren, und gab mir die Anweisung, die vier Außenwände meines Hauses von innen damit zu bestücken. Ich hätte Geister zu Hause, und diese Figuren würden Abhilfe schaffen. Dann war der Hokuspokus vorbei. Ich gab ihm 30 DM, machte noch einen Termin aus und fuhr nach Hause, in keiner Weise überzeugt.
    An einem Blumenladen hielt ich an, um meiner Liebsten einen Strauß mitzubringen. Der Laden war menschenleer. Durch eine halbgeöffnete Tür hörte ich eine Frau telefonieren. Ich stand und wartete – ganz ruhig, ohne Ungeduld, was überhaupt nicht meine Art ist. Nicht mal Hallo habe ich gerufen und stand nach fünf Minuten noch immer da. Mir war ganz leicht und warm, und ich begriff, dass etwas mit mir geschehen war. Noch einmal unterzog ich mich der Behandlung und hatte bis heute nie wieder diese heftigen Attacken.
    Zweite Geschichte
    Jahre später sagte uns ein guter Freund, ein Künstler und Maler, die Zukunft voraus. Sein Medium waren die Tarotkarten. Ich betrachtete das Ganze als ein Spiel, wie das Vorlesen der Horoskope aus der Regenbogenpresse.
    Es kommt sowieso, wie es kommt, und bestimmt nicht so, wie die Karten es voraussagen.
    Jan mischte, legte die Karten und las aus ihnen:
    Wir würden niemals Armut leiden, so begann er, aber auch keine Reichtümer anhäufen, bis auf Weiteres gesund bleiben und noch ein zweites Kind bekommen. Aber dabei gebe es Probleme. Etwas komme dazwischen, und es werde sehr, sehr schwer werden. Was genau es sei, könne er nicht sagen. Aber das Kind werde leben und die Mutter auch.
    Etwas betroffen waren wir doch, vergaßen aber bald diese Prophezeiung.
    Zwei Jahre vergingen. Im Spätsommer 1988 fuhr unsere kleine Familie mit der Ente nach Jugoslawien in den Urlaub. Meine Frau war im siebten Monat schwanger. Auf der Insel Cres fanden wir ein kleines Dorf am Meer, das uns gefiel, und wir blieben. Die Tage vergingen unbeschwert, bis sich dann auf einmal alles änderte. Meiner Frau platzte am Strand dieses kleinen Fischerdorfes die Fruchtblase. Mit einem Aufschrei sank sie in den Stuhl, den ich gerade für sie besorgt hatte. Meine kleine, fünfjährige Tochter schaute uns ängstlich mit großen Augen an, und in meinem Kopf überstürzten sich die Gedanken.
    Ich fragte meine Frau, ob ich sie alleine lassen könne, um Hilfe zu holen, bat eine Familie neben uns, auf meine Tochter zu achten, und rannte ins Dorf. Ich musste unbedingt mit einem Krankenhaus telefonieren. Doch ich fand keine Telefonzelle. Auf dem Weg durchs Dorf begegnete ich dem italienischen Arzt mit seiner schwangeren Frau, die wir ein paar Tage zuvor kennen gelernt hatten. Er sprach etwas Deutsch. Hastig schilderte ich ihm die Situation, und er eilte hinunter zu meiner Frau, während ich weiter zum Haus unseres Vermieters rannte, denn ich wusste, dass er ein Telefon besaß. Gott sei Dank war seine Frau zu Hause, und irgendwie gelang es mir, mich ihr verständlich zu machen. Sie verband mich mit dem Krankenhaus in Cres. Die Kommunikation war schlecht. Mit dem Englisch haperte es auf beiden Seiten. Ich war nervös und bat schließlich um jemand, der Deutsch sprechen könne. Ich bekam eine Ärztin an die Strippe und drängte um Hilfe.
    Sie würde mit einem Krankenwagen kommen, und ich solle sie am Ortseingang abfangen, wies sie mich an.
    Da stand ich nun und wartete und wartete, wurde immer unruhiger, weil ich

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