Von Beileidsbesuchen bitten wir abzusehen
bedruckte Seite natürlich nach innen. Bedienstete der FVB rissen einem dann, wenn man gezogen hatte, die Karten wieder auseinander.
So konnte ich sicher sein, daß die orangefarbene Karte auf meinem Schreibtisch aus den Beständen der Freien Volksbühne stammte.
Das weitere war einfach genug. Ich nahm die Karte, kaufte einen großen Kasten Konfekt und fuhr zur Verwaltung der FVB hinüber. Mit Hilfe der Süßigkeiten milde gestimmt, akzeptierte eine nette Sachbearbeiterin meinen Wunsch, bestimmte Nachforschungen anzustellen. Ich überreichte ihr einen Zettel mit den Namen: Walter Nedomanski, Robert Borkenhagen, Dieter Dreyer, Guido Winkler, Martina Dahms, Maria Nedomanski und Max Nedomanski und den dazugehörigen Anschriften.
„Könnten Sie vielleicht schnell mal nachsehen, ob eine dieser Personen am 3. Januar abends für eine Pflichtvorstellung im Schiller-Theater eingeteilt war?“
„Das wird ein Weilchen dauern“, sagte sie, nicht gerade begeistert. „Na schön…“ Ein Blick auf die Pralinen: „Meinetwegen.“ Sie wollte schon zu ihren Karteikästen hinübergehen, stoppte aber noch einmal ab. „Viele Leute verschenken aber auch ihre Karten“, gab sie zu bedenken.
„Aber Kindchen – ich will doch nur wissen, ob die Namen da auf der Liste auch auf Ihren Karteikarten stehen.“
„Diese Personen können aber trotzdem mit einer geschenkten Karte im Theater gewesen sein – oder mit einer, die sie einem Mitglied abgekauft haben…“
Ich stöhnte. „Natürlich! Sie können sie auch gefunden haben. Selber drucken wird sich ja keiner eine!“
„Ich will bloß sagen…“
„… daß meine Aktien ziemlich schlecht stehen – ich weiß!“
„Bei uns zu Hause sind meine Eltern Mitglieder, aber sie lassen mich immer mit meinem Verlobten gehen.“
„Bestellen Sie ihm bitte, daß ich ihn darum beneide.“
Sie errötete und machte sich an die Arbeit.
Vier Uhr durch… Uff! Gleich weiter im Text: Die letzten Blätter, die Borkenhagen beschrieben hat.
Durch das Bullauge schimmert es rötlich. Ätzender Rauch dringt in die kleine Kabine. Durch die Gänge rasen die Flammen. Das Schiff ist ein Feuerball. Er reißt das Bullauge auf. Gott sei Dank – Luft! Er kann wieder atmen. Unter ihm das rettende Wasser. Er zwängt den Kopf und die linke Schulter durch die enge Öffnung – dann bleibt er stecken. Sosehr er sich in seiner Todesangst auch müht, er kommt nicht hinaus. Rauch droht ihn zu ersticken; Flammen lecken nach ihm. Er schreit und schreit…
Martina beugte sich über ihn, richtete ihn auf, küßte ihn. „Ist ja gut, Robert – ist doch schon gut! Du bist doch bei mir hier – hier brennt es nicht.“
„Danke, Tini, danke… In Martinas Obdachlosenasyl kann man’s schon aushalten.“ Er gähnte, mußte wieder husten; dann: „Wo kommst du eigentlich her?“
„Ich habe Mittagspause, wenn du gestattest.“
„Was – so spät ist es schon?“
„Genau ein Uhr!“
„Mensch, da hab ich ja fünf Stunden geschlafen!“
„Hast du; los, scher dich ins Bad!“ Sie zog ihn hoch und schob ihn unter die Dusche.
Als dann das laue Wasser über seinen Körper rann, durchlebte er die letzten Stunden noch einmal. Die brennende Laube an der Olympischen Brücke. Drei Uhr morgens. Er ist schon halb erstickt, als ihn der Nachbar ins Freie zieht. Der schöne Waldemar, ein alter Mann mit einer schwachen Blase. Sie alarmieren die Feuerwehr. Als sie endlich kommt, ist nicht mehr viel übrig von der Laube. Immerhin kann ein Brandmeister noch die Brandursache feststellen: eine brennende Zigarette. Die große Frage: Ist er mit einer brennenden Zigarette eingeschlafen oder hat ihm jemand eine brennende Zigarette von draußen auf das Bett geworfen? Der schöne Waldemar behauptet, kurz vor drei verdächtige Geräusche gehört zu haben. Die Kripo ermittelt – was will sie schon ermitteln? Er ist dann einfach zu Tina gefahren. Die wollte gerade ins Büro gehen und hat ihm gleich ihr Bett überlassen.
Jetzt fragt sie: „Bist du endlich fertig? Ich muß gleich wieder ins Büro.“
Borkenhagen kam aus dem Bad. Er fühlte sich wie neugeboren. Als er ins Zimmer trat, sah er Tina in knappen, durchbrochenen Höschen und einem weißen BH.
„Moment – ich zieh mich gerade um…“
Borkenhagen machte Anstalten, die Situation auszunutzen, aber Tina ließ sich auf nichts ein.
„Laß das! Ich muß wieder ins Büro, sag ich dir doch…Jetzt, wo die beiden Nedomanskis nicht mehr da sind, kommen sie alle
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