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Von der Liebe verschlungen

Von der Liebe verschlungen

Titel: Von der Liebe verschlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delilah S. Dawson
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nicht draußen sein, unter Pinkies und Rabauken.« Bei dem Gedanken an all das Blut lief mir das Wasser im Mund zusammen, aber ich fing mich wieder, bevor ich mir über die Lippen leckte. »Und es ist ja nur für die Überfahrt. Höchstens einen Tag.«
    »Tatsächlich wird unsere Fahrt mehrere Tage dauern, den ganzen Weg nach Moskovia, mit kurzem Halt in Paris, Barlin, Warschau und Minks. Halteorte, an denen du und Keen die ganze Zeit im verschlossenen Zimmer bleiben werdet.«
    »Ich bin es nicht gewohnt, Befehle zu befolgen.« Ich stand auf und verschränkte die Arme. Unglücklicherweise reichte ich mit dem Kopf kaum bis an seine breite Brust, und mit seinem Zylinder auf dem Kopf war er wesentlich größer als ich.
    »Wenn du erwartest, dass ich dich hübsch unversehrt nach Moskovia bringe, dann wirst du es lernen«, entgegnete er barsch. Dann zuckte er mit den Schultern, sodass das Leder drohend knarrte, und unwillkürlich wich ich einen Schritt zurück.
    »Schön. Sagen wir, ich bin mit diesem Luftschiff einverstanden. Warum bist du so besorgt deswegen?«
    Daraufhin warf er einen ernsthaft verärgerten Blick auf Keen, die gerade aus ihrem Nickerchen auf dem Koffer erwachte und noch leicht verwirrt dreinsah.
    »Was ist passiert?«, fragte sie, und ihre Stimme klang verschlafen.
    »Ich informiere Anne über das wundervolle Quartier, das du uns besorgt hast.«
    Keen kicherte, steckte die Hände in die Hosentaschen und ließ ihr außergewöhnliches, strahlendes Lächeln sehen. So stolz wie sie auf sich war, konnte das nichts Gutes bedeuten.
    Casper seufzte und zeigte nach oben in die Wolken. Ich folgte seinem Finger zu einem riesigen, metallverkleideten Monster von Luftschiff – es war eines der größten. Sein Rumpf war aus Messing und schimmerte leicht in den zitronengelben Strahlen der Morgensonne. Darunter hing so etwas wie eine große Schachtel, bemalt mit einem gewaltigen Bild, das eine überwiegend nackte Frau zeigte, die auf einer herrlichen Couch ausgestreckt lag. Große verschnörkelte Buchstaben bildeten den Schriftzug »A. S. Maybuck«.
    »Ist diese Frau …?« Ich konnte den Satz nicht beenden.
    »Ja. So wie viele der Passagiere. Die Maybuck ist Sangs größtes – und einziges – schwebendes Bordell. Und man erwartet uns in einer halben Stunde an Deck zum Ablegen.«

11.
    S ie mussten mich nicht unter großem Protest an Bord tragen – jedenfalls nicht, bis wir direkt unter der Maybuck waren. Denn dann wich ich zurück, und Casper musste mich fest am Arm vorwärtsziehen, während Keen nahe genug hinter mir blieb, dass ich nicht die lange, enge Rampe zurücklaufen konnte, die zur Anlegeplattform hinabführte. Als wir an der Reihe waren, an Bord zu gehen, stieg ich in den Lift und ließ mich mit fest geschlossenen Augen auf die schlammigen Planken fallen.
    »Setz dich auf mich«, flüsterte ich.
    Casper schnaubte. »Wirst du mich dafür denn nicht enthaupten lassen?«
    »Nicht dieses Mal.« Das war nur noch ein Wimmern.
    Keen hatte keine derartigen Befürchtungen und platzierte ihren dürren Hintern mitten auf meinem Rücken. Ich atmete dankbar aus, klammerte mich an den Brettern fest und stöhnte. Casper ging in die Hocke und spähte in mein Gesicht.
    »Möchtest du deinen plötzlichen Kollaps erklären, Nichte?« Er versuchte sich das Lachen zu verkneifen – aber nicht allzu ernsthaft, wie ich bemerkte.
    »Ich will nicht davonfliegen und hinunterfallen«, erklärte ich. »Wenn sich der Wind in meinen Röcken verfängt, könnte mich eine Sturmbö über den Rand in den Tod stürzen lassen.«
    »Es gibt ein Geländer.«
    »Ich bin sehr klein. Und ich wiege praktisch nichts.«
    »Ich auch nicht!«, rief da Keen, hopste auf und ab und hinterließ dabei korsettförmige Dellen auf meinem Rücken, von denen ich mir sicher war, dass sie nie wieder verschwinden würden.
    »Eines Tages werde ich nicht so hilflos sein«, knurrte ich.
    »Ich auch nicht!« Sie hörte auf, herumzuhopsen und quetschte mich beinahe in die Bretter.
    Mit einem plötzlichen Ruck und einem metallischen Kreischen begann unsere Plattform sich zu heben. Ich schloss wieder die Augen.
    »Halte meine Hand.«
    Meine Stimme klang schwach und leidend, und Casper beugte sich näher zu mir. »War das ein Befehl?«
    »Halte meine Hand, bitte?«
    Er lachte leise, setzte sich neben meinem Kopf auf den Boden und wand seine beiden Hände um meine Hand. Sogar durch die Handschuhe hindurch fühlte er sich warm an, und es lag mehr an seiner beruhigenden

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