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Von Beileidsbesuchen bitten wir abzusehen

Titel: Von Beileidsbesuchen bitten wir abzusehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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oder eher mit dem Geruch des Alkohols. In Borkenhagens Gehirn lief ein sonderbarer Erinnerungsprozeß ab. Er sah sich plötzlich mit Max Nedomanski in dessen Arbeitszimmer sitzen, um die letzten Einzelheiten des großen Auftritts abzusprechen. Sie hatten beide viel getrunken; zum Betrunkensein fehlten nur noch ein, zwei Gläser. Beide hatten sich bemüht, dem anderen gegenüber einen möglichst nüchternen Eindruck zu machen. Aber dann hatte sich Borkenhagen kaum noch aufrechthalten können; sein Kopf war auf die Tischplatte gesunken… Und ausgerechnet jetzt, mitten in der Unterredung mit Dieter Dreyer, glaubte er sich an das zu erinnern, was dann geschehen war: Nedomanski war ans Telefon gegangen, hatte eine längere Nummer gewählt und dann mit irgend jemand gesprochen – das heißt, er hatte mehr gelallt als gesprochen.
    Borkenhagen achtete nicht mehr auf Dreyer. Er fühlte, daß das, was Nedomanski gesagt hatte, plötzlich von großer Bedeutung war. Er drückte gleichsam auf sein Gedächtnis, wie um den letzten Tropfen aus einer leeren Tube herauszupressen. Dreyers Worte waren nur fernes Plätschern: „Ja, das war schon ein schöner Job bei Nedomanski…“
    Da – da war es!
    Der Satz, den Max Nedomanski damals gesprochen hatte… Borkenhagen glaubte ihn wieder zu hören, ganz laut, den ganzen Satz. Ein Gefühl großer Erleichterung durchströmte ihn. Er schloß die Augen.
    „Ist was…?“ Dreyer sah ihn besorgt an.
    „Nein, nein – ich hatte nur einen Magenkrampf… Es läßt schon nach.“ Er fühlte sich beschwingt; er hätte tanzen können. Verdammt noch mal, das konnte die Lösung des Falles Nedomanski sein! Der Doc würde Augen machen.
    „Warum sind Sie eigentlich hier – jetzt, wo die Bullen Nedomanskis komischen Bruder verhaftet haben?“
    „Gott, Herr Dreyer – ich werde schließlich dafür bezahlt, daß ich alle Fakten zusammentrage, ja? Und außerdem hat Walter Nedomanski meines Wissens noch kein Geständnis abgelegt.“
    „Aber er ist der Mörder – da können Sie Gift drauf nehmen! Sie hätten mal seine Augen sehen sollen, wenn er sich mit dem Boss gestritten hatte: Haß, sag ich Ihnen; der blanke Haß… Einmal, da hat er was auf den Deckel gekriegt, weil eine Charge NEDO-Med versaut war – konnten sie glatt wegkippen, das Zeug, war irgendwie falsch dosiert… Als der dicke Max draußen war, da hat sein Bruder die Fäuste geballt und gesagt, du Schwein, hat er gesagt, ich bring dich noch mal um!“
    „Haben Sie das der Polizei auch schon erzählt?“
    „Klar. Diesem Bethge.“
    „Dann ist es ja gut.“ Borkenhagen kritzelte etwas auf seinen Notizblock.
    „Sonst noch Fragen?“ Dreyer blickte auf die Uhr. „Ich hab nämlich ‘ne Verabredung.“ Er zog sein Portemonnaie heraus und zählte die wenigen Scheine. „Meinen Sie, daß die Geschichte verfilmt wird?“
    „Vielleicht. Das kommt darauf an, wer der Mörder ist.“
    Dreyer staunte. „Ich denke, Walter Nedomanski…?“
    Borkenhagen lächelte. „Das denken alle – außer mir.“
     
     
    Soweit Borkenhagen. Ausgerechnet in dem Gespräch mit Dreyer, in dem ansonsten so gut wie nichts herausgekommen ist, fällt ihm etwas ein… Ich finde diese Geheimniskrämerei vor dem Leser übrigens ein bißchen billig. Muß ich ihm gelegentlich mal sagen. Immerhin, es hat sich dann bald herausgestellt, daß die Sache tatsächlich von erheblicher Wichtigkeit… Da: Jetzt fange ich genauso an! Also, lieber der Reihe nach: Nicht nur Borkenhagen war fündig geworden; auch ich hatte eine möglicherweise heiße Spur gefunden.
     
     
    Wieder stand ich in der Prinzregentenstraße vor Guido Winklers Wohnungstür und zögerte, den Klingelknopf zu drücken. Drinnen war einiges los – unüberhörbar.
    „Ich gehe jetzt – mir reicht’s!“
    „Bitte, Fräulein Dahms…!“
    „Ihre Eifersucht ist doch lächerlich! Wir sind zweimal miteinander ausgegangen – und Sie tun so, als hätten wir schon x-mal miteinander geschlafen!“
    „Tina…“
    „Sie stoßen ja alle Frauen ab. Immer nur das politische Gerede, und dann die Eifersucht.“
    „Geben Sie doch zu, daß Sie gestern mit diesem Borkenhagen in der Vollen Pulle gesessen haben und…“
    „Natürlich habe ich! Was geht Sie denn das an?“
    „Eine ganze Menge! Sie wissen doch, wie… wie… Ich habe doch alles getan, um… Es war so schwer… Endlich sind Sie hier bei mir, und…“
    „Geben Sie mir meinen Mantel!“
    „Tina, bitte! Ich… So ein schöner Abend… und…“
    „Sie

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