Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Von Beileidsbesuchen bitten wir abzusehen

Titel: Von Beileidsbesuchen bitten wir abzusehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
Vom Netzwerk:
Halbmast; Trauer im Pillen-Imperium. Ich passierte das schmiedeeiserne Tor und ging zu meinem Wagen hinüber, der hinten an der Ecke stand. Welch eine stille Straße! Ich ließ mir Zeit.
    Schon hielt ich die Autoschlüssel in der Hand und ging um den Kühler herum, um mit einer mechanischen Bewegung aufzuschließen, da stutzte ich. Verdammt – der rechte Vorderreifen! Platt. Nichts mehr zu machen.
    Fluchend ging ich zur Heerstraße hinunter und rief von einer Zelle aus meinen Schwager an. Der versprach mir, sich noch heute abend um den Wagen zu kümmern. Mein Terminkalender war viel zu voll, als daß ich die Zeit gehabt hätte, mich mit dem Wagenheber abzugeben.
    Dann versuchte ich, ein Taxi zu bekommen, doch das war zu dieser Zeit – kurz vor 18 Uhr – ein vergebliches Unterfangen. Die Nummern der Funktaxis waren besetzt, die Warteplätze in der Nähe leergefegt. Auf die Taxifahrer schimpfend, lief ich zum Theodor-Heuss-Platz hinunter, um auf einen Bus der Linie 4 zu warten. Auf dem Oberdeck schaukelte ich dann für 50 Pfennig durch halb Berlin, ehe ich an der Ecke Bundesallee und Badensche Straße, geräuchert und durchgeschüttelt, vom Schaffner wachgerüttelt wurde. „Heh, Sie müssen raus… Kommen Sie, aufwachen! Sie wollten doch zur Prinzregentenstraße – nächste Querstraße in Fahrtrichtung. Hopp!“
    Gähnend kletterte ich die steile Treppe hinunter und sprang auf die Straße. Mann, war das eine Hitze! Ganz Berlin eine große Sauna, und ich fühlte mich entsprechend. Aber ich hatte keine Lust, in ein Lokal zu gehen; Guido würde schon was zu trinken haben.
    Ich überquerte die Bundesallee, blickte kurz in den brodelnden Autotunnel hinab, ging an der breiten Auffahrt der Sparkassenverwaltung vorüber und erreichte eine knappe Minute später die gesuchte Straße. Es war nicht schwer, die von Maria Nedomanski bezeichnete Tankstelle zu finden.
    Guido Winkler … An einem ockerfarben verputzten Apartmenthaus fand ich unten seinen Namen. Im dritten Stock mußte das sein. Ich wollte schon klingeln, da kam aus einer Parterrewohnung eine ältere Dame mit einem schwarzen Pudel heraus und ließ mich ins Treppenhaus. Graugestrichene Wände vermittelten das Gefühl einer wohltuenden Kühle. Ich las, daß Betteln und Hausieren hier verboten sei und ging zum Lift.
    Im dritten Stock roch es feucht und säuerlich; offensichtlich hatte die Hauswartsfrau vor nicht allzu langer Zeit die Treppen gewischt. Ein typischer Neubauflur erfreute das Auge: links eine blaugestrichene Tür, in der Mitte eine blaugestrichene Tür, rechts eine blaugestrichene Tür. Winterfeldt, Steinbock, Winkler – die rechte also gehörte zu Guidos Wohnung. Unter mir tobten Kinder, über mir spielte jemand Mozart.
    Schon wollte ich den Finger auf den weißen Klingelknopf legen, da merkte ich, daß die Tür einen Spalt weit offenstand. Ganz deutlich konnte man die maisgelbe Tapete des Korridors erkennen. Ich wollte klopfen, doch ich unterdrückte den Impuls. Von drinnen kam ein hohles Geräusch, so als klappte eine Schranktür zu.
    Es ist mein Beruf, neugierig zu sein, und Glück hat auf die Dauer nur der Indiskrete. Leise stieß ich die Tür ein wenig weiter auf. Ein roter Sisalläufer, eine braune Flurgarderobe, eine imitierte Petroleumlampe; sonst nichts. Der Spiegel hing so, daß man in die winzige Küche blicken konnte. Auf dem Herd ein Wasserkessel, der noch dampfte. Ob Guido nur schnell den Mülleimer hinuntergebracht hatte? Hm… Ein starker Luftzug; ein Fenster mußte offenstehen. Warum merkte er nicht, daß ich hier stand? Komisch…
    Ich drückte die Tür vollends nach innen. Sie war gut geölt.
    Wieder hatte ich das Gefühl, in einen amerikanischen Fernsehkrimi geraten zu sein. Ich kam mir albern vor.
    Rechts ein großes Zimmer; die Tür stand offen. Behutsam setzte ich einen Fuß vor den andern. Irgendwo das Summen einer Fliege. Ein helles Lachen auf der Straße. Nebenan duschte jemand. Ich hielt den Atem an und wagte es nicht, um die Ecke ins Zimmer zu sehen.
    Eine Falle? Unsinn! Ich gab mir einen Ruck.
    In der Mitte des Raums lag ein Mann; groß, klobig. Er lag auf dem Rücken. Von seinem Hinterkopf sickerte Blut auf den goldbraunen Teppich.
    Guido!
    Nach dem, was ich gelesen hatte, konnte es nur Guido sein… Hinter mir ein Hüsteln.
    Verdammt! Ich fuhr herum.
    Da stand Borkenhagen. Er hielt eine Pistole in der Hand.
     
     
    Nanu – geht das nicht weiter? Das muß doch weitergehen; das hab ich doch alles aufgeschrieben… Ach du

Weitere Kostenlose Bücher