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Von der Wüste und vom Meer: Zwei Grenzgänger, eine Sehnsucht (German Edition)

Von der Wüste und vom Meer: Zwei Grenzgänger, eine Sehnsucht (German Edition)

Titel: Von der Wüste und vom Meer: Zwei Grenzgänger, eine Sehnsucht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Achill Moser , Wilfried Erdmann
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Esseneinladung, als wir schon die ersten 1000 Meilen und einige Inselgruppen hinter uns hatten.
    Es fing damit an, dass wir im schönsten Teil der Welt segeln und leben wollten. Also flogen wir kurzerhand nach Neuseeland, kauften ein kleines gebrauchtes Schiff, kathena faa , rüsteten es aus und segelten los. Vierzehn Seetage später befanden wir uns bereits auf den Fidschi-Inseln. Und alles war gut. Keine Wann-sind-wir-da-Fragen. Geradezu phantastisch. Automatisch reckte Kym beide Arme hoch, als wir das Land sahen. Was er dabei fühlte, konnte er uns noch nicht konkret mitteilen. Wahrscheinlich sehnte er sich nach Abwechslung, anderen Menschen, anderem Essen, mehr Bewegung.
    Segeln und Familie. Wie das funktioniert, konnten wir gleich in den ersten Wochen feststellen. Das war mit Arbeit und Aufmerksamkeit verbunden. Für uns hieß das: lustig sein, wenn man um die Segel zitterte; spielen, wenn man eigentlich schlafen musste; erzählen, wenn man lesen wollte.
    Kym litt den ersten Tag unter Müdigkeit (vermutlich war er leicht seekrank). Am zweiten schimpfte er: »Ihr fürchterlichen Segler.« Am dritten spielte er auf dem Kajütboden mit Matchbox-Autos und Lego so vor sich hin. Dann folgten Tage, an denen er an Deck eingreifen wollte: Segel bergen, Schoten ziehen, Wind messen. Wir hatten ein Schalenkreuz-Anemometer, das er liebte. Immer wenn es nass wurde, also Gischt an Deck kam, holte er das Gerät aus dem Holzkästchen und hielt es in den Wind. Das half vor allem dabei, Zahlen lesen zu lernen.
    Gingen wir auf See, hatte diese Reihenfolge in etwa (je nach Wetterlage und Stimmung) jahrelang Bestand: erst Müdigkeit, dann Hunger (wenn Kym eine Suppe oder braune Bohnen bekam, war aller Unbill sogleich vergessen) und Lust zum Spielen, dann die Zahlen am Kompass, am Anemometer und auf der Seekarte.
    »Guck mal, Kym klettert in den Mast! Wenn wir ein Kind kriegen, geben wir es zu euch in die Segelschule.« Ein amüsanter Einwurf von Deutschen auf der Insel Betio. Was soll man dazu sagen? Ich meine, man hat Glück, wenn man es sich verschafft.
    Was passiert, wenn man über Bord fällt? Das haben wir Kym ziemlich drastisch vorgeführt, indem wir einfach sein liebstes Spielzeug beim Segeln ins Wasser fallen ließen. Puh, das war schrecklich. Aber er sah mit eigenen Augen, wie schnell das Ding achteraus verschwand und es trotz aller Versuche nicht gelang, es wieder herauszufischen. »Weg ist es. So kann’s dir auch passieren, wenn du nicht aufpasst.« Hässliche Worte? Ja, aber sie zeigten (hatten) Wirkung. Anfangs hat er das natürlich nicht verstanden, aber immerhin in Zukunft Bescheid gesagt, wenn er je nach Wetter an Deck oder auch nur ins Cockpit ging. Nie ist er auf See in die Bredouille geraten. Sein einziger Fehltritt in dreieinhalb Jahren endete im Wasser unseres Zielhafens Beaulieu. Da war er knapp sieben Jahre alt.
    Schwimmen lernen war demnach die erste Pflicht. Das dauerte und dauerte. Er mochte einfach nicht. Ihm genügten der Strand und das Wasser bis zum Bauch. Bis ich nach fast einem Jahr die Geduld verlor und ihn in der Lagune von Nukumanu einfach in die Arme nahm und ohne Vorwarnung, schwups, im hohen Bogen in das türkise Wasser warf. Ich sprang kopfüber hinterher. Und was geschah? Er fing sofort an, mit Armen und Beinen zu paddeln. Das reichte, um sich über Wasser zu halten. Die ersten echten Schwimmversuche konnten wir am nächsten Morgen im seichten Wasser bewundern. Abends schaffte er schon eine Runde ums Schiff – ehe er sich unter Ächzen und Stöhnen am Heck hochziehen ließ und mit einem »Hurra« die Arme hochriss wie bei »Land in Sicht«.
    Nukumanu ist ein Atoll mit Riffpassage und einer Lagune, die wie die Swimmingpools in Kalifornien glitzerte. Dieser unvergessliche Anblick löste daher auch meine Anwandlung aus: »Der Junge muss endlich richtig schwimmen lernen.« Die Insel in ihrer isolierten Lage bot zudem viele Vorteile für Segler: Schutz gegen Wetter, einiges Essbares an Land, Sandstrand und selbstverständlich Palmen. Kurzum eine pazifische Schönheit. Leider gab es auch Störer: die Moskitos. Wenn man in der Dämmerung ein Bein auf den Strand setzte, man war eingehüllt von diesen Viechern. Vor Anker an Bord blieben wir verschont.
    Am Anfang der Reise war der Strand Kyms Welt. Stundenlang stürzte er sich auf alles, was krabbelte. Barfuß verfolgte er jede Art von Krebs, meistens jedoch Einsiedlerkrebse, die er in leeren Kokosnussschalen sammelte, um sie als Köder zum Angeln zu

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