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Von Beileidsbesuchen bitten wir abzusehen

Titel: Von Beileidsbesuchen bitten wir abzusehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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daß er auf diese Art und Weise sterben mußte…“ Sie redet und redet… „Aber ich weiß doch auch nicht, wer ihn ermordet hat!“
    Borkenhagen beschreibt Pokerface, so gut er kann; sie möchte sich doch mal bei ihren Kolleginnen umhören, ob die ihn kennen.
    „Ja, mach ich.“ Sie geht zum Schrank und zieht eine Nerzstola heraus. „Hat mir Nedo geschenkt. Als Prämie sozusagen… Es hat ihm mehr Freude gemacht, als seiner Familie was zu schenken. Ich kann Ihnen sagen – da war immer was los!“ Sie erzählt mit einiger Begeisterung. „Besonders schlecht ist er ja mit seinem Bruder ausgekommen.
    Den hat er wie einen Sklaven behandelt, aber der wollte es auch nicht anders. Einmal…“
    Es klingelt. Sie erstarrt und wird ein wenig bleich. „Donnerstagabend! Mein Gott – das ist der dicke Mierke von der Versicherung… Los!“ Sie schiebt Borkenhagen ins Nebenzimmer. „Wart hier, bis er… Bis wir… Dann gehst du leise raus, ja? Aber leise! Und sonst – also, ich hör mich mal um. Bestimmt!“ Weg ist sie.
    Das Zimmer ist schmal und riecht nach Bohnerwachs. Borkenhagen stolpert über einen Sessel. Er wagt es nicht, das Licht anzuknipsen. An der linken Wand entdeckt er ein matt erleuchtetes Rechteck. Ein Aquarium. Als er genauer hinsieht, merkt er, daß er durch das Rechteck in das andere Zimmer blicken kann. Aha, der Spiegel drüben! Rosi hat also auch Voyeure unter ihren Kunden. Soll sie.
    Mierke kippt seinen Begrüßungswhisky hinunter und macht sich ans Werk. Er drückt Rosi auf die fellbespannte Liege. Dann reißt er ihre Bluse auf und knutscht ihre braungebrannten Brüste. Sie küßt ihn. Schweiß steht auf seiner fleckigen Kopfhaut.
    Borkenhagen ist am Mierkeschen Liebesleben nicht interessiert. Er empfindet die Situation als komisch und peinlich zugleich. Vor allem als peinlich.
    Leise klinkt er auf, tritt in die Diele. Mierke keucht und grunzt, daß man es durch die geschlossene Tür hört. Auf Zehenspitzen schleicht Borkenhagen zur Wohnungstür – Gott sei Dank, Rosi hat das Licht angelassen… Er steht im Treppenhaus.
    Langsam geht er nach unten. Auf der Straße regnet es. Feiner Nieselregen. Ihm fällt noch etwas ein. Er kramt in den Taschen, findet einen alten Kassenbon und schreibt die Nummer auf, unter der er tagsüber zu erreichen ist, und fügt noch hinzu: Arme Rosi! Dann steckt er den Bon in Rosis Briefkasten.
    Sein Wagen steht auf dem großen Parkplatz zwischen Leibniz- und Wielandstraße. Nicht weit weg. Er geht mit gesenktem Kopf durch die leeren Straßen. Autos huschen vorüber. Er achtet nicht auf die Männer, die ihm entgegenkommen. Er ist müde. Was er heute erlebt hat, das reicht ihm. Er will nur noch schlafen. Was geht’s ihn an, wer Nedomanski auf dem Gewissen hat.
    Er überquert den weiten Parkplatz. Vor seinem R 4 stehen jetzt vier Reisebusse. Er quetscht sich zwischen zweien hindurch, er scheut den kleinsten Umweg.
    Da steht sein Wagen. Hinter dem linken Scheibenwischer steckt ein weißer Zettel. Reklame?
    Zu spät bemerkt er den Schatten hinter sich. Er will sich noch zur Seite werfen, schafft es nicht mehr. Ein Schlag auf die Halsschlagader…
    Aus.
    Ich gähne und lege die Blätter zur Seite. Es ist vielleicht unfair, nach dieser Passage zu gähnen – Borkenhagen hat sich viel Mühe gegeben, sie spannend zu machen. Aber es ist gleich Mitternacht… Ich gähne noch einmal und betrachte lustlos den Stapel Papier, durch den ich mich noch hindurcharbeiten muß. Eigentlich sollte ich einfach Schluß machen – das läßt sich nicht so durch den Wolf drehen, daß vier Seiten dabei rauskommen… Was liegt denn da noch so alles rum? Hier – ein paar Seiten, die ich meiner Frau in die Maschine diktiert habe.
     
     
    Ich saß in der Redaktion und blätterte in Borkenhagens Manuskript herum, und zwar in dem ersten Teil, den er mir auf dem Tennisplatz gegeben hatte. Hin und wieder las ich eine Passage. Ich hob mal ‘n Roman gelesen, da ist ein reicher Mann in der gleichen Lage wie Sie. Er hat ‘n Haufen Geld, aber alle, die als Erben in Frage kommen, die mögen ihn nicht. Was macht er da? Er fällt um, stellt sich tot und hört zu, was seine Sippe von sich gibt… Natürlich geht’s gut aus, denn die Dienstmagd, die er immer verprügelt hat, liebt ihn… Das brachte mich auf eine Idee.
    Ohne mich lange zu besinnen, ließ ich mich mit der soziologischen Bibliothek in der Garystraße verbinden und fragte nach Herrn Borkenhagen.
    „Tut mir leid, der ist heute nicht

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