Von den Sternen gekuesst
wie mächtig. Monsieur Grimod fällt keine Entscheidungen, die meine Enkeltochter betreffen.«
»Papy, ich muss sie begleiten. Das muss dir doch einleuchten«, sagte ich. Dabei bettelte ich nicht, sondern sprach einfach eine Tatsache aus.
»Kate, das könnte gefährlich sein«, mahnte er.
»Wieso? Wir fliegen mit einem Privatflugzeug nach New York, wir suchen einen Antiquitätensammler auf, wir führen ein Ritual durch, das nicht mal mich, sondern Vincent betrifft, und dann sind wir schon wieder zurück. Noch dazu glaube ich, dass ich außerhalb von Frankreich sogar besser aufgehoben bin, hier schwirrt schließlich Violette mit ihrem Numagefolge rum.«
Papy sah sich um. Zunächst blickte er zu Bran mit seinen eulenhaften Augen, der gerade von seinen Büchern aufschaute und zu uns blickte. Dann zu Gaspard, dem Mann aus dem neunzehnten Jahrhundert, der den Telefonhörer nicht direkt ans Ohr hielt, sondern ein bisschen Luft dazwischen ließ. So als wäre das Telefon ein gefährliches Ding aus der Zukunft, das ihn mit Fortschrittlichkeit anstecken könnte, wenn er es denn berührte. »Wie können wir denen denn trauen?«, fragte er widerstrebend.
»Sie sind die bessere von zwei Alternativen. Die andere Seite hat uns bereits bedroht«, erinnerte ich ihn leise. In meinem Kopf korrigierte ich die Aussage automatisch zu »hat mich bereits bedroht hat«.
»Und die Schule …«, setzte er in einem letzten Versuch an, mich umzustimmen.
»Fängt eh erst in einer Woche wieder an«, sagte ich. »Ab morgen haben wir doch erst mal Ferien. Papy, hör zu. Wenn das funktioniert, hat Vincent wieder einen Körper. Da muss ich einfach dabei sein. Und wenn es nicht funktioniert, stehen wir diesem schätzungsweise gebildeten Sammler wenigstens persönlich gegenüber. Vielleicht kann der uns auf eine andere Spur bringen. Außerdem ist das womöglich deine einzige Möglichkeit, deinen Kunden endlich mal persönlich kennenzulernen, mit dem du seit Jahrzehnten Geschäfte machst.«
Dieser Gedanke war ihm offensichtlich auch schon gekommen. Es konnte nichts anderes als verlockend sein, diese geheimnisvolle Person zu treffen und einen Blick auf ihre Sammlung werfen zu können. Gleichzeitig war diese Idee überschattet von seiner Sorge um mich.
Jules stolperte herein, als würde ihn jemand schieben. »Vincent erzählt mir gerade, dass wir so schnell wie möglich nach New York aufbrechen?«, fragte er und blickte sich verwirrt um.
»Genau, geh schnell packen«, sagte Gaspard und legte auf. Schon war Jules wieder verschwunden, ohne überhaupt nach dem Grund zu fragen.
Gaspard kam zu uns und schaute Papy in die Augen. »Wie lautet Ihre Entscheidung, mein Herr?«
Papy holte tief Luft, schielte kurz zu mir und sagte dann: »Meine Enkelin und ich werden Sie begleiten.«
»Dann werden Sie das hier benötigen«, erklärte Gaspard und reichte ihm eine kleine Holzschachtel. Darin befand sich eine goldene Kette, an der ein Anhänger hing: eine flache goldene Scheibe von der Größe eines Vierteldollars, in die ein Kreis, eine Pyramide und Flammen graviert waren. »Sie gehört von nun an Ihnen und gilt als Zeichen dafür, dass wir Ihnen vertrauen.«
»Ich kenne das Symbol«, sagte Papy.
»Wenn Sie noch kurz nach Hause wollen, um eine Reisetasche zu packen, schicken wir in zwei Stunden einen Wagen, der Sie vor dem Haus erwartet.« Gaspard war im vollen Arbeitsmodus. »Ich werde Arthur und Ambrose bitten, Sie und Ihre Enkelinnen zu begleiten.« Mein Großvater nickte zustimmend und Gaspard verließ die Bibliothek, um Georgia und unsere Revenantleibgarde zu suchen.
»Hast du auch so eins?«, fragte Papy, während er sich die Kette über den Kopf streifte und das Amulett unter seinem Hemd verschwinden ließ.
Ich zögerte, bis ich Vincent sagen hörte: Du kannst es ihm ruhig zeigen.
Ich holte es unter meinem Oberteil hervor und Papys Augen weiteten sich, als er die goldene Scheibe von der Größe einer Dollarmünze erblickte. Zaghaft streckte er eine Hand aus, berührte vorsichtig die hellen Goldkügelchen und betrachtete aufmerksam die Golddrähte, die in Form von Flammen um den dreieckigen Saphir züngelten. »Das trägst du einfach so? Auf der Straße?«, fragte er mit bebender Stimme.
»Ja, schon. Also, unter der Kleidung«, antwortete ich. Sein Gesichtsausdruck war so entsetzt, als hätte er gerade erfahren, dass ich für gewöhnlich nackt durch die Parks von Paris laufe.
Papy gab sich alle Mühe, seine Ehrfurcht zu zügeln, und murmelte:
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