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Von Beileidsbesuchen bitten wir abzusehen

Titel: Von Beileidsbesuchen bitten wir abzusehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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entdeckt Borkenhagen ein blau-weiß-rotes Plakat: DEUTSCH-FRANZÖSISCHES VOLKSFEST. Ob Pokerface gerne Achterbahn fährt und seiner Puppe rote Rosen schießt? Warum nicht – aussehen tut er danach… Also los!
    Er klettert in seinen R 4 und fährt zum Kurt-Schumacher-Damm. Auf der Höhe des Flugplatzes Tegel ragt das bunte Riesenrad in den schmutzig-rosaroten Himmel. Die Gondeln drehen sich. Er findet einen Parkplatz, löst eine Eintrittskarte, stürzt sich ins Gewühl. Er fährt Achterbahn und schießt rote Rosen, aber ohne Sabine ist der Rummel verdammt langweilig. Er fährt Kettenkarussell. Er fährt Autoscooter. Ein Mädchen läuft ihm in die Arme, er spricht ein paar Worte mit der Kleinen; die würde schon wollen, kann aber höchstens fünfzehn sein. Er läßt sie laufen. Er sucht Pokerface und keine Nymphen. Er haut auf ein Lederpolster. Die Nadel bleibt auf Affe stehen. Die Umstehenden lachen. Er lacht nicht mit. Ein Mädchen müßte man dabeihaben… Martina! Warum nicht Martina? Er läuft zur nächsten Telefonzelle und ruft sie an. Besetzt. Er blättert im Telefonbuch und versucht es noch einmal. Jetzt nimmt keiner ab. Er ist irgendwie traurig. Möglicherweise liebt er sie schon. Auch das noch! Die tickt doch nicht mehr sauber… Scheißspiel.
    Er kauft sich zwei Lose, weil der Ausrufer so häßlich ist. Er gewinnt einen Teddybären und schenkt ihn einem dreijährigen Mädchen. Große Dankestiraden der Mutter. Er geht weiter, kommt am Eingang vorüber. Er sieht auf die Straße hinaus. Mensch – da drüben… Das ist doch Erich Ollenhauer im kalkgrauen… Nee. Ist er nicht.
    Er ißt eine Thüringer Rostbratwurst. Schnapsidee, hierher zu kommen! Was sollte Pokerface wohl hier? Der pennt sicher längst. Oder er steigt gerade irgendwo ein – falls er noch den Nerv hat.
    Was tun? Er schlendert zur Geisterbahn hinüber. Kein großer Andrang. Man bekommt heutzutage auch so das Grausen. Er schnappt sich einen hellgrünen Wagen und zwängt sich hinein. Er hat mal einen Krimi gelesen, da lag der Tote in der Geisterbahn. Rechts hinter dem Henker hieß er; nachher haben sie ein Fernsehspiel daraus gemacht… Schwupp! Die Ledertüren klappen hinter ihm zu. Bindfäden streifen sein Gesicht; in Totenschädeln glühen Augen auf. Schrille Schreie vor ihm. Ein Sensenmann. Ein Sargdeckel hebt sich. Ein grünes Krokodil schnappt nach seiner Hand. Er lacht… Das Lachen bleibt ihm im Hals stecken. Ein Mann turnt durch die Kulissen…
    Pokerface!
    Er kommt auf ihn zu, kommt näher… Borkenhagen schreit auf, springt aus dem Wagen, stolpert über eine Schiene, fällt, liegt da… Fäuste packen ihn. Flüche. Man stößt ihn ins Freie.
    Er keucht; Schweiß steht ihm auf der Stirn. Ganz allmählich nur kommt er zu Atem. Es war nicht Pokerface; es war der Schausteller. Irgendwo hatte es einen Defekt gegeben… Er steckt sich eine Gauloise an. Ah, das tut gut!
    Er hat also Angst vor Pokerface. Warum auch nicht? Vielleicht hatte der tatsächlich die Absicht, ihn aus dem Verkehr zu ziehen. Er, Borkenhagen, ist ja der einzige, der ihm gefährlich werden kann… Allerdings, sagt er sich, dürfte es Pokerface ebenfalls schwerfallen, ihn zu finden, wie umgekehrt.
    Aber er hat die Nase voll vom Volksfest. Er verläßt den Rummelplatz und setzt sich wieder in seinen R 4. Die Dämmerung ist hereingebrochen, bald ist es dunkel. Er schaltet das Licht ein. Langsam rollt er der City entgegen. Plötzlich entdeckt er…
    Das kann doch nicht wahr sein!
    Doch. Der Rückspiegel trügt ihn nicht: Ollenhauer folgt ihm in einem dunklen Mercedes. Neben ihm sitzt noch ein Kerl. Pokerface hat also doch…? Borkenhagen hat plötzlich Angst.
    Die Ampel am Heckerdamm. Sie springt auf Gelb, springt auf Rot… Borkenhagen gibt trotzdem Gas. Bremsen kreischen. Er kommt durch; der Mercedes nicht mehr. Borkenhagen rast weiter – lieber ein lebendiger Feigling als ein toter Held.
    Er fährt die Stadtautobahn entlang, nimmt die Ausfahrt am Messedamm. Er schwitzt, vor seinen Augen flimmert es. Er beschimpft sich, schimpft auf seine schwachen Nerven. Es fällt ihm aber auch etwas ein: Wenn man um Haaresbreite einem Absturz entgeht, soll man gleich ins nächste Flugzeug klettern, sonst wagt man nie wieder zu fliegen… Also los!
    Er geht in eine Striptease-Bar in der Bleibtreustraße. Hier haben sich vor einiger Zeit eine persische und eine deutsche Band ein Gefecht geliefert. Und hier gibt es was zu sehen. Ob Pokerface hier sein Geld verjubelt? Borkenhagen ist das

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